Merck richtet Spezialchemie neu aus

Halbleitergeschäft soll Einbußen bei Flüssigkristallen ausgleichen - Marge schmilzt in Richtung 30 Prozent

Merck richtet Spezialchemie neu aus

Das Darmstädter Pharma- und Spezialchemieunternehmen Merck setzt auf Halbleiterprodukte, um die Erosion im Geschäft mit Flüssigkristallen künftig auszugleichen. Nach 2019 soll die Spezialchemiesparte Performance Materials wieder wachsen, doch die operative Marge sinkt nachhaltig auf 30 % ab. swa Frankfurt – Mit einer Neuausrichtung der zuletzt schwächelnden Spezialchemiesparte Performance Materials will der Merck-Konzern dem Ertragsverfall im Geschäft mit Flüssigkristallen entgegenwirken. Das Unternehmen will sich künftig stärker auf sein Sortiment an Halbleitermaterialien ausrichten. Hier geht es darum, der Chip-Industrie neue Lösungen für höhere Speicherkapazitäten, schnellere Prozesse und geringeren Energieverbrauch zu bieten, erklärt Spartenchef Kai Beckmann. Auch ein neuer Ansatz in Forschung und Entwicklung soll für neuen Schwung sorgen. Merck wolle in der Spezialchemie stärkeres Gewicht auf bestehende Kunden legen und Innovationen intensiver am Markt ausrichten. So soll die Zeit verkürzt werden, bis eine Produktidee auch Ertrag generiert. Merck kämpft im margenstarken Geschäft mit Flüssigkristallen für TV- und Handy-Displays seit geraumer Zeit mit neuen Wettbewerbern und Preisdruck in den Märkten. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Ertragserosion bei Flüssigkristallen in den kommenden Jahren anhält. Das Geschäft steht für 5 % des Konzernumsatzes, Merck ist weltweit Marktführer in dem Segment. Im ersten Quartal war der Umsatz der Sparte Performance Materials in dem Umfeld um 12,5 % rückläufig, wozu in erheblichem Umfang negative Währungseffekte beitrugen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) brach um gut ein Viertel ein, die Marge sank von 40,9 % auf 34,7 %. Im Jahr 2019 will Merck die Talsohle erreichen, danach soll wieder ein organisches Wachstum zwischen 2 und 3 % gezeigt werden. Neben den Halbleitermaterialien setzt Merck auch auf Oleds und Fotolacke für Flachbildschirme, ein Markt der aus Sicht des Unternehmens künftig im mittleren einstelligen Bereich, bei Oleds sogar hoch einstellig, zulegen wird. Wachstum rechnet sich das Unternehmen auch im traditionellen Geschäft mit Pigmenten für Autolacke und Kosmetika aus, allerdings in geringerer Dynamik als bei Halbleitermaterialien.Der sinkende Anteil von Flüssigkristallgeschäft wirkt sich signifikant in der operativen Marge der Spezialchemiesparte aus, die in den vergangenen Jahren deutlich über 40 % lag. Merck stellt nun auch nach der Rückkehr zu organischem Wachstum nach 2019 für die Sparte nur noch “dauerhaft” eine bereinigte Ebitda-Marge von rund 30 % in Aussicht. Das Geschäft mit Halbleitermaterialien liege in der Rentabilität leicht über dieser Marke, Pigmente leicht darunter, Display-Materialien werden sich von oben annähern, aber auch 2020 mindestens 30 % erreichen, wird betont. EffizienzthemenFinanzchef Marcus Kuhnert erläutert, dass Merck für die Sparte Performance Materials auch 2019 noch moderate Umsatz- und Ergebniseinbußen erwartet. Erst danach werden die anderen Aktivitäten den Ertragsrückgang bei Bildschirmmaterialien überkompensieren. Kuhnert ergänzt, dass der Fokus nun auf Wachstum liege, man schaue sich aber auch Effizienzthemen an und arbeite an Kostenstrukturen. Übernahmen will Merck in der Spezialchemie erstmal nicht in Angriff nehmen. “Meine Wunschliste wäre da”, sagt Beckmann. Er wisse aber, dass “wir im Moment nicht viel ausgeben können” und halte sich zurück. Merck arbeitet noch am Schuldenabbau aus der 17 Mrd. Dollar schweren Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich.