LNG-Tempo beim Windausbau nötig
ab Köln
Um die für Deutschland gesteckten Zubauziele für Windenergie an Land bis 2030 zu erreichen, muss der Engpass bei den Genehmigungen beseitigt werden. Nach einem Bruttozubau von 2,1 Gigawatt (GW) 2022 werde im laufenden Turnus der Zubau von Onshore-Windkraftanlagen von 2,7 bis 3,2 GW erwartet, sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, in einem Pressegespräch. Damit werde die politische Vorgabe von 4,5 GW verfehlt.
Wenngleich der Bruttozubau im vorigen Jahr mit einer installierten Leistung von 2 403 Megawatt (MW) um ein Viertel über dem Vorjahr lag, sei dieses Ausbautempo zu gering, um die politischen Vorgaben zu erreichen. Zwar wurde mit einer kumulierten installierten Leistung von 58,1 GW das im EEG 2021 verankerte Ziel erreicht. Dennoch „bleiben die Zahlen im fünften Jahr in Folge ernüchternd“, sagte Albers.
Nach vorne geblickt, sind die Aussichten alles andere als rosig, mangelt es doch an den erforderlichen Genehmigungen. Mit einer genehmigten Leistung von 4 243 MW sei im Vergleich zu 2021 kein Fortschritt erzielt worden. Die durchschnittliche Genehmigungsdauer belaufe sich auf 23,5 Monate, teilweise seien es bis zu 60 Monate, veranschaulichte Albers das Dilemma. Daher fordert der Verbandschef: „Wir brauchen die LNG-Geschwindigkeit auch bei der Windenergie.“ Das in dieses Jahr verschobene Beschleunigungsgesetz müsse schnellstmöglich vorgelegt werden. Zwar stehe 2023 mit 12,8 GW ein Rekordvolumen zur Ausschreibung an, realistisch sei das jedoch nicht, sagte Knud Rehfeldt, Geschäftsführer der Deutschen Windguard. Die Genehmigungssituation zeige, dass es für dieses Volumen nicht genügend Projekte gebe.
Dass die Bundesnetzagentur mit der Anhebung der Gebotshöchstgrenze um 25 % auf die massiven Unterschreitungen bei den jüngsten Ausschreibungen reagiert habe, sei begrüßenswert. Gleichwohl bilde die Anhebung nur etwa die Hälfte der durch Zinsanstieg und Inflation gestiegenen Kosten ab, sagte Albers. Von den zur Ausschreibung anstehenden 12,8 GW sei nur etwa ein Viertel in der Umsetzung.
Nord-Süd-Gefälle
„Um auf den notwendigen Ausbaupfad einzuschwenken, müssen vor allem Flächen bereitgestellt, Genehmigungsengpässe überwunden, Transporte erleichtert und Zertifizierungshürden bei Türmen der Anlagen beseitigt werden“, fasste Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, zusammen. Die bisher angestoßenen Maßnahmen reichten dafür nicht. Der Projekthochlauf „wäre ein dringend benötigtes industriepolitisches Signal für die gesamte Lieferkette“. Gleichwohl schätzen die Branchenverbände die bis 2030 gesteckten Ziele weiterhin als machbar ein, vorausgesetzt „2023 wird für die Windenergie das Jahr des Aufbruchs“. Dafür bedürfe es allerdings einer konzertierten Aktion aller Beteiligten, sagte Albers und zeigte mit dem Finger auf die südlichen Bundesländer, an denen der Aufbruch in ein neues Stromzeitalter bislang weitgehend vorbeigegangen ist.
Der Süden der Republik dürfe sich „nicht länger aus der Verantwortung stehlen“. Die Bundesländer sind gesetzlich verpflichtet, im Schnitt 2% der Landesfläche für Windkraftanlagen an Land zur Verfügung zu stellen. Vom Zubau im vergangenen Jahr entfielen 77% auf Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. In Bayern und Baden-Württemberg waren es jeweils nur 2%.
Albers forderte zudem, das im Repowering, also der Kraftwerkserneuerung, steckende Potenzial zu nutzen. Kurzfristig seien hier 45 GW erreichbar. Daher müsse es die versprochenen Erleichterungen für Repoweringsysteme geben.
Anfang der Woche hatte die Offshore-Branche ihre Zahlen für 2022 vorgelegt. Demnach gingen 38 Offshore-Anlagen mit einer Leistung von 342 MW ans Netz, die kumulierte Leistung beläuft sich auf 8,1 GW.