Mehr Wagniskapital denn je
Investoren haben 2019 so viel Wagniskapital in deutsche Start-ups gesteckt wie noch nie. Insgesamt sammelten die jungen Unternehmen 3,2 Mrd. Euro ein – 38 % mehr als im Jahr davor. Dabei ging der Trend zu größeren Geldspritzen. Die Zahl der Finanzierungsrunden sank um 10 %.cru Frankfurt – Die Finanzierungen deutscher Start-ups haben 2019 ein Rekordniveau erreicht. Die jungen Unternehmen sammelten in 181 abgeschlossenen Finanzierungsrunden 3,2 Mrd. Euro Wagniskapital ein. Im europäischen Vergleich verzeichnete Deutschland die dritthöchsten Venture-Capital-Investitionen – mit einem um 38 % gestiegenen Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Briten und Franzosen sammelten aber deutlich mehr ein. Das geht aus einer Studie des Datenanbieters Refinitiv hervor.Die Zahl der Deals hingegen sank um 10 %. An drei der zehn wichtigsten europäischen Transaktionen waren deutsche Unternehmen beteiligt. Die Finanzierungsrunde für den Immuntherapiespezialisten Biontech aus Mainz brachte 290 Mill. Euro. Im Herbst ging das Unternehmen an die US-Börse Nasdaq. Auf dem zweiten Platz folgte das Softwareunternehmen Celonis aus München mit 262 Mill. Euro, das mit Process Mining Geschäftsprozesse analysiert und optimiert.Der drittgrößte Deal war das 260 Mill. Euro schwere Investment in die Direktbank N26 aus Berlin, die sich auf die Kontoführung per Smartphone spezialisiert hat. Seither ist N26 mit 2,3 Mrd. Euro das wertvollste deutsche Finanz-Start-up. Der aktivste Investor in Deutschland war Global Founders Capital, der in Berlin ansässige Fonds der Samwer-Brüder, mit Investments von 132 Mill. Euro aus 53 Transaktionen. An zweiter Stelle folgte der High-Tech Gründerfonds mit 39 Deals für addiert 9 Mill. Euro. HV Holtzbrinck Ventures investierte 112 Mill. Euro in 26 Transaktionen. Boom in ganz Europa2019 war auch ein Rekordjahr für die Neuaufnahme von Wagniskapital in ganz Europa. Die Unternehmen sammelten 23,5 Mrd. Euro ein – ein Anstieg um 50 % gegenüber dem Vorjahr. Die Anzahl der Transaktionen sank hingegen um 7 % auf 1 408.Größter einzelner Wagniskapital-Deal In Europa war das Investment von unter anderem Softbank über 1,1 Mrd. Euro in die Londoner Minisatelliten-Firma Oneweb. Führend waren insgesamt britische Unternehmen, die in 560 Finanzierungsrunden etwa 9,7 Mrd. Euro Wagniskapital einsammelten, gefolgt von den Franzosen mit 4,9 Mrd. Euro aus 324 Runden.Laut Carl-Johan von Uexküll, Managing Director Deutschland & Schweiz bei Refinitiv, wurde jedoch trotz der rückläufigen Anzahl an Finanzierungsrunden ein Rekordniveau der Investitionsvolumina verzeichnet, wodurch das Start-up-Geschäft in Deutschland angekurbelt wird: “Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin verbessern, gibt es keinen Grund, warum die Anzahl der Transaktionen im Jahr 2020 nicht zunehmen sollte.”2019 wurden 38 Wagniskapitalrunden mit einem Volumen von über 100 Mill. Euro abgeschlossen, allerdings fanden nur sechs davon im vierten Quartal statt. Zu diesen sechs Runden gehörte auch die 262 Mill. Euro schwere Series-C-Investition in die Business-Performance-Software Celonis. Im Zuge der von Arena Holdings geführten Investition, an der auch die Venture-Capital-Fonds Accel und 83North beteiligt waren, wurde das Unternehmen mit 2,3 Mrd. Euro bewertet – und ist damit ebenso wertvoll wie die Smartphonebank N26. Ebenfalls eingeschlossen war die 243-Mill.-Euro-Investition in die Gehalts-App Hastee, die von Umbra Capital geführt und von IDC Ventures unterstützt wurde.Investoren mit Sitz in den USA investierten 2019 rund 6,4 Mrd. Euro in europäische Start-ups, was 29 % der gesamten offengelegten Investitionen entspricht. In Europa angesiedelte Investoren trugen insgesamt 13,1 Mrd. Euro bei, wobei der größte Teil mit 4,1 Mrd. Euro aus Frankreich kam, gefolgt von 3,9 Mrd. Euro aus Großbritannien. In Deutschland angesiedelte Investoren investierten 1,2 Mrd. Euro. Immer weniger ExitsIm Jahr 2019 beliefen sich die Exits aus Wagniskapitalinvestitionen in Europa auf insgesamt 7,6 Mrd. Euro bei 102 Transaktionen, was einem Rückgang von 35 % in Bezug auf Volumina und 25 % in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen im Vergleich zu 2018 entspricht. Die Anzahl der Exits ist in Europa zum fünften Mal in Folge gesunken, ausgehend von einem Höchststand von 267 Exits im Jahr 2014.