Mediaset und Vivendi lassen sich scheiden
Der italienische Medienkonzern Mediaset und dessen Großaktionär Vivendi haben sich auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt. Damit geht eine fünfjährige, meist konfliktreiche, Beziehung zu Ende. Die von Vincent Bolloré kontrollierte französische Mediengruppe kündigte zusammen mit Mediaset und dessen von der Familie Berlusconi kontrollierten Großaktionär Fininvest an, nach der Einigung auf alle Klagen sowie Streitigkeiten verzichten zu wollen. Vivendi versprach gleichzeitig, den geplanten Umzug von Mediaset in die Niederlande und die vorgesehene Abschaffung der Doppel-Stimmrechte zu unterstützen.
Vor allem aber sagte Vivendi zu, die gesamten 19,19%, die die Franzosen über das Finanzvehikel Simon Fiduciara an Mediaset halten, innerhalb der nächsten fünf Jahre zu festgelegten Mindestpreisen auf dem Markt verkaufen zu wollen. Jedes Jahr nach der für den 22. Juli geplanten Finalisierung des Abkommens soll ein Fünftel dieser Beteiligung verkauft werden. Als Mindestpreis dafür sind im ersten Jahr 2,75 Euro je Aktie, im zweiten Jahr 2,80 Euro, im dritten Jahr 2,90 Euro, im vierten Jahr 3 Euro und im fünften Jahr 3,10 Euro vorgesehen. Vivendi soll aber die Möglichkeit bekommen, jederzeit die gesamte Beteiligung verkaufen zu können, sollte der Börsenkurs der Mediaset-Aktie 3,20 Euro erreichen.
Fininvest will von Vivendi sofort 5% der von der französischen Gruppe gehaltenen Mediaset-Aktien zum Preis von 2,70 Euro kaufen. Außerdem soll vor dem Verkauf im Juli eine Sonderdividende von 0,30 Euro oder insgesamt 350 Mill. Euro an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Die Franzosen wollen (vorerst?) Mediaset-Aktionäre bleiben und 4,61% der Anteile behalten – eine Beteiligung, die Vivendi jedoch jederzeit verkaufen kann.
Zwar zahlt die Vivendi-Tochter Dailymotion jetzt 26,3 Mill. Euro, um Streitigkeiten mit den Mediaset-Töchtern Medusa und RTI zu beenden. Doch insgesamt dürfte der Verkauf von 24,2% des Mediaset-Kapitals Vivendi 741 Mill. Euro in die Kassen spülen, meinen die Analysten von Oddo BHF. Dazu kommen die 98 Mill. Euro aus der Sonderdividende. Gleichzeitig dürfte ihr das Abkommen helfen, pro Jahr schätzungsweise 5 bis 10 Mill. Euro an Kosten für juristische Auseinandersetzungen einzusparen.
Mediaset und Vivendi wollten 2016 ursprünglich einen gemeinsamen Pay-TV-Sender auf den Weg bringen. Doch nachdem Vivendi den Deal zur Übernahme von Mediasets Pay-TV-Sparte Mediaset Premium rückgängig gemacht hatte, ging nichts mehr zwischen den beiden Unternehmen. Mediaset hatte schließlich mit Unterstützung der Regierung die Vivendi-Stimmrechte, die über Simon Fiduciaria gehalten wurden, einfrieren lassen. Umgekehrt hatte Vivendi gerichtlich die geplante Fusion mit der spanischen Tochter Mediaset España (53,5%), die Verlagerung des Firmensitzes in die Niederlande und die damit verbundene Gründung einer europäischen Free-TV-Senderfamilie blockiert. Mit der jetzigen Einigung kann Mediaset diese Pläne wiederaufnehmen. Es wird spekuliert, die Italiener wollten dazu ihre Beteiligung an ProSiebenSAT.1 von bisher 23,5% aufstocken und eine Mehrheit erwerben.
Vincent Bolloré gilt als einer der berüchtigtsten Investoren in Frankreich. Die Strategie Vivendis in den letzten Jahren trägt deutlich seine Handschrift. Denn es ist die Spezialität Bollorés, in unterbewertete Unternehmen zu investieren und später sowohl den Druck auf das Management als auch die Beteiligung zu erhöhen. Dabei geht es Bolloré vor allem um eins: Mit seinen Beteiligungen will er Profit machen. Die Einigung mit Fininvest und Mediaset bedeutet nicht, dass er nicht weiter auf Medien setzt. Im Gegenteil, denn er verhandelt mit Gruner + Jahr über den Verkauf der französischen Zeitschriften-Tochter Prisma Presse. Er soll auch an dem Radiosender Europe 1 von Lagardère und dem Fernsehsender M6 von Bertelsmann interessiert sein. In Italien ist Vivendi auch an Telecom Italia (TIM) beteiligt.
Am Aktienmarkt profitierten vor allem die Mediaset-Aktien von dem Deal. Die Papiere legten um 1,64% auf 2,73 Euro zu, Vivendi verloren 0,82% auf 28,90 Euro.