Michelin sorgt für Bremsspuren
wb Frankfurt – Michelin, die Nummer 2 der globalen Reifenhersteller, hat den Ausblick für den Pneu-Markt deutlich gesenkt. Die schwache Prognose hat die Aktie nicht nur der Franzosen gedrückt, sondern in Europa auch in den Kursen der Wettbewerber Continental und Pirelli für Bremsspuren gesorgt. Statt 1,5 % werde der globale Autoreifenmarkt dieses Jahr nur mehr um 0,5 %t zulegen, warnt Michelin. Für den Lkw-Reifenmarkt geht Michelin sogar von einem Rückgang um 1,5 % aus. Zuvor hatte das Unternehmen noch eine Zunahme um 0,5 % erwartet. Im vierten Quartal dürften sich die Verkäufe abschwächen, heißt es. Die neuerliche Gewinnwarnung von Daimler trägt nicht dazu bei, das Vertrauen in die Industrie zu fördern.Die 2017 an die Börse zurückgekehrte Pirelli aus Mailand hat mit ihrem anderen Produktmix dem größeren französischen Rivalen widersprochen. Continental will sich zu dem Reifenausblick aktuell nicht äußern. Im ersten Halbjahr trug diese Sparte 41 % zum Konzernergebnis vor Steuern und Zinsen von 2,14 Mrd. Euro bei und leistete damit den mit Abstand größten Beitrag.Michelin aus Clermont-Ferrand ist insbesondere mit Blick auf China deutlich pessimistischer gestimmt und warnt vor sinkenden Umsätzen in Europa und China. Angesichts des deutlichen Rückgangs der Märkte für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge und Lkw gegen Ende des dritten Quartals und der für das vierte Quartal erwarteten weiteren Schwäche hat die Gruppe ihr Marktszenario insbesondere auch in China, überarbeitet, heißt es. Der Kurs des an der Börse Paris mit 15,9 Mrd. Euro bewerteten Konzerns gab am Freitag um 10,1 % nach. Die US-Wettbewerber Cooper Tire & Rubber und Goodyear fielen zuvor in New York um knapp 5 %. Das Papier von Pirelli (Marktkapitalisierung: 5,9 Mrd. Euro), Anfang Oktober vergangen Jahres zu 6,50 Euro platziert, gab 5,1 % auf 5,87 Euro nach. Die Aktie von Continental (26,1 Mrd. Euro Börsenwert), ohnehin von zwei Gewinnwarnungen in diesem Jahr gebeutelt, sackte um 5,2 % ab und landete damit auf dem tiefsten Niveau seit fünf Jahren. Anfang Januar, als die Pläne zur Konzernaufspaltung durchsickerten, notierte sie noch bei 257 Euro, am Freitag waren es 130,70 Euro, ein Abschlag von knapp der Hälfte. China-Schwäche belastet Die Nachfrage nach Michelin-Produkten sank in Westeuropa aufgrund neuer Emissionsprüfungsstandards, die den Autoabsatz in Europa erschweren, und wegen der wichtigsten internationalen Region China, wo der Markt eingebrochen ist. Die Probleme der OEM wegen der strengeren Abgasuntersuchungen, auf die sich die Konzerne zu spät eingestellt haben, werden auch im Rest des Jahres anhalten. VW hatte mitgeteilt, ihre Lieferziele möglicherweise nicht zu erreichen, und auch BMW reduziert die Produktion. Hinzu kommen die Belastungen aus den Handelsstreitigkeiten der USA mit China.Pirelli distanzierte sich von der Michelin-Warnung. CEO Marco Tronchetti Provera bestätigte seine Gewinnziele und verwies auf einen starken Markt in China und ein Absatzwachstum von mehr als 10 % mit High-End-Reifen. Der Lieferant von Luxusmarken wie Ferrari und Bentley sieht auch im nächsten Jahr keine Abschwächung, sagte Tronchetti laut Bloomberg.Michelin erwartet nun für das Gesamtjahr einen leichten Mengenanstieg und sagt einen Marktanteilsgewinn voraus. Die Preise würden aufgrund von Währungsabwertungen in Schwellenländern stark steigen, was den Absatz belastet. Der Konzern bleibt dabei, zwischen 2017 und 2020 rund 1,2 Mrd. Euro einsparen zu wollen. Die Preise wurden erhöht, um gestiegene Kosten für Rohstoffe wie Natur- und Synthesekautschuk auszugleichen, heißt es.Michelin profitiere von einer stärkeren Nachfrage nach großen Fahrzeugreifen und der Erholung bei Spezialitäten. Während auf Basis gleichbleibender Wechselkurse der Umsatz um 3,9 % auf 16,2 Mrd. Euro stieg, fielen die Erlöse unter Einberechnung von Währungsschwankungen um 1,1 %. Im Consumer-Geschäft fielen die Einnahmen um 5,9 % auf 8,3 Mrd. Euro. Für das dritte Quartal wird ein Umsatzzuwachs von 5,2 % auf 5,6 Mrd. Euro gemeldet. Gang zurückgeschaltetDer Autoabsatz ist wie berichtet im September stark gesunken. In Europa folgte auf den kräftigen Zuwachs eine deutliche Gegenbewegung. In China fällt die Entwicklung ebenfalls negativ aus. Auch die USA, Indien und Japan lagen im Minus. Brasilien und Russland legten dagegen zu. Laut VDA war Europas Pkw-Markt erneut von der Einführung des WLTP-Prüfzyklus geprägt. Nach einem Zuwachs von 30 % im August brach der Absatz von Neufahrzeugen um 23 % auf 1,1 Millionen Einheiten ein. Von den größten Einzelmärkten verzeichnete Deutschland mit 31 % den stärksten Rückgang. In den USA sank der Light-Vehicle-Absatz (Pkw, Light Trucks) um 6 % auf 1,4 Millionen Fahrzeuge. China war zum dritten Mal in Folge im Minus: Mit zwei Millionen Autos lag das Volumen 12 % unter Vorjahresniveau.