MeinAuto setzt auf Schub im Internet-Verkauf
Reuters München
Die Deutschen gehen nach Ansicht des Online-Händlers MeinAuto nüchterner an den Autokauf heran als früher. „Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert“, sagte der Chef des Börsenkandidaten, Rudolf Rizzolli, in einem Reuters-Interview. Immer mehr Kunden wollten ein Auto nutzen, aber nicht mehr besitzen. „Dieser unaufhaltsame Trend wird davon gestützt, dass die Marke selbst in Deutschland nicht mehr eine solch große Rolle spielt. Das Auto wird zunehmend de-emotionalisiert.“
Darauf setzt MeinAuto, denn Probefahrten kann und will der Autohändler nicht bieten. 90% der Kunden informierten sich vor dem Autokauf online – im Internet gekauft werden nur 2%. „Aber das nimmt rasant zu: Wir sind im vergangenen Jahr hoch zweistellig gewachsen, während der Markt insgesamt aufgrund des Covid-19-Umfelds geschrumpft ist“, sagte Rizzolli.
Insidern zufolge will das Unternehmen aus Oberhaching bei München den offiziellen Startschuss für den Börsengang kurz nach Ostern geben. Investmentbanker und Analysten sind angesichts des Erfolgs des Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto1 an der Börse optimistisch: Mit rund 2 Mrd. Euro könne MeinAuto dabei einschließlich Schulden bewertet werden. Organisiert wird der Börsengang Insidern zufolge von Bank of America, Citi und Barclays. Rizzolli und die genannten Banken wollten sich zu den Börsenplänen nicht äußern.
MeinAuto wüsste aber mit neuem Geld etwas anzufangen: „Bei uns geht es um die Finanzierung von Wachstum“, sagte Rizzolli. „Wenn wir zukaufen würden, dann allenfalls im digitalen Bereich, um unsere Reichweite zu vergrößern.“ Eine Expansion ins Ausland stellt der gebürtige Südtiroler hintenan. Der deutsche Markt für Neuwagen sei der größte in Europa.
Rund 40000 Autos hat MeinAuto im vergangenen Jahr verkauft oder verleast. Der britische Finanzinvestor Hg hatte die Firma mit 380 Mitarbeitern 2018 aus dem Kölner Start-up MeinAuto.de, der Flottenleasing-Tochter der HypoVereinsbank (HVB), Mobility Concept, sowie einem Vermittler von gesponserten Autos für Spitzensportler und Vereine zusammengebaut. Für die Führung heuerte er den ehemaligen Sixt-Leasing-Chef Rizzolli an. Das Großkundengeschäft mit Leasingflotten sei stabil, sagt er. Die „großen Wachstumschancen sehen wir vor allem im digitalen Privatkundengeschäft.“