Lkw-Branche wächst vor der IAA
Die Vernetzung und Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen sowie die Sorge um zunehmenden Protektionismus werden auf der Branchenmesse IAA Nutzfahrzeuge in Hannover die Hauptrolle spielen. Das zumindest waren die Schwerpunkte einer Konferenz des Branchenverbands VDA vor der Messe.igo Frankfurt – Bei der Leistungsschau der Nutzfahrzeugbranche im Herbst werden sämtliche Hersteller große und kleine Lkw mit alternativen Antrieben vorstellen sowie Weiterentwicklungen von Vernetzungslösungen und autonomen Fahrsystemen. Das geht aus Vorträgen von Daimler, Volkswagen oder Iveco im Rahmen einer Konferenz des IAA-Veranstalters VDA hervor. Dabei ist den Herstellern zufolge weiter offen, welche Antriebsart sich in welcher Fahrzeugklasse und für welche Anwendung durchsetzen wird. Der Marktführer Daimler wies mit Blick auf neue Technologien auf grundlegende Unterschiede zwischen Pkw und Nutzfahrzeugen hin. Durch den Kostendruck im Transportwesen sei es im Nutzfahrzeugbereich elementar, Innovationen erst dann auf die Straße zu bringen, wenn sie sicher seien und den Kunden Kostenersparnisse brächten, so der Vorstandschef von Daimler Trucks, Martin Daum. Das gelte insbesondere für autonom fahrende Lkw. “Ein System, das einen 40-Tonner autonom bewegt, muss sicher sein”, so Daum. Nachdem der Konzern in den vergangenen Jahren die bestehenden Fahrassistenzsysteme weiterentwickelt habe, sei nun die “Zielphase erreicht”, um autonome Systeme der Stufe zwei marktfähig zu machen. Darunter werden Funktionen wie automatisches Einparken, Spurhalten, Beschleunigen oder Abbremsen verstanden, die vollautomatisch ausgeführt werden. “Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir das zügig weltweit ausrollen”, sagte Daum, ohne Details zu nennen. Bei der Elektrifizierung konzentriert sich Daimler auf die Batterietechnologie für Kurz- und Mittelstrecken. Einen anderen Weg geht der italienische Hersteller Iveco, der zum CNH-Konzern gehört. Iveco mache 95 % des Umsatzes mit Diesel-Lkw, sagte Markenchef Pierre Lahutte. Dennoch werde der Iveco-Stand auf der IAA “eine 100 % Diesel-freie Zone” sein. Der Fokus liege auf Erdgas und Biomethan als Kraftstoffen. Bei der Batterie sieht Lahutte abseits der hohen Kosten das Risiko, das Problem knapper Rohstoffe von Öl auf Kobalt zu übertragen.Iveco testet unter anderem im französischen Lille bereits größere Bus-Flotten, die mit Biomethan betrieben werden, das aus Hausmüll gewonnen werde. Während Daum nach derzeitigem Stand noch daran zweifelt, dass sich die Batterietechnologie aufgrund hoher Kosten auf der Langstrecke durchsetzen kann, sieht Lahutte mit Biomethan betriebene Lkw auch im Fernverkehr.Mit der Branchenkonjunktur sind die Hersteller derzeit zufrieden. In Westeuropa wuchs der Markt bis Ende Mai um gut 1 %. Der VDA erwartet, dass dieses leichte Plus bis zum Jahresende gehalten wird. In zuletzt schwierigen Märkten wie Russland, der Türkei und Brasilien erwartet der Verband für das Gesamtjahr deutliches Wachstum. Der wichtige US-Markt zeige seit dem zweiten Halbjahr 2017 wieder eine starke Dynamik, so VDA-Präsident Bernhard Mattes. China habe als weltweit größter Lkw-Markt bis Mai um 12 % zugelegt. Hier rechnet Mattes allerdings auf Jahressicht mit einem Rückgang um bis zu 10 %. “Für die Nutzfahrzeugmärkte ist der Ausblick auf das Gesamtjahr 2018 weitgehend positiv, zumal die Weltkonjunktur robust ist. Keiner wird dabei die – insbesondere politischen – Risiken übersehen”, so Mattes.Dass in wichtigen Regionen “eine Politik der Abschottung und des Protektionismus” drohe, sehen der Verband und seine Mitglieder neben einer schärferen Regulierung von CO2-Emissionen als derzeit größtes Risiko für ihr Geschäft. Dass der Gütertransport rund um die Welt zunehmen werde, davon sei er überzeugt, “auch allen möglichen Zoll-Barrieren zum Trotz”, sagte der für Volkswagen Truck & Bus zuständige VW-Vorstand Andreas Renschler. Wie seine Kollegen sieht auch er den Vorschlag der EU-Kommission für eine erstmalige CO2-Regulierung bei schweren Nutzfahrzeugen als große “technologische Herausforderung”. Die EU-Kommission schlägt eine CO2-Minderung um 15 % bis 2025 und um 30 % bis 2030 vor. Die Industrie hält Mattes zufolge die Hälfte für machbar. Auch dann, so Renschler, würden sich die Transportkosten jedoch weiter erhöhen.