Milliardendeal stößt bei Investoren auf Skepsis
Der Gabelstaplerproduzent Kion kauft groß zu und billigt dem Anlagenbauer Dematic einen Wert von 3,25 Mrd. Dollar zu. Der Vorstand ist von der strategischen Sinnhaftigkeit überzeugt, die Investoren zweifeln.ak Düsseldorf – Mit einer unerwartet großen Übernahme hat der Gabelstaplerhersteller Kion am Dienstag die Investoren überrascht. Für den Preis von 2,1 Mrd. Dollar kauft der MDax-Konzern die Automatisierungsspezialistin und frühere Siemens-Tochter Dematic aus Private-Equity-Besitz. Die Schuldenübernahme eingerechnet, liegt der Transaktion eine Unternehmensbewertung von 3,25 Mrd. Dollar zugrunde. Verkäufer sind AEA Investors und Ontario Teachers’ Pension Plan.Mit dem Großeinkauf will Kion die Präsenz in Nordamerika entscheidend ausbauen. Dort macht Dematic zwei Drittel ihres Geschäftes. Zudem will Kion mit dem Zukauf des Anlagenbauers zu einem Komplettanbieter von Intralogistik werden. Dematic baut fahrerlose Transport- und automatisierte Lagersysteme, Sortieranlagen und Fördersysteme.Kion hatte schon länger nach einer Expansionsmöglichkeit in den USA gesucht und sich für automatisierte Systemlösungen interessiert. Im vergangenen Jahr waren mit Egemin und Retrotech zwei kleinere Akquisitionen in dieser Richtung gelungen, die jeweils ein Volumen im zweistelligen Millionenbereich aufwiesen. Der große Wurf allerdings war das nicht. Mit Dematic ist der zu verdauende Brocken nun umso größer. Kion kann für den Erwerb zunächst auf eine Brückenfinanzierung über 3 Mrd. Euro zurückgreifen. Sie sei von einer Gruppe Banken fest zugesagt worden, teilte Kion mit, ohne Details zu nennen. Die Akquisition soll dann durch eine Kapitalerhöhung, langfristige Kapitalmarktschulden und Bankkredite refinanziert werden. Kion will bis zu 10 % neue Aktien ausgeben und würde damit das gesamte gegenwärtig genehmigte Kapital ausschöpfen. Das Closing wird im vierten Quartal erwartet. Kion rechnet nicht mit kartellrechtlichen Problemen.Die Pläne stießen bei den Investoren auf deutliches Missfallen. Die Kion-Aktien gaben um 6,9 % nach. Die Linde-Abspaltung, die 2013 an die Börse gegangen war, hatte erst im April ihr bisheriges Allzeithoch mit 52,64 Euro erreicht. Sportliche BewertungDie Unternehmensbewertung von Dematic entspricht dem 17- bis 19-fachen Ebit des laufenden Geschäftsjahres, da das Unternehmen mit einem operativen Ergebnis im aktuellen Turnus von 170 bis 190 Mill. Dollar rechnet. Die Baader Bank merkte in einer Analyse kritisch an, dass die Bewertung der künftigen Tochter damit deutlich über der von Kion liege. Die weltweite Nummer 2 im Gabelstaplermarkt kommt auf das 12-Fache des bereinigten Ebit, hat aber im vergangenen Geschäftsjahr mit 9,5 % Rendite sogar einen Schnaps mehr erwirtschaftet als Dematic (siehe Grafik).In einer Investor-Relations-Präsentation betonte der Vorstand den starken Margenzuwachs bei Dematic. Die Entwicklung passe zu dem Ziel von Kion, die bereinigte Ebit-Marge nachhaltig auf einen zweistelligen Prozentwert zu bringen.An Kostensynergien will das Kion-Management in zwei bis drei Jahren 1 bis 2 % des Dematic-Umsatzes heben. Das entspräche 18 Mill. bis 36 Mill. Dollar. Dematic soll in den Kion-Konzern integriert werden und zusammen mit Egemin und Retrotech eine fünfte Sparte bilden. Die Einheit soll von Dematic-CEO Ulf Henriksson geführt werden.Vorstandschef Gordon Riske hatte in jüngster Zeit die Zukaufsbereitschaft immer wieder betont und sich einigen Finanzspielraum geschaffen. Ende des vergangenen Jahres hatte Kion die Nettoverschuldung auf 573 Mill. Euro und damit den niedrigsten Stand der zehnjährigen Geschichte gedrückt. Das entsprach einem Verschuldungsgrad von 0,7 (im Verhältnis zum Ebitda). Kion verfügt bislang über ein “BB+”-Rating von S & P mit positivem Ausblick und ist bei Moody’s mit “Ba1” eingestuft.Der Siemens-Konzern hatte Dematic 2006 als Sanierungsfall an den Finanzinvestor Triton verkauft, der den Logistikspezialisten 2012 für knapp 800 Mill. Euro an AEA und den kanadischen Pensionsfonds weitergereicht hatte.AEA gilt als Pionier bei Private Equity und war 1968 von den Familien Rockefeller, Mellon und Harriman sowie S.G. Warburg gegründet worden.