US-Chiphersteller

Micron setzt den Rotstift an

Der Schwund der Nachfrage nach Elektrogeräten macht der Halbleiterbranche schwer zu schaffen. Der größte Speicherchiphersteller der USA folgt nun dem Beispiel von Intel, Nvidia sowie Qualcomm und tritt auf die Kostenbremse.

Micron setzt den Rotstift an

kro Frankfurt

Der größte Speicherchiphersteller der USA, Micron Technology, will sich mit umfassenden Sparmaßnahmen gegen den jähen Preiseinbruch in der Branche stemmen. So plane der Rivale der beiden südkoreanischen Hersteller Samsung und SK Hynix, im kommenden Kalenderjahr 10 % der zuletzt 48 000 bestehenden Stellen zu reduzieren, Aktienrückkäufe auszusetzen, Managergehälter zu senken und Bonuszahlungen zu streichen, wie der Konzern im Zuge der Ergebnisveröffentlichung aus dem ersten Geschäftsquartal 2023 mitteilte.

„Die Industrie erlebt gerade das heftigste Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Dram- und Nand-Speichern seit 13 Jahren“, sagte Micron-CEO Sanjay Mehrotra bei der Zahlenvorstellung. Das Preisumfeld habe sich in den vergangenen Monaten erheblich verschlechtert. Das Unternehmen werde daher deutliche Einschnitte bei den Investitionsausgaben vornehmen und auch die Betriebsausgaben senken. Im vergangenen Monat hatte Micron zudem bereits angekündigt, die Produktion um rund 20 % zurückzufahren.

Ernüchternder Ausblick

An der Börse gab die Aktie des im Bundesstaat Idaho ansässigen Unternehmens zeitweise um rund 5 % nach. In den Sog gerieten auch die Papiere der US-Halbleiterausrüster Applied Materials und Lam Research. Seit Jahresbeginn ist der Kurs von Micron bereits um mehr als 45 % eingeknickt. Wo die Branche noch im vergangenen Jahr große Probleme hatte, der exorbitant gestiegenen Chipnachfrage hinterherzukommen, machen ihr nun ein Überangebot und eine nachlassende Kaufbereitschaft von Verbrauchern für Elektronikprodukte wie Computer und Smartphones zu schaffen. Die Hersteller dieser Geräte bleiben aktuell vielfach auf ihren Vorräten sitzen und halten sich mit ihren Bestellungen für Chips entsprechend zurück.

In der Folge ging der Umsatz von Micron in den drei Monaten bis Anfang Dezember um 47 % auf knapp 4 Mrd. Dollar zurück. Der Verlust von 4 Cent je Aktie fiel zudem deutlich höher aus als von Analysten erwartet. Für das laufende zweite Geschäftsquartal rechnet der Konzern sogar mit einem doppelt so hohen Verlust wie von Analysten geschätzt: Auf 62 Cent je Aktie soll sich das Minus belaufen. Am Markt waren 30 Cent je Aktie erwartet worden. Die Umsatzprognose von 3,8 Mrd. Dollar liegt hingegen etwas oberhalb der Markterwartungen.

CEO Mehrotra geht davon aus, dass die Lagervorräte der Gerätehersteller derzeit ihren Höhepunkt erreichen und zur Mitte des Jahres 2023 auf ein „gesünderes“ Niveau zurückkommen dürften. Die Profitabilität werde zwar über das ganze kommende Jahr hinweg eine Herausforderung bleiben. Langfristig rechnet er sich jedoch mit Blick auf die Fortschritte beim Thema künstliche Intelligenz und Automatisierung in der Industrie Chancen aus, die zu profitablem Wachstum führen dürften.

In ihren ersten Reaktionen hielten die Analysten von Goldman Sachs, J.P. Morgan und Credit Suisse zunächst an ihren Einstufungen und Kurszielen für Micron fest. J.-P.-Morgan-Experte Harlan Sur geht davon aus, dass sich die Aktie 2023 positiv entwickeln wird, da der Markt eine Erholung der Umsätze und Preise im zweiten Halbjahr einpreisen wird, wie er in einer Schnelleinschätzung schreibt. Sein Kursziel von 65 Dollar liegt knapp 29 % über dem aktuellen Kurs.

Industrie hat Bedarf

Micron ist nicht der erste Chiphersteller, der sich nun entschlossen hat, auf die Kostenbremse zu treten. Ende Oktober hatte Intel beispielsweise ein Sparziel von 10 Mrd. Dollar bis 2025 ausgegeben. Nvidia hatte seinerseits schon im Mai angekündigt, bei den Neueinstellungen mehr Zurückhaltung walten zu lassen. Und Qualcomm kündigte Anfang November einen Einstellungsstopp an.

Bei Konzernen, die auf bestimmte Chips für die Automobil-, Industrie- und Erneuerbare-Energien-Märkte spezialisiert sind, florieren die Geschäfte wiederum. Infineon etwa hatte Mitte November seine Anleger mit einem robusten Jahresausblick und einer erhöhten Langfristprognose erfreut. Um die hohe Nachfrage bedienen zu können, investiert der Dax-Konzern Milliarden in den Ausbau seiner Fertigungskapazitäten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.