Autoindustrie

Logistikprobleme belasten Volkswagen

Engpässe in den Logistikketten haben den Barmittelzufluss des VW-Konzerns im ersten Halbjahr gedämpft. Neben einem schwachen Netto-Cashflow im zweiten Quartal haben die Wolfsburger auch eine korrigierte Absatzprognose für 2023 präsentiert. Von ihrem Schlusskurs 2022 liegen die VW-Vorzüge nicht weit entfernt.

Logistikprobleme belasten Volkswagen

Logistikprobleme belasten Volkswagen

Autobauer enttäuscht Anleger mit schwachem Barmittelzufluss – Absatzprognose für 2023 gekappt

ste Hamburg

Engpässe in den Logistikketten haben den Barmittelzufluss des VW-Konzerns im ersten Halbjahr gedämpft. Neben einem schwachen Netto-Cashflow im zweiten Quartal haben die Wolfsburger auch eine korrigierte Absatzprognose für 2023 präsentiert. Von ihrem Schlusskurs 2022 liegen die VW-Vorzüge nicht weit entfernt.

Volkswagen hat die Anleger mit Zahlen zum ersten Halbjahr und angepassten Jahreszielen enttäuscht. Der Mehrmarkenkonzern schlug von Januar bis Juni mit 4,37 (i.V. 3,88) Millionen weltweit zwar 12,8% mehr Fahrzeuge los als im gleichen Vorjahreszeitraum. Bei Umsatzerlösen, die sich vor allem dank gestiegener Verkäufe in Europa und Nordamerika sowie dank positiver Mix- und Preiseffekte um gut 18% auf 156,3 Mrd. Euro erhöhten, legte zugleich das operative Ergebnis vor Bewertungseffekten um rund 13% auf 13,9 Mrd. Euro zu. Doch während die Vorgaben für das laufende Geschäftsjahr, den Umsatz um 10 bis 15% auf 307 bis 321 (2022: 279,2) Mrd. Euro zu steigern und bei der Umsatzrendite in einem Korridor von 7,5 bis 8,5 (8,1)% zu landen, bekräftigt wurden, passte VW am Donnerstag die Absatzprognose für 2023 an. Auch der erwartete Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) wurde korrigiert. Ferner zeigt sich der Konzern beim Netto-Cashflow im Konzernbereich Automobile inzwischen zurückhaltender.

Die VW-Vorzugsaktie rutschte nach der Präsentation von Halbjahreszahlen und Ausblick um bis zu 4,4% auf 118,10 Euro ab. Die Schweizer Großbank UBS, die ihre Haltung zu dem Autobauer mit „Neutral“ und einem Kursziel von 135 Euro bestätigte, erklärte, der freie Cashflow, von April bis Juni um 72% auf 226 Mill. Euro gesunken, sei wie bereits avisiert aufgrund höheren Working Capitals infolge von Logistikproblemen sehr schwach ausgefallen. Keine Überraschung sei auch die gesenkte Absatzprognose. War der Konzern für 2023 bislang in Erwartung einer Entspannung in der Halbleiterversorgung und in der Logistikkette von einem Wachstum der Gesamtauslieferungen um 15% auf rund 9,5 Millionen Fahrzeuge ausgegangen, hält er mit Verweis auf Verzögerungen beim Transport und in der Logistik nunmehr noch 9 bis 9,5 Millionen für möglich. Der BEV-Anteil soll 8 bis 10 (i.V. 7)% erreichen. Bislang waren 10% in Aussicht gestellt worden. VW setzt nach einer Quote von 7,4 (5,6)% im ersten Halbjahr darauf, dass saisonale Effekte und deutlich verkürzte Lieferzeiten in der zweiten Jahreshälfte zu einem höheren Anteil der BEV-Verkäufe führen.

Von Engpass zu Engpass

„Wir bewegen uns nun von einem Engpass bei Chips zu einem Engpass beim Transport“, erklärte VW-Finanzchef Arno Antlitz in einer Analystenkonferenz mit Blick auf den enttäuschenden Netto-Cashflow. Es fehlten nicht nur in Europa Züge und Lkw-Fahrer. Der CFO sprach von einer anormalen Situation. So verfüge der Konzern über hohe Auftragsbestände, könne aber viele Fahrzeuge nicht zu den Kunden bringen. Der Auftragsbestand in Westeuropa lag den Angaben zufolge zuletzt mit 1,65 Millionen Fahrzeugen nahe des Werts von 1,8 Millionen im Frühjahr. In der zweiten Jahreshälfte rechnet VW mit allmählich nachlassenden Engpässen in der Logistikkette, so dass auch infolge leichter Produktionsanpassungen beim Netto-Cashflow im laufenden Geschäftsjahr weiterhin ein Korridor von 6 bis 8 Mrd. Euro für erreichbar gehalten wird, allerdings nun am unteren Ende der Spanne. Nach den ersten sechs Monaten standen 2,5 Mrd. Euro zu Buche.

VW sprach von einem „starken“ operativen Ergebnis vor Bewertungseffekten, insbesondere aus Rohstoffabsicherungsgeschäften außerhalb des Hedge-Accounting. Die Entwicklung spiegele die beim Kapitalmarkttag am 21. Juni vorgestellte „Value over Volume“-Strategie des Konzerns wider. Die Fair-Value-Bewertung von Derivaten außerhalb des Hedge Accounting (vor allem Rohstoffsicherungen) belastete das Ergebnis mit 2,5 Mrd. Euro – im Vorjahr hatten Bewertungseffekte das Ergebnis um rund 900 Mill. Euro begünstigt. Im ersten Halbjahr 2023 belastete zudem die Entkonsolisierung des Russlandgeschäfts mit rund 400 Mill. Euro.

Die Prognosesenkung bei den Auslieferungen begründet VW auch mit der Situation in China. Im größten Einzelmarkt, in dem sich der Preiswettbewerb verschärft hat, lieferte der im Verbrennersegment lange führende Konzern im ersten Halbjahr mit 1,45 Millionen 1,2% weniger Fahrzeuge aus als vor Jahresfrist. Um das Blatt im chinesischen E-Automarkt zu wenden, in dem die Auslieferungen des VW-Konzerns in den ersten sechs Monaten um 1,6% auf 62.400 Fahrzeuge schrumpften, während sie weltweit um 48% auf 321.600 Fahrzeuge stiegen, setzen die Wolfsburger zunehmend auf Hilfe heimischer Partner. Wie am Mittwoch bekannt wurde, plant die Marke VW eine langfristig angelegte Kooperation mit dem chinesischen Autobauer Xpeng. Audi will die Zusammenarbeit mit seinem Joint-Venture-Partner SAIC ausbauen.