Maschinenbau steckt Russland-Krise weg

Über 200 Mrd. Euro Produktionswert im Blick - Reindustrialisierung in den USA macht Mut - Iran-Geschäft zieht wieder an

Maschinenbau steckt Russland-Krise weg

Russland ist der fünftwichtigste Markt für deutsche Maschinenbauer, aber die sind zuversichtlich, die Probleme trotz der dramatischen Rubel-Abwertung wegstecken zu können. Die Investitionsgüterhersteller setzen auf die Reindustrialisierung der USA, Wachstum in Asien und freuen sich auch über die lang erwartete Erholung in einem ehemals riesigen Markt, der nach langem Dornröschenschlaf wieder erwacht: Iran.ds Frankfurt – Der deutsche Maschinenbau verbreitet zum Jahresende demonstrativ Zuversicht. Während das Russlandgeschäft gerade kollabiert, bekräftigt die Investitionsgüterbranche ihre Prognose, in der Produktion im neuen Jahr real um 2 % wachsen zu wollen nach einem Plus von geschätzt 1 % im alten Jahr. Damit würde die Produktion mit 199 Mrd. Euro 2014 erstmals das Vorkrisenniveau von 2008 (196 Mrd.) übertreffen und 2015 auf 205 Mrd. Euro zunehmen (siehe Grafik).”Russland hat nicht die Kraft, den deutschen Maschinenbau umzuwerfen”, beteuerte Reinhold Festge, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Frankfurt. “Selbst wenn der Export nach Russland auf 2 Mrd. Euro einbricht, wird uns das nicht so stark treffen, dass wir unsere Ziele nicht verwirklichen können.”Mit Sorge sehe man aber, dass Deutschland durch die Sanktionen indirekt andere Konkurrenten einlade, nach Russland zu liefern. Besonders ärgere man sich darüber, dass die Schweizer massiv ins Putin-Reich drängten. Auch die Japaner und Südkoreaner sprängen in die Bresche und “entwickeln Dinge, die wir vorher geliefert haben”, empörte sich Festge. Eine große Gefahr für das deutsche Russlandgeschäft gehe auch von den Chinesen aus, die mit Blick auf Russland “viel gefährlicher” als die Schweizer für die Deutschen seien, zumal China mit seinem nördlichen Nachbarn große Energielieferverträge geschlossen habe. “Wer die Energie liefert, will auch die Aufträge haben”, so Festge. Rubel und Export fallenDie politischen Spannungen und die Rubel-Abwertung belasten den Maschinenbau seit Mitte 2013. In den ersten drei Quartalen 2014 sanken die Exporte nach Russland um 16 % auf 4,9 Mrd. Euro. Aktuell ist der nach Fläche größte Staat der Erde noch der fünftwichtigste Markt für die Maschinenbauer, der Anteil des Russlandgeschäfts am Export lag in den ersten neun Monaten bei 4,4 % nach 5,2 % im Vorjahr.Mut macht der Branche das florierende Geschäft in den beiden größten Exportmärkten China und USA, die in der Ausfuhr in den ersten neun Monaten auf hohem Niveau um 2 % (China) und 6 % (USA) zulegten, während die Schwellenländer Brasilien (-19 %) und Indien (-11 %) schwach abschnitten. Robust entwickelt sich auch das Geschäft mit den EU-Partnerländern (+ 5 %). Die Gefahr, dass die Reindustrialisierung in Nordamerika wegen des niedrigen Ölpreises, der neue Fracking-Projekte unrentabel macht, einen Dämpfer bekommt, sieht die Maschinenbaulobby weniger. Die günstige Energie habe in den USA ganze Wertschöpfungsketten angestoßen, sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Kunden, die bislang stark in China investiert hätten, bauten nun in den USA Kapazitäten auf.Im Inland liege der Umsatz nach den ersten zehn Monaten um 3 % über dem Vorjahreswert, so Festge, der “mehr erwartet” hatte. “Ich sehe keine Incentives, die die Investitionsschwäche auflösen”, sagte er und zeigte sich abermals bitter enttäuscht, dass die Bundesregierung die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung abgelehnt habe, weil sie alles dem Ziel der schwarzen Null unterordne. Bei der Beschäftigtenzahl, die 2014 erstmals über die Millionenmarke sprang und aktuell bei 1,01 Millionen liegt, erwartet Festge eine “stabile Entwicklung auf dem sehr hohen Niveau”. Hinzu kommen rund 360 000 Beschäftigte im Ausland, mit steigender Tendenz. Warme Worte für BankenIn der Finanzierung hat die Maschinenbaulobby offenbar derzeit keine Sorgen und beklagt sich auch nicht mehr lauthals über die Kreditvergabepraktiken der Geldhäuser, im Gegenteil: “Man sollte als Mittelständler dankbar dafür sein, dass die Banken die geplanten Investitionen durchprüfen”, so Festge. Das gebe den Unternehmen schließlich mehr Sicherheit. Alternativen zum Bankkredit rücken stärker denn je in den Hintergrund: Unternehmensanleihen und Schuldscheine brächten die Maschinenbauer bei der Finanzierung nicht weiter, so VDMA-Finanzierungsexperte Josef Trischler. Kleineren Unternehmen, die am ehesten Probleme bekämen, sei mit kapitalmarktnahen Instrumenten überhaupt nicht geholfen. Dornröschen erwachtWährend das Russlandgeschäft wegbricht, erwacht Iran – einst ein ganz wichtiger Markt für die Deutschen – aus dem Dornröschenschlaf: In den ersten neun Monaten 2014 zogen die Exporte dort um 20 % auf rund 400 Mill. Euro an. Zu scharfen Konkurrenten im Iran haben sich während der Amtszeit von Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Chinesen entwickelt: Hatten sie 2005 erst einen Marktanteil von 6 % am Maschinenexport in den Iran, so waren es 2013 schon 36 %. Der Anteil der Deutschen schrumpfte in dieser Zeit von 25 % auf 12 %. Im Jahr 2005 exportierten die Deutschen noch Produktionsanlagen für 1,5 Mrd. Euro in die uralte Kulturnation, 2013 nur noch rund 500 Mill. Euro.An der Börse spiegelt sich die robuste Lage der Investitionsgüterindustrie. Börsennotierte Maschinenbauer (darunter DMG Mori Seiki, Dürr, Krones und Kuka) zeigen auf Jahressicht eine stärkere Performance als der Dax.