Fluggesellschaft

Lufthansa gewinnt an Flughöhe

Lufthansa-Chef Carsten Spohr rechnet aufgrund der starken Flugnachfrage auch perspektivisch mit Durchschnittserlösen, deren Niveau um ein Viertel über der Vorkrisenzeit liegt. Allerdings dürften auch die Kosten "hoch bleiben", deshalb steuert die Airline mit einem Effizienzprogramm gegen.

Lufthansa gewinnt an Flughöhe

Lufthansa gewinnt an Flughöhe

Konzern verdaut Kostenschub und zieht Renditeziel für 2024 vor – "Gute Dividende" avisiert – Aktie sackt dennoch ab

hei Frankfurt

Lufthansa-Chef Carsten Spohr rechnet aufgrund der starken Flugnachfrage auch perspektivisch mit Durchschnittserlösen, deren Niveau um ein Viertel über der Vorkrisenzeit liegt. Allerdings dürften auch die Kosten "hoch bleiben", deshalb steuert die Airline mit einem Effizienzprogramm gegen. Eine bereinigte operative Marge von 8% will sie möglichst schon dieses Jahr, nicht erst 2024 erreichen.

Die Deutsche Lufthansa profitiert von einer ungebrochen starken Reiselust, die ihr im zweiten Quartal fast ein Sechstel mehr Passagiere als im Vorjahr und "das beste Ergebnis", das sie in diesem Jahresabschnitt jemals erzielte, eingebracht haben, wie Vorstandschef Carsten Spohr auf der Pressekonferenz zum Halbjahr erklärte. Die Durchschnittserlöse, die um ein Viertel höher lagen als im Vorkrisenjahr 2019 nach 19% im ersten Quartal, dürften sich nach seiner Einschätzung auf diesem erhöhten Niveau halten. Für das laufende Vierteljahr, das traditionell das wichtigste für die Branche im Jahresverlauf ist, will die Lufthansa dies mit einer abermals leicht erhöhten Kapazität von 90% der Vorkrisenzeit noch besser ausschöpfen, taxiert die Erwartung für den bereinigten operativen Gewinn (Adjusted Ebit) allerdings weiterhin lediglich mit "über dem Niveau von 1,3 Mrd. Euro von 2019".

Auch zur Dividendenzahlung, die der Konzern für das laufende Jahr wieder aufnehmen will, ließ sich der Vorstand nichts Näheres entlocken. Finanzvorstand Remco Steenbergen erklärte lediglich, dass die Aktionäre mit einer "guten Dividende" rechnen könnten, wenn man die bisher sehr gute Ergebnisentwicklung betrachte, bei der das operative Ergebnis im zweiten Quartal sogar den Rekord des Jahres 2017 eingestellt habe. Den Optimismus fürs Gesamtjahr unterstrich der Manager auch damit, "dass wir alles daransetzen", eine bereinigte Ebit-Marge von 8% und eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 10% "schon in diesem Jahr zu erreichen". Avisiert sind beide Zielgrößen bis dato für 2024. Angepeilt wird für den laufenden Turnus absolut betrachtet weiterhin ein Adjusted Ebit von "über 2,6 Mrd. Euro". Im Halbjahr stehen 812 Mill. Euro zu Buche.

Kostensprünge beim Personal

Den Aktionären sind die Ambitionen offenkundig zu gering. Die Lufthansa-Aktie rutschte im Xetra-Handel um mehr als 5% ab. Europas größte Fluggesellschaft musste im zweiten Quartal einen Kostenschub von insgesamt 11% verdauen, wobei insbesondere die Personalkosten mit 18% ins Kontor schlugen. Spohr unterstrich, dass es binnen Jahresfrist gelungen sei, 20 Tarifabschlüsse unter Dach und Fach zu bringen. Indes liegt gerade den Piloten noch eine Vereinbarung zur Abstimmung vor, die zusammen mit zwei pauschalen Erhöhungen aus dem Vorjahr je nach Einstufung zu Steigerungen zwischen 25 und 50% über den gesamten Zeitraum führen sollen.

Kostensprünge beim Personal

Dass derlei Kostensprünge der Lufthansa nicht Bange machen, verdankt sie nicht zuletzt einem Effizienzprogramm, das die Airline im nächsten Jahr in Angriff nehmen will. 2023 habe man einem stabilen Flugplan Vorrang eingeräumt und "die Kapazitäten nicht ganz so stark ausgeweitet wie vielleicht mancher Wettbewerber", erklärte der Vorstandschef. Denn vor allem Engpässe bei Ersatzteilen für Flugzeuge und Personalknappheit "im System", primär bei der Abfertigung an Flughäfen, machen der Branche noch immer deutlich zu schaffen. Im kommenden Jahr will der Konzern jedoch an einer Reihe von Schrauben drehen, die in Summe einiges ausmachen sollen. Unter anderem sollen verlängerte Umschlagszeiten bei den Flügen wieder auf das Niveau von 2019 gebracht werden, ebenso wie die Flugstunden der Crews, die derzeit noch darunter liegen.

Darüber hinaus setzt die Lufthansa ihre Investitionen in die Modernisierung der Flotte fort, um mehr neuere treibstoffsparende Maschinen in Dienst zu stellen. Im Halbjahr hat sie die Investitionen um 35% auf 1,87 Mrd. Euro gegenüber Vorjahr erhöht, im zweiten Quartal fiel der Anstieg mit 12% geringer aus. Die Liquidität bewegt sich mit 10,8 Mrd. Euro leicht über dem Stand von Ende 2022 (10,4 Mrd. Euro). Steenbergen hob jedoch hervor, dass die Nettoverschuldung mit 5,9 (Ende 2022: 6,9) Mrd. Euro "unter dem Niveau von 2019" liege. Er geht deshalb davon aus, dass die Lufthansa bald wieder zum Investment-Grade-Rating zurückkehrt, von dem sie noch ein Notch entfernt sei.

Erstmals seit Beginn der Pandemie haben im zweiten Quartal alle Airlines der Gruppe profitabel gewirtschaftet und insgesamt 965 Mill. Euro zum Adjusted Ebit beigetragen. Lufthansa Technik profitierte von einer global hohen Wartungsnachfrage und zeigte einen Gewinnsprung auf 156 (112) Mill. Euro. Der Prozess zum Verkauf eines Minderheitsanteils "von 20 bis 25%" liege voll im Plan, betonte Steenbergen. Bis Jahresende hat sich die Airline Zeit gegeben. Deutlich eingebrochen ist der Quartalsgewinn der Cargo, die die Lufthansa in der Pandemie gestützt hatte. Sie verdiente operativ lediglich 37 Mill. Euro nach 482 Mill. Euro im Vorjahresquartal. Wie andere Logistikunternehmen spürt sie konjunkturellen Gegenwind. Nachdem die Pandemie der Branche einen Boom beschert hatte, trete nun die "Normalisierung" ein.

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