Chemie

Lonza wird nicht alle Sorgen los

Lonza verkauft das klassische Chemiegeschäft an ein Konsortium von zwei Finanzinvestoren. Bain Capital und Cinven zahlen 4,2 Mrd. sfr oder das Dreizehnfache des 2020 in der Sparte realisierten operativen Ergebnisses (Ebitda). Der Preis bewegt sich...

Lonza wird nicht alle Sorgen los

dz Zürich

Lonza verkauft das klassische Chemiegeschäft an ein Konsortium von zwei Finanzinvestoren. Bain Capital und Cinven zahlen 4,2 Mrd. sfr oder das Dreizehnfache des 2020 in der Sparte realisierten operativen Ergebnisses (Ebitda). Der Preis bewegt sich offensichtlich über den Erwartungen der Finanzanalysten, wie der Kursanstieg um mehr als 2% auf über 580 sfr anzeigt. Nach Darstellung von Lonza-Präsident Albert Baehny hat das Käuferduo „die überzeugendste industrielle Strategie und Geschäftsvision“ präsentiert. Cinven und Bain waren schon 2017 bei der Übernahme von Stada, dem deutschen Hersteller von Nachahmermedikamenten, im Duo zum Zug gekommen.

Nebst dem industriellen Konzept dürften die Käufer ihren Erfolg aber auch dem gebotenen Preis zu verdanken haben. Im Preiswettbewerb sind industrielle Bieter gegenüber privat finanzierten Investmentfirmen typischerweise im Nachteil, weil sie ihre Bilanz mit weniger Schulden beladen können. Nicht los wird Lonza die umfangreichen Altlasten der Chemiesparte. Die Kosten der Sanierung bleiben bei Lonza, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.

Über die finanziellen Folgen der größten dieser Altlasten weiß man bis dato noch kaum etwas. Es geht um die alte Deponie „Gamsensried“ im oberen Rhonetal, wo Lonza seit den Anfangszeiten der chemischen Produktion (1918) bis 1978 Kalkhydrate und Gipsschlamm ablagerte, die auch hochgiftige und stark gesundheitsgefährdende Stoffe wie Quecksilber, Benzol und Amine (Anilin, Benzidin) enthielten. Die Deponie ist undicht und seit 2011 offiziell ein Sanierungsfall. Zurzeit werden noch verschiedene Sanierungsvarianten evaluiert. Eine offizielle Kostenschätzung liegt deshalb noch nicht vor. Was aber klar ist: Die Sache wird teuer. Die Deponie hat eine Fläche von 290000 Quadratmetern. Sie enthält nach Angaben von Lonza 3 Mill. Kubikmeter Ablagerungsmaterial. Die Sanierung einer deutlich kleineren Deponie der Basler Chemie (Kölliken) wurde vor einigen Jahren nach 13-jähriger Arbeit mit Kosten von 900 Mill. sfr abgeschlossen.

In der Lonza-Bilanz 2019 sind Rückstellungen für die Beseitigung von Umweltschäden von lediglich 144 Mill. sfr verbucht. Davon sind rund 50 Mill. sfr für die Beseitigung von Quecksilberrückständen auf einem ehemaligen Produktionsareal ebenfalls im Wallis vorgesehen.

Lonza hat sich seit den 1980er Jahren von einem Chemieunternehmen zu einem Medikamentenhersteller und Life-Sciences-Konzern gewandelt. Als Herstellerin des Covid-19-Impstoffes der US-Biotechfirma Moderna führt Lonza der Welt gerade eine ihrer großen Stärken vor. Lonza war das weltweit erste Unternehmen, das seinen Kunden nebst der Produktion auch die Entwicklung und Erforschung von Wirkstoffen anbot. Mittlerweile generiert die Pharma- und Biotechsparte rund drei Viertel vom Umsatz und vom Betriebsgewinn des Konzerns.

Die Rentabilität der klassischen Chemiesparte kann mit dem neuen Hightech-Geschäft von Lonza schon lange nicht mehr mithalten.