M&A boomt trotz der Lockdowns
Mit Fusionen und Abspaltungen stellen sich Unternehmen auf die neue Wirtschaftswelt ein. Das Rad der M&A-Deals dreht sich immer schneller: Allein in den letzten beiden Wochen des Jahres 2020 wurden trotz der Feiertage weltweit knapp 2 500 Transaktionen mit 187 Mrd. Dollar Volumen angekündigt.cru Frankfurt – Die globale Notenbank-Geldschwemme, steigende Aktienkurse wegen der Impfstoff-Hoffnung und der Umbau der Unternehmen haben in der zweiten Jahreshälfte 2020 das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen trotz der Lockdowns rund um die Welt kräftig angekurbelt. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2008 hat das Volumen der M&A-Deals im dritten und vierten Quartal jeweils über der Marke von 1 Bill. Dollar gelegen. Das geht aus den Daten des Analysehauses Refinitiv hervor.In Europa kletterte das Deal-Volumen 2020 um mehr als ein Drittel auf fast 990 Mrd. Dollar, und in Asien ging es um 15 % auf mehr als 870 Mrd. Dollar nach oben. Nur in den USA ging es um 21 % auf 1,4 Bill. Dollar abwärts, so dass das globale M&A-Volumen 2020 um 5 % auf 3,6 Bill. Dollar schrumpfte.Mit den Fusionen stellen sich die Unternehmen auf die neuen Anforderungen in der veränderten Wirtschaft ein. Vor allem in der Technologie-, Finanz- und Energiebranche kam es zu großen Übernahmen. Zu den größten Deals zählten die Übernahme des Büro-Chat-Anbieters Slack durch den Unternehmenssoftwarehersteller Salesforce (28 Mrd. Dollar), der damit zum vollwertigen Konkurrenten für Microsoft wird, sowie der Kauf des Datenanbieters IHS Markit durch die Ratingagentur S&P (44 Mrd. Dollar) und die Fusion der beiden US-Chiphersteller AMD und Xilinx (35 Mrd. Dollar). In den meisten Fällen wurde der Kaufpreis zum großen Teil mit eigenen Aktien bezahlt, deren Kurse kräftig gestiegen waren. Viele Private-Equity-DealsIn Deutschland dominierten Private-Equity-Deals, darunter vor allem der Verkauf der Thyssenkrupp-Aufzugssparte an ein Konsortium um den Finanzinvestor Advent (17 Mrd. Euro), da die Beteiligungsgesellschaften über Kapitalzusagen ihrer Investoren von 2,5 Bill. Dollar verfügen. Aber auch einige große strategische Deals kamen hierzulande zustande, darunter die Übernahme von Bombardier Transportation durch Alstom (8 Mrd. Euro) und der Kauf von Siltronic durch Global Wafers (3,5 Mrd. Euro).Führende Investmentbanker wie Dirk Albersmeier, Co-Head of Global Mergers and Acquisitions bei J.P. Morgan, sagen voraus, dass die Zahl der Deals in allen Regionen und Sektoren zunehmen wird. Dabei wächst die Bedeutung von Abspaltungen: “Die Bedeutung der Größe ist der Fokussierung auf Kerngeschäfte und deren optimale Entwicklung gewichen”, sagt Jens Maurer, Co-Head des Investment Banking von Morgan Stanley in Deutschland. “Die Anzahl an Ausgründungen und Abspaltungen von Unternehmensteilen hat entschieden zugenommen. Ebenso der Trend zu Holding-Strukturen. Wir gehen auch für 2021 davon aus, dass dieser Trend anhalten wird.”Das Rad dreht sich nicht nur weiter, sondern auch schneller: Für die Dealmaker gab es nur eine kurze Weihnachtspause wegen der geschäftigsten Weihnachts-M&A-Saison aller Zeiten. Allein in den letzten beiden Wochen des Jahres wurden trotz der Feiertage weltweit knapp 2 500 Transaktionen angekündigt, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. So viele Deals gab es den Daten zufolge noch nie innerhalb dieser festlichen 14 Tage. In diesem Zeitraum wurden Deals im Wert von mehr als 187 Mrd. Dollar angekündigt – angeführt von der Buy-out-Firma Thoma Bravo, die den Immobiliensoftwarehersteller Realpage für 9,6 Mrd. Dollar erwirbt. Gerade erst stimmten auch die Aktionäre des französischen Autoherstellers PSA Group der Fusion mit Fiat zu.Schon bahnt sich der nächste Milliardendeal in Großbritannien an: Das Glücksspielunternehmen Entain hat eine Übernahmeofferte von MGM Resorts International in Höhe von 8,1 Mrd. Pfund (11,1 Mrd. Dollar) zurückgewiesen und erklärt, dass das Angebot den Betreiber, der von einem Boom bei Online-Wetten profitiert, unterbewertet.In den USA kündigte der Assetmanager Dyal Capital an, mit Owl Rock zu fusionieren und so einen Vermögensverwalter mit einem Volumen von 45 Mrd. Dollar zu bilden, während der Rüstungskonzern Lockheed Martin den Konkurrenten Aerojet Rocketdyne für 4,4 Mrd. Dollar kaufte, um seine Raumfahrtsparte zu erweitern. Derweil hat Teledyne Technologies die größte Akquisition seit drei Jahrzehnten getätigt und den Rivalen Flir Systems für rund 7,4 Mrd. Dollar übernommen, um sein Angebot an Sensoren für die Luft- und Raumfahrt zu erweitern. Stau löst sich aufWie schon im dritten Quartal hat sich auch im vierten Quartal 2020 ein Stau an geplanten Deals aufgelöst, der sich im zweiten Quartal nach den ersten Lockdowns gebildet hatte.Die Investment-Banking-Boutique Perella Weinberg Partners hat sich mit einem von der Finanzunternehmerin Betsy Cohen gesponserten Spac (Special Purpose Acquisition Company) – einem leeren Übernahmevehikel – zusammengeschlossen, um an die Börse zu gehen.In Großbritannien schloss der niederländische Finanzinvestor Waterland Private Equity einen Deal zum Kauf der Priory Group ab, einer Kette von Einrichtungen für die Behandlung der psychischen Gesundheit, die dafür bekannt ist, Prominente wegen ihrer Sucht zu behandeln, für 1,1 Mrd. Pfund (1,5 Mrd. Dollar).