Konjunktur

Materialpreissprünge setzen Baubranche zu

Materialknappheit und rasante Preissteigerungen für Vorleistungen sind das beherrschende Thema am Bau. Die Verteuerung bringt die Kalkulation vieler Unternehmen durcheinander.

Materialpreissprünge setzen Baubranche zu

hek Frankfurt

War die Baubranche vor kurzem noch froh, ohne große Blessuren durch die Corona-Pandemie gekommen zu sein, macht Firmen und Bauherren jetzt eine neue Herausforderung zu schaffen: Materialknappheit und rasante Preissteigerungen für Vorleistungen. Vor allem Holz, Stahl und Dämmstoffe sind massiv teurer geworden. Zunächst war – trotz hohem Einschlag – Holz knapp, da große Mengen in die USA und nach China geliefert werden. Dann fehlte es auch an Rohren und Dämmmaterial.

Den Umfang der Preissteigerungen macht eine aktuelle Erhebung des Statistischen Bundesamts deutlich. Demnach war Konstruktionsvollholz im Mai 2021 um 83% teurer als im Vorjahresmonat. Für Dachlatten waren 46% mehr zu zahlen, für Bauholz 38%. Die Preise für Betonstahl, der Bodenplatten, Decken oder Wände verstärkt, und für Bitumen, das für die Abdichtung von Dächern oder Fundamenten gegen Wasser benötigt wird, schießen ebenfalls in die Höhe. Dämmplatten aus Kunststoff sind um ein Fünftel teurer geworden (siehe Grafik).

Für die Knappheit gibt es diverse Gründe, etwa die hohe Nachfrage hierzulande und Probleme in der Versorgung mit Rohstoffen. Die starke Konjunktur in China hat viele Hersteller überrascht, ebenso die schnelle Erholung der amerikanischen Wirtschaft. „Wenn die Nachfrage und das Angebot bei global gehandelten Baustoffen nicht zügig wieder ins Gleichgewicht kommen, ist der Baustellenbetrieb vielfach gefährdet“, warnt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Projekte seien nur noch schwer kalkulierbar. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie befürchtet nicht nur Verzögerungen bei einzelnen Projekten, sondern auch Belastungen für die im Vergleich zu anderen Industriebranchen ohnehin schwächere Ertragslage. „Wenn dann bei langlaufenden Projekten keine Preisgleitung vereinbart wurde, trägt man das Risiko als Bauunternehmer allein“, sagt Tim Lorenz, Vizepräsident Wirtschaft des Hauptverbands.

Weniger Sorge macht sich die Branche über die Nachfrage. Die Bestelleingänge sind in den ersten vier Monaten preis- und kalenderbereinigt um 1,2% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Im April lag der Zuwachs bei 4,1%. Nominal kamen in dem Monat Neuaufträge im Wert von 7,9 Mrd. Euro herein. Das waren 7% mehr als im April 2020 und laut Statistischem Bundesamt der höchste bisher gemessene April-Wert. Die Bausparten zeigen allerdings ein heterogenes Bild: Dem florierenden Wohnungsbau, der in den ersten vier Monaten sein Bestellvolumen um 13,4% ausbaute, stehen Rückgange im öffentlichen Bau und vor allem im Straßenbau gegenüber. Lorenz beklagt, dass Bund und Länder den Kommunen nicht mehr mit einer Kompensation der Gewerbesteuerausfälle unter die Arme griffen. Auf kommunaler Ebene gingen Einnahmeausfälle immer zu Lasten der Investitionen.

Beim Umsatz schlagen noch die kältebedingten Einbußen im Winter zu Buche. Hier steht nach vier Monaten ein Rückgang um 5,9% (real −8,4%) zu Buche. Der April brachte zwar ein Plus von 2,3%, das aber auf Preisanhebungen zurückgeht. Noch hält die Bauindustrie an der Prognose fest, dass der Umsatz im Gesamtjahr wieder das 2020er-Niveau von 143 Mrd. Euro erreicht. Doch inzwischen setzt die stockende Materialversorgung ein dickes Fragezeichen hinter den Ausblick.