Luxusuhren vor Comeback
Nobeluhren aus der Schweiz genießen höchstes Ansehen. Doch das verlangsamte Wachstum in Asien und ausbleibende Touristen in Europa haben die Verkäufe von Zeitmessern der Marken TAG Heuer, Zenith oder Piaget gedrückt. Während der Luxusgüterkonzern LVMH bereits wieder von einem Aufschwung spricht, krempelt Rivale Richemont die Führung um und baut Stellen ab.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtPfeifen im Walde oder Optimismus aus Überzeugung? Jean-Claude Biver, Chef der Uhrendivision des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH, sieht für die zuletzt gebeutelte Schweizer Uhrenindustrie Licht am Ende des Tunnels. “Wir haben die Talsohle erreicht, und im zweiten Halbjahr geht es wieder aufwärts”, sagte der 67-Jährige der eidgenössischen “Sonntags-Zeitung” und der französischen “Le Matin Dimanche”. “Über das ganze Jahr erwarte ich ein Plus von 2 bis 5 % bei den Exporten”, erklärte Biver, zu dessen Markenportfolio bei LVMH u.a. TAG Heuer, Zenith und Hublot gehören.Der Schweizer Uhrenexport hatte im Oktober den stärksten Monatseinbruch seit sieben Jahren verzeichnet. Von Januar bis Oktober sind die Chronometerausfuhren um 11 % gefallen. In nahezu jedem wichtigen Markt war die Nachfrage gesunken. Besonders stark betroffen von der Kaufzurückhaltung sind Luxusuhren, für deren Produktion die Schweiz mit ihrer jahrhundertelangen Tradition in der Anfertigung von Zeitmessern bekannt ist.Der Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont hat auf die Talfahrt reagiert. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahrs 2016/17 (31. März) war der operative Gewinn in der Gruppe um 43 % auf 798 Mill. Euro gefallen; das Ergebnis der Uhrensparte war sogar um 53 % auf 187 Mill. eingebrochen. Bei der Zahlenpräsentation kündigte Verwaltungsratspräsident Johann Rupert jüngst den größten Management-Umbau seit 2009 an; sogar der CEO-Posten wird abgeschafft. Richemont passe sich an die unvorhersehbaren und volatilen Märkte an, hieß es. Die Produktion werde gesenkt, und zu wenig rentable Geschäfte würden geschlossen. CEO-Posten abgeschafftZudem werde Richemont, deren Konzernzentrale sich nahe Genf befindet, zusätzlich 210 Stellen abbauen. Betroffen sind primär Mitarbeiter der Uhrenmarken Piaget und Vacheron Constantin an drei Schweizer Standorten. Bereits Anfang 2016 hatte Richemont die Streichung von bis zu 350 Stellen, vornehmlich bei Cartier, angekündigt. Selbst addiert scheint das nicht viel angesichts einer Beschäftigtenzahl von weltweit rund 28 000, davon etwa 8 500 in der Schweiz. Gleichwohl hat die Ankündigung in dem Alpenland für Unruhe gesorgt. Insgesamt hängen dort fast 60 000 Arbeitsplätze von der Uhrenbranche ab.Vor allem in Europa verzeichnete Richemont rückläufige Erlöse. Nach den Terroranschlägen in Paris Ende 2015 und Anfang 2016 war der Tourismus eingebrochen, was Richemont deutlich zu spüren bekam. Im ersten Geschäftshalbjahr betrug das Erlösminus im europäischen Markt 17 %, konzernweit waren es 13 % auf 5,1 Mrd. Euro. Zuvor hatten in China die Wachstumsdelle sowie Antikorruptionsmaßnahmen für Staatsangestellte für fallende Umsätze gesorgt. Doch habe sich der Rückgang in der wichtigsten Absatzregion Asien-Pazifik markant verlangsamt.Im Gegensatz dazu sei der Absatz in Großbritannien nach dem Brexit-Votum im Juni zweistellig gewachsen. Durch die folgende Abwertung des Pfund wurden Luxusgüter ausländischer Anbieter dort relativ günstiger. Richemont zufolge ist aber eine starke Erholung der Nachfrage nach Edeluhren unwahrscheinlich.Besser als bei Richemont lief es zuletzt bei LVMH. TAG Heuer werde 2016 wohl im niedrigen zweistelligen Bereich wachsen und Hublot im mittleren einstelligen Bereich, sagte Biver. Im Vorjahr stand das Geschäftsfeld Uhren und Schmuck für 9 % des Konzernumsatzes von 36,7 Mrd. Euro. Für nächstes Jahr ist der LVMH-Uhrenchef voller Zuversicht: “2017 wird ein besseres Jahr – für die Welt und unsere Branche.”