Liste der IPO-Kandidaten wird länger
cru Frankfurt
Die Liste der Unternehmen, die in diesem Jahr in Deutschland an die Börse gehen wollen, wird immer länger, weil der Kapitalmarkt mit hohen Bewertungen dazu lockt, Kasse zu machen. Neuerdings planen auch der Wasserstoffrohrleitungsbauer Friedrich Vorwerk und die Cybersecurity-Firma Utimaco aus dem Besitz des schwedischen Finanzinvestors EQT ein IPO. Neben Utimaco will EQT auch den milliardenschweren Linux-Unternehmenssoftware-Entwickler Suse mit Hauptsitz in Nürnberg an die Börse führen.
Utimaco, die ihren Sitz in Aachen hat, könnte zwischen rund 500 Mill. Euro und 1 Mrd. Euro einspielen, heißt es. EQT hatte Utimaco 2016 aus der Hand von Finanzinvestoren erworben, nachdem das Unternehmen 1999 an den Neuen Markt gekommen war und später die Börsennotierung eingestellt hatte. Als Alternative zum IPO wäre auch der Verkauf möglich. Private-Equity-Unternehmen stehen jedoch unter Druck, die sich verbessernden IPO-Märkte zu nutzen, um Gelder an die Investoren zurückzugeben.
Der IPO-Kandidat Vorwerk gehört zum Portfolio der familiengeführten mittelständischen Berliner Buy-out-Firma MBB, die vor zwei Jahren 60% an Vorwerk übernommen hatte. Mit dem Projekt „Get-H2-Nukleus“, das Vorwerk für den Chemiekonzern Evonik baut, gehört das Unternehmen zu den Vorreitern für den Beginn der europäischen Wasserstoffwirtschaft. Schon lange im Geschäft sind die Berliner mit in der Erde verlegten Stromleitungen. Der Börsenwert der selbst auch gelisteten MBB hat sich seit August 2020 auf 830 Mill. Euro verdoppelt.
Bester IPO-Jahresauftakt
„Das ist der beste IPO-Januar seit sehr langer Zeit. In Europa löst sich ein Rückstau vom vergangenen Jahr auf – und zugleich werden manche erst für 2022 geplanten Erstnotizen vorgezogen, um den guten Markt zu nutzen. Es ist viel Liquidität im Markt. Alle bisherigen Emissionen waren stark überzeichnet. Die Spirale wird sich so lange weiterdrehen, wie die Emissionen gut laufen. Wir erwarten mindestens 15 IPOs für dieses Jahr allein im deutschsprachigen Raum“, sagte Thorsten Pauli, Leiter Equity Capital Markets der Bank of America, der Börsen-Zeitung.
Bereits am Mittwoch hatte Daimler die Ausgliederung und Börsennotierung der 30 Mrd. Euro schweren Lastwagen-Sparte angekündigt. Am gleichen Tag erklärte die britische Vodafone Group, dass der Plan, ihr europäisches Mobilfunkmastengeschäft unter dem Namen Vantage Towers mit Sitz in Düsseldorf Anfang des Jahres in Frankfurt an die Börse zu bringen, „weiterhin fest im Plan“ sei. Finanzkreise erwarten das bis zu 20 Mrd. Euro schwere IPO im März.
Die Börse Frankfurt könnte den Schub gebrauchen: Nur sieben Unternehmen gingen 2020 hierzulande an die Börse und nahmen zusammen rund 1 Mrd. Euro ein. Die europäischen Börsengänge im Allgemeinen haben in diesem Jahr einen Rekordstart hingelegt: Zwei Dutzend Unternehmen, darunter der Berliner Gebrauchtwagenhändler Auto1 als erstes deutsches IPO des Jahres, haben Emissionserlöse im Wert von mehr als 11 Mrd. Euro erzielt.
Wie Auto1 haben auch die polnische Postschließfachfirma Inpost in Amsterdam, der kultige britische Schuhhersteller Dr. Martens und der Online-Grußkartenhändler Moonpig Group in London ihre Börsengänge am oberen Ende der anfänglichen Preisspannen durchgeführt. Die Kurse sprangen am ersten Handelstag um jeweils mehr als 15% nach oben.