Mietendeckel für Berlin verschreckt Investoren

Eckpunkte des Senats für Stadtentwicklung - Wohnimmobilienaktien unter Druck - KPMG erwartet steigende Risiken für Anleger

Mietendeckel für Berlin verschreckt Investoren

Pläne der Senatsverwaltung, die Mieten in Berlin für fünf Jahre einzufrieren, haben Investoren in Unruhe versetzt. Die Aktienkurse großer Wohnungsvermieter gaben am Donnerstag kräftig nach. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG warnt, dass die Risiken für Immobilieninvestoren zunehmen.hek Frankfurt – Der rot-rot-grüne Senat in Berlin plant ein weitreichendes Verbot von Mietsteigerungen. Das geht aus Eckpunkten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen für ein Berliner Mietergesetz hervor. Obwohl seit Monaten über einen Mietendeckel diskutiert wird, wurden Investoren am Donnerstag auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktien der deutschen Großvermieter kamen stark unter Druck. Der Dax-Konzern Vonovia gab 4,7 % nach. Deutsche Wohnen, größter Wohnungskonzern in Berlin, verloren sogar 7,7 %, die ebenfalls im MDax vertretene Grand City Properties 3,2 %.Das Papier von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) sieht vor, dass die Mieten in Berlin für fünf Jahre nicht erhöht werden dürfen. Bei der Neuvergabe von Wohnungen darf höchstens die zuletzt vereinbarte Miete aus dem vorherigen Vertrag verlangt werden. Zudem sollen allgemeingültige Mietobergrenzen festgelegt und darüber hinausgehende Mieten auf Verlangen des Mieters gesenkt werden. Auch sollen Modernisierungen deutlich erschwert werden. Die neuen Regelungen sollen ab 2020 greifen. Ausgenommen sind Neubauten und Sozialwohnungen.Der Vorstoß zeigt, dass die regulatorischen Risiken für Investoren in Wohnimmobilien zunehmen – ein Punkt, auf den auch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG und die Immobilienakademie Irebs an der Universität Regensburg in einer Analyse hinweisen. Im Frühjahr hatte bereits die Kampagne zur Enteignung von Großvermietern in Berlin die Verunsicherung geschürt. Die Bürgerinitiative “Deutsche Wohnen und Co enteignen” sammelt Unterschriften für ein Volksbegehren zur Verstaatlichung von Wohnungsbeständen, die Vermietern mit mehr als 3 000 Wohnungen gehören. “Kollektives Versagen”Der Immobilienverband ZIA stufte die Pläne für ein Mietenmoratorium als “fatales Signal nach außen” ein. Durch einen Mietendeckel werde es für Investoren unattraktiv zu bauen. Das schade auch den Mietern.Das Potenzial für weitere Mietsteigerungen stufen KPMG und Irebs allerdings in vielen Wohnungsmärkten als begrenzt ein. “Erschwinglicher Wohnraum ist zum Politikum geworden, und der Gesetzgeber wird mit weiterer mietdämpfender Regulierung reagieren”, sagte Irebs-Geschäftsführer Tobis Just. “Wir glauben nicht, dass sich die starken Mietsteigerungen in den Städten so fortsetzen.” Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Die Zuwanderung aus dem Ausland und durch jüngere Menschen lasse in den nächsten Jahren nach. Die Folge: Steigende Immobilienpreise ließen sich dann immer seltener durch potenzielle Mietsteigerungen rechtfertigen: “Investoren müssen vorsichtiger kalkulieren und mit sinkenden Preisen rechnen.”Bei Wohnimmobilien gibt es laut der Studie eine Zweiteilung zwischen Ballungszentren und dem Land. In den Zentren könne der akute Wohnbedarf nur durch umfangreichen Neubau gedeckt werden. Steigende Baukosten, der zögerliche Ausweis von Bauland, zu lange Genehmigungsprozesse und die Überregulierung im Baurecht hätten die Preise nach oben gedrückt. Der Staat treibe die Mieten mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer im Wohnungsneubau zusätzlich an.KPMG-Real-Estate-Chef Hans Volckens sprach am Donnerstag mit Blick auf die unzureichende Wohnraumschaffung von einem “kollektiven Versagen” der Beteiligten und einer “Spaltung der Gesellschaft” zwischen denjenigen, die eine Wohnung haben, und denen, die suchen.Inzwischen jedoch verlören viele Großstädte Einwohner, wenn man den Zuzug durch Flüchtlinge oder Jobsucher aus dem EU-Ausland herausrechne. Die hohen Preise führten dazu, dass die Menschen ins Umland auswichen. “Dies entlastet zwar die städtischen Wohnimmobilienmärkte, führt aber zu erhöhten Pendlerzahlen und stellt die Verkehrsinfrastruktur vor enorme Herausforderungen”, so Just. Schmieröl NiedrigzinsenInsgesamt befindet sich der deutsche Immobilienmarkt nach den Angaben in der Studie weiter in starker Verfassung. Preise und Mieten hätten in fast allen Nutzungsarten Höchststände erreicht. Das internationale Niedrigzinsumfeld sei das Schmieröl für die Immobilieninvestmentmärkte, sagte Volckens. Immobilien seien eine der wenigen Assetklassen, die noch eine gewisse Rendite brächten. Institutionelle Anleger wie Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen stünden vor der Notwendigkeit, im späten Immobilienzyklus weitere Liquidität zu investieren. Das erhöhe die Gefahr, Bestände überteuert zu erwerben. Die Risiken für Investoren nähmen zu. Mietsteigerungen könnten wesentlich nur noch im Bürosektor umgesetzt werden. Zwar sei für die nächsten vier Quartale keine Zinswende zu erwarten, doch hätten viele Investoren die konjunkturellen Risiken zu wenig im Blick. “Alle starren auf die Zinsen”, sagte Volckens. Rezessive Tendenzen könnten sich erheblich auf die Beschäftigtenzahlen und damit auf den Bedarf an Büroflächen auswirken.