"M&A ist wieder da"

Bank-of-America-Fusionschef Berendes: Billiges Notenbankgeld und Disruption als Treiber für milliardenschwere Transaktionen

"M&A ist wieder da"

Healthcare- und Technologieunternehmen sind oft die Gewinner der Coronakrise. In diesen Branchen spielt sich auch das milliardenschwere Comeback der M&A-Deals ab. Birger Berendes, M&A-Chef der Bank of America, erwartet eine zusätzliche Welle an Fusionen und Übernahmen zu Beginn des Jahres 2021.cru Frankfurt – Investmentbanker haben alle Hände voll zu tun. Erst saugten sich die Unternehmen in der Coronakrise über Anleiheemissionen im Rekordvolumen mit Liquidität voll, dann folgten rekordvolumige Kapitalerhöhungen, um Chancen zu nutzen oder aus Vorsicht – und jetzt springt das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen wieder an. “M&A ist wieder da. Als Treiber wirkt vor allem die hohe Liquidität aus der lockeren Notenbankpolitik”, sagte Birger Berendes, M&A-Chef der Bank of America in Deutschland, der Börsen-Zeitung.”Aber auch die disruptive Entwicklung in Branchen wie der Autoindustrie, bei Ölkonzernen oder in der Automatisierung führt verstärkt zum Umbau von Konzernen und zu Übernahmen. Vor allem für die Gewinner der Covid-Krise im Healthcare- und Tech-Bereich werden hohe Preise gezahlt – und das wird solange anhalten, wie die Aktienmärkte stark sind. Derzeit sind viele M&A-Projekte in der Pipeline. Wir rechnen mit einer Welle von Übernahmen, die jetzt vorbereitet und zu Beginn des kommenden Jahres vollzogen werden”, sagte Berendes. Es werde auch einige Übernahmen mit dem Ziel geben, die Unternehmen von der Börse zu nehmen. Hinzu kommen zahlreiche Carve-outs und Spin-offs von einzelnen Sparten großer Konzerne, die nicht mehr ins Portfolio passen. Viel mehr Deals als im MaiTatsächlich hat sich die Zahl der M&A-Deals von global nur 196 im Mai 2020 um mehr als die Hälfte auf 328 im Juli 2020 erhöht. Allein in den vergangenen zwei Monaten gab es zehn Deals mit jeweils mehr als 10 Mrd. Dollar Volumen. Die größten drei waren die Übernahme von Maxim Integrated durch Analog Devices für 21 Mrd. Dollar, der Kauf von ARM durch Nvidia für 40 Mrd. Dollar und die Fusion von Livongo und Teladoc mit einem Volumen von 18 Mrd. Dollar. Noch ist das M&A-Volumen bis dato im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 40 % gesunken – aber der Umschwung zeichnet sich schon ab.Besonders begehrt sind Unternehmen, die entweder von der Corona-Pandemie profitieren wie manche Pharmaunternehmen oder Tech-Unternehmen, die zur sozialen Distanzierung beitragen. Sie stehen auch an vorderster Front beim Comeback der M&A-Deals. Laut Bloomberg haben im Euro-Stoxx-600-Index die Kurse der Technologieaktien seit den Lockdowns im März bis dato um 21 % zugelegt, während die Kurse der Banken um 27 % nachgegeben haben.”Die gestiegenen Kurse tragen auch dazu bei, dass häufig mit Aktien als Akquisitionswährung bezahlt wird anstatt mit Geld”, sagte Berendes. Einen Teil des Kaufpreises in Aktien des übernehmenden Unternehmens zu erhalten, ermöglicht es den Eigentümern, an den künftigen Synergien einer Fusion teilzuhaben.Als einige der größten Käufer bei Fusionen und Übernahmen sind Finanzinvestoren aufgetreten, die inzwischen rund 4 Bill. Dollar an Vermögen für Investments in nichtbörsennotierte wie auch börsennotierte Unternehmen verwalten und 1,5 Bill. Dollar an “Dry Powder” haben. Allen Konkurrenten voran hat KKR die größte Aktivität in den vergangenen Monaten gezeigt – mit insgesamt 38 Deals inmitten der Pandemie. Der Rivale Blackstone – der größte Private-Equity-Investor der Welt – brachte es im selben Zeitraum nur auf 19 Deals. KKR versuchte damit, den Fehler aus der letzten Wirtschaftskrise, der Finanzkrise, zu vermeiden. Damals hatte sich KKR zu lange mit Käufen in der Krise zurückgehalten und profitierte deshalb weniger als andere Private-Equity-Häuser von der schnellen Erholung. Spacs boomen in USAEin weiterer Käuferkreis für Übernahmen sind die in den USA ohnegleichen boomenden Spacs. Gleich 106 dieser Special Purpose Acquisition Companies – zunächst leere Übernahmevehikel – sind 2020 an die Börse gegangen und haben 46 Mrd. Dollar für Übernahmen eingesammelt. Es bleibt nun abzuwarten, ob sie auch in Deutschland nach geeigneten Übernahmezielen suchen werden.Stärker als das M&A-Geschäft sieht der Bank-of-America-Konkurrent Credit Suisse den Boom der Kapitalerhöhungen. “Im ersten Halbjahr lagen die Eigenkapitalemissionen, vor allem die Sekundärplatzierungen im zweiten Quartal, auf hohem Niveau”, sagte Investment-Banking-Chef Joachim Ringer der Börsen-Zeitung. “Die zweite Jahreshälfte wird noch stärker, das dritte Quartal wird das aktivste Quartal seit Anfang 2015. Unternehmen nutzen das starke Investoreninteresse und die hohe Platzierungssicherheit. Vor allem aber erwarten wir die Rückkehr der Börsengänge in Deutschland.”