Loan-to-own-Fonds schließen Kreditlücke
cru Frankfurt – Trotz der inzwischen 750 Mrd. Euro schweren Hilfsprogramme der Bundesregierung mit erleichtertem Zugang und verbilligten Zinsen geraten zahlreiche Unternehmen in Liquiditätsnot. “Die Gelder werden in vielen Fällen nicht, zumindest aber nicht rechtzeitig, dort ankommen, wo sie gebraucht werden”, sagte Kolja von Bismarck, Partner der Kanzlei Sidley Austin in München und zugleich ein ausgewiesener Restrukturierungsfachmann, der Börsen-Zeitung.”Wir sehen viele mittelgroße Unternehmen mit einem gesunden Geschäftsmodell, die bereits vor der Coronakrise hoch verschuldet waren. In diesen Fällen werden die Hausbanken das Kreditrisiko für weiteres Fremdkapital häufig für zu hoch halten, jedenfalls aber kaum 10 % oder sogar 20 % des Ausfallrisikos für einen neuen Kredit übernehmen, und den Kreditantrag im Ergebnis ablehnen.”Zudem gebe es für viele Unternehmen auch keine passenden KfW-Programme, da deren Zugangsvoraussetzungen nicht flexibel seien. Es gebe deshalb trotz des neuen – und laut Bismarck “uneingeschränkt zu begrüßenden” – Kreditprogramms für kleinere mittelständische Unternehmen, das mit 100 % Staatshaftung verbunden ist, weiter eine große Gefahr für eine Insolvenzwelle: “Dem Mittelstand fehlt in vielen Fällen die zur Bewältigung der Krise kurzfristig erforderliche Liquidität”, sagte Bismarck. Handelbare GenussrechteWenn es zu einer Insolvenz, etwa im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens komme, sei das stets mit einer Wertvernichtung für das Unternehmen selbst wie auch einem erhöhten Risiko für die Aufrechterhaltung von Lieferketten und damit dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Branche verbunden. Das gelte besonders für die Autoindustrie. “Um einen nicht gewollten Flächenbrand im deutschen Mittelstand zu vermeiden”, solle der Bund solchen Unternehmen zumindest auch “nachrangige, langfristige Darlehen oder hybride Finanzierungsinstrumente, wie zum Beispiel handelbare Genussrechte” anbieten.Genussrechte gehören bei emittierenden Unternehmen zum Mezzanine-Kapital und sind Finanzinstrumente, die als schuldrechtlich begründete Finanzierungsmittel mit mitgliedschaftstypischen Vermögensrechten ausgestattet sind. Als Anlageform sind sie eine Mischform aus Aktie und Anleihe.Als Alternative zu den klassischen Hausbanken, die die Risiken aus der Gewährung zusätzlichen Fremdkapitals zur Überwindung der Covid-19-Krise häufig nicht übernehmen könnten oder wollten, verweist Bismarck aber auch auf Kreditfonds, sogenannte Alternative Credit Providers. Diese könnten auch Unternehmen mit einem für Banken nicht akzeptablen Ausfallrisiko Kredit gewähren, wenn auch nur zu Konditionen, die das erhöhte Risiko widerspiegeln, in der Regel zumindest einer höheren Verzinsung.Am Markt als Kreditfonds bekannt sind Namen wie Anchorage, Permira, Apollo und Cerberus, aber auch spezielle Fonds von Blackstone, Morgan Stanley und Goldman Sachs. In der Tat traten schon in den vergangenen Jahren vermehrt solche spezialisierten Investoren am Markt auf, die gezielt notleidende Kredite aufkauften, um sich über die bestellten Sicherheiten ohne Abstimmung mit dem Management oder den Altgesellschaftern die Gesellschafterstellung zu erobern. Dieses Geschäftsmodell wird am Markt auch “loan to own” genannt. Prominente Beispiele waren in der Vergangenheit der Yachtbauer Bavaria, die Automobilzulieferer Honsel und Stabilus, der Tunnelbauer Dywidag, der Baustoffexperte Monier sowie der Callcenter-Betreiber Walter Services und der Kabelnetzbetreiber Primacom. Flächenbrand drohtLaut aktueller McKinsey-Studie kämpfen voraussichtlich neun von 27 Wirtschaftszweigen in Deutschland im zweiten Quartal mit Liquiditätsknappheit wegen der geringen Nachfrage. Sektoren mit dem höchsten Liquiditätsrisiko seien Hotels, Restaurants, Fluggesellschaften, Freizeitbranche und metallverarbeitende Betrieb. Sie seien von einem Nachfrageeinbruch um 95 %, hohen Fixkosten und zahlreichen kleinen Unternehmen oder Selbstständigen mit geringen Cash-Reserven geprägt.