Mehr Finanzspritzen für deutsche Start-ups denn je

EY-Studie: Finanzierungsvolumen für Jungunternehmen sinkt jedoch - Standort Berlin und Branche Healthcare an der Spitze

Mehr Finanzspritzen für deutsche Start-ups denn je

cru Frankfurt – In der Coronakrise haben deutsche Start-ups deutlich weniger frisches Kapital erhalten, aber es wurde auf mehr Firmen verteilt. Der Gesamtwert der Investitionen in Jungunternehmen schrumpfte hierzulande 2020 gegenüber der Rekordsumme des Vorjahres von 6,2 Mrd. Euro um 15 % auf 5,3 Mrd. Euro, weil es weniger große Deals im Volumen von mehr als 100 Mill. Euro gab. Dafür erhielten 2020 mehr deutsche Start-ups frisches Kapital als jemals zuvor: Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um 6 % auf 743 und erreichte damit einen neuen Rekordwert. Das geht aus dem Start-up-Barometer der Unternehmensberatung EY hervor.Die größte Transaktion war eine Finanzspritze von 255 Mill. Euro für den in Berlin ansässigen Börsenkandidaten Auto1 Group im Juli, gefolgt von 218 Mill. Euro für den Münchener Flugtaxi-Entwickler Lilium im März, die im Juni auf 250 Mill. Euro erweitert wurde. An dritter Stelle steht eine 212-Mill.-Euro-Finanzierung für das Berliner E-Mobility-Start-up Tier Mobility.Berlin und Bayern liegen bei Investitionsvolumen und Deal-Zahl weit vorn. Die Zahl der Finanzierungsrunden kletterte in der Bundeshauptstadt um 20 % auf 314 – bei einem um 17 % verringerten Volumen von 3,1 Mrd. Euro. In Bayern lag das Investitionsvolumen hingegen mit 1,51 Mrd. Euro fast auf dem Niveau des Vorjahres. Die Zahl der Transaktionen lag in Bayern zudem mit 176 Deals um 36 % höher als 2019. Bayern etabliert als Nr. 2Bayern etabliert sich damit als zweiter starker Start-up-Standort in Deutschland – mit einer spezifischen Stärke im Technologiebereich. Während in Berlin und Bayern mehr Finanzierungen als im Vorjahreszeitraum registriert wurden, war die Entwicklung an den übrigen größeren Start-up-Standorten allerorten rückläufig. Von den fünf größten Finanzierungsrunden des Jahres entfielen vier auf Berlin, eine auf Bayern.”Es gibt zwar einen Corona-Effekt bei den Risikokapitalinvestitionen”, beobachtet Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland. “Dieser beschränkt sich aber in erster Linie auf den Rückgang bei sehr großen Deals.” Die Zahl der Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 100 Mill. Euro sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 13 auf acht. Gleichzeitig gab es mehr kleine Transaktionen. Thomas Prüver, Partner bei EY, ergänzt: “Vor allem sehen wir Veränderungen bei den Branchen, in die das Geld fließt. Eindeutige Gewinner waren die Bereiche Health und E-Commerce, in die jeweils deutlich höhere Summen investiert wurden. Auf der anderen Seite schrumpfte das Investitionsvolumen bei Mobilitäts-Start-ups und Fintechs kräftig.”Das deutsche Start-up-Ökosystem habe die Coronakrise insgesamt bislang relativ gut überstanden, resümiert Prüver. Viele Jungunternehmen hätten zwar mit massiven Problemen gekämpft, das von vielen befürchtete große “Start-up-Sterben” sei 2020 aber ausgeblieben – auch dank weiter fließender Investorengelder. Allerdings betont Prüver: “Für eine Entwarnung ist es noch zu früh. Denn aufgrund der ausgesetzten Insolvenzanmeldungspflicht ist nicht klar, wie es tatsächlich um die vielen kleinen Unternehmen steht, die nicht im Investorenfokus stehen und womöglich vollständig mit Eigenmitteln finanziert sind.”Die meisten Finanzierungsrunden wurden 2020 wie schon im Vorjahr im Bereich Software & Analytics gezählt: Die Zahl lag mit 232 etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Das Investitionsvolumen schrumpfte allerdings um 15 % auf 1 Mrd. Euro. Mobilität/Fintech verlierenMit 109 Transaktionen – ein Plus von 27 % – belegt der Gesundheitssektor den zweiten Platz im Ranking nach Deal-Anzahl. Das Investitionsvolumen, das in Gesundheits-Startups floss, kletterte sogar um 42 % auf 670 Mill. Euro. Um 8 % auf 98 gesunken ist hingegen die Zahl der Finanzierungsrunden für E-Commerce-Start-ups , während das Investitionsvolumen in diesem Segment um 35 % auf 976 Mill. Euro hochschnellte. Deutliche Einbußen verzeichneten die Segmente Mobilität und Fintech.