Meyer Burger setzt den Rotstift an
Meyer Burger setzt den Rotstift an
Solarmodulhersteller will Mitarbeiterzahl von 1.050 auf 850 reduzieren – Überproportionaler Abbau in Europa geplant – CEO und CFO streichen die Segel
Der unter Druck geratene Schweizer Solarmodulhersteller Meyer Burger will sich mithilfe eines neuen Vorstands künftig schlanker aufstellen. Die Belegschaft soll von rund 1050 Mitarbeitenden auf voraussichtlich 850 bis Ende 2025 schrumpfen. An der Führungsspitze übernimmt Verwaltungsratspräsident Franz Richter.
kro Frankfurt
Der seit Jahren defizitäre Schweizer Solarmodulhersteller Meyer Burger will mithilfe eines neuen Vorstands und Stellenstreichungen künftig wieder schwarze Zahlen schreiben. Von derzeit rund 1.050 Mitarbeitenden sollen Ende 2025 voraussichtlich 850 Beschäftigte übrig bleiben, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Der Stellenabbau soll überproportional in Europa erfolgen, wobei gleichzeitig ein Stellenaufbau in den USA vorgesehen ist. Meyer Burger arbeitet in Goodyear im Bundesstaat Arizona derzeit am Hochlauf einer Modulproduktion mit einer Kapazität von 1,4 Gigawatt. Neben dem Stellenabbau will das Unternehmen auch Möglichkeiten zur Generierung zusätzlicher Einnahmen prüfen und die Liquidität unter anderem durch den Verkauf von Vermögensgegenständen stützen.
Meyer Burger hofft mit den Maßnahmen ab dem Jahr 2026 auf einen Umsatz von rund 350 Mill. bis 400 Mill. sfr zu kommen. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Erlöse von 135 Mill. sfr eingefahren. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll 2026 dann im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegen – hier stand zuletzt ein Minus von fast 164 Mill. sfr. Der Aktienkurs der Schweizer gab zur Wochenmitte zeitweise um rund 10% nach. Wurden die Titel zu Beginn des vergangenen Jahres noch zu knapp 200 sfr das Stück gehandelt, kosteten sie zuletzt keine 2 sfr mehr.
Preisverfall belastet Hersteller
Das Unternehmen leidet wie viele seiner Wettbewerber schon länger unter einem Preisverfall für Solarmodule, da chinesische Hersteller den Markt in Europa mit subventionierten günstigeren Konkurrenzprodukten fluten. Aus der Volksrepublik kamen zuletzt 80% der weltweiten Modulkapazitäten.
Meyer Burger hatte zu Beginn des Jahres politische Maßnahmen zur Herstellung besserer Wettbewerbsbedingungen in Europa gefordert. Dabei ging es dem Unternehmen sowie anderen Produzenten unter anderem um die Einführung eines sogenannten Resilienzbonus, der den Einsatz von europäischen Fotovoltaik-Komponenten mit einer höheren Vergütung fördern sollte. Der Vorschlag war allerdings umstritten und fand schließlich auch keinen Eingang im Ende April beschlossenen Solarpaket zur Förderung von Solarenergie in Deutschland.
Meyer Burger hatte ein Werk im sächsischen Freiberg mit 500 Beschäftigten im Frühjahr dichtgemacht – nach Angaben der Schweizer handelte es sich um die größte Solarmodul-Produktion in Europa. Zugleich hatte der Konzern eine Kapitalerhöhung von 207 Mill. sfr. durchgeführt, um eine Verlagerung des Kerngeschäfts in die USA bewerkstelligen zu können, wo milliardenschwere Subventionen aus dem Inflation Reduction Act winkten.
Kehrtwende in den USA
Die Pläne wurden Ende August jedoch ad acta gelegt, da die Errichtung einer 2-Gigawatt-Zellfabrik in Colorado Springs vom Management schließlich als doch nicht finanzierbar erachtet wurde. Stattdessen wolle man sich fortan auf die Produktion in Goodyear konzentrieren und ein bestehendes Werk in Thalheim bei Bitterfeld-Wolfen weiter betreiben, hieß es damals.
Die Solarzellenfabrik in Sachsen-Anhalt mit 350 Beschäftigten sollte laut früheren Plänen eigentlich auch heruntergefahren werden. Im Rahmen der Neuausrichtung hatte Meyer Burger Ende August denn auch ein Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm angekündigt und die Vorlage seines Halbjahresberichts von Mitte auf Ende September verschoben. Im Verwaltungsrat trat Vizepräsident Mark Kerekes zurück.
Die Neuausrichtung bringt nun weitere personelle Veränderungen im Management mit sich. Konzernchef Gunter Erfurt, der 2015 zu Meyer Burger gestoßen war, legt sein Amt als CEO nieder. Er werde das Unternehmen verlassen, teilte der Konzern weiter mit. Seine Rolle übernehme ab sofort der derzeitige Verwaltungsratspräsident Franz Richter, der nach Konzernangaben über langjährige Erfahrung im Bereich der Restrukturierung von Industrieunternehmen verfügt.
Der studierte Physiker und Doktor der Ingenieurwissenschaften ist derzeit auch Aufsichtsratsvorsitzender beim UV-Technikanbieter Dr. Hönle. Er betonte, dass Erfurt als CEO von Meyer Burger nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die europäische und amerikanische Solarindustrie „unermüdlichen Einsatz“ gezeigt habe und so „zu einem renommierten Fürsprecher für die Branche weltweit geworden" sei.
Neben dem bisherigen CEO wird auch Finanzchef Markus Nikles den Solarmodulhersteller verlassen, allerdings erst Ende September dieses Jahres, wie es weiter hieß. Für die Bereiche Finanzen und Controlling sind in der Folge bis auf Weiteres die beiden Executive Vice Presidents Ralf Hermkens und Frank Zimmermann zuständig.
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