Milliardensubvention für Wasserstoffstrategie
Mit überschüssigem Windstrom kann grüner Wasserstoff erzeugt werden, der fossile Energieträger ersetzt. Um die neue Technik zur Marktreife zu bringen, will die Bundesregierung mehr als 2 Mrd. Euro bis 2025 ausgeben. Profiteure sind Unternehmen wie Air Liquide, Linde oder der Wasserstoff-Lkw-Hersteller Nikola.cru Frankfurt – Wirtschaftsminister Peter Altmaier will die Zukunftstechnologie “grüner” Wasserstoff in den kommenden Jahren entscheidend vorantreiben und mit einem Gesamtbetrag von mehr als 2 Mrd. Euro finanziell fördern. “Wasserstoff bietet auch für die Exportnation Deutschland große industriepolitische Chancen”, heißt es in einem Entwurf des Ministeriums zu einer “Nationalen Wasserstoffstrategie”, der der Börsen-Zeitung vorliegt. Die Bundesregierung habe bereits früh das Potenzial von Wasserstofftechnologien erkannt.”So haben wir im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) von 2006 bis 2016 rund 700 Mill. Euro an Fördermitteln bewilligt, bis 2026 sollen weitere 1,4 Mrd. Euro vergeben werden.” Hinzu kämen die “Reallabore der Energiewende”, welche den Technologie- und Innovationstransfer von der Forschung in die Anwendung auch bei Wasserstoff beschleunigen, mit einem Fördervolumen von bis zu 600 Mill. Euro bis 2025.Auch viele andere Länder wie Südkorea, Japan, China, Norwegen, Schweden oder Österreich setzen zukünftig verstärkt auf Wasserstoff. Profiteure des globalen Vorstoßes sind unter anderem Unternehmen wie Air Liquide, Linde oder Weichai Power. Falls die Vision der Regierungen weltweit tatsächlich wahr wird, sind ein Dutzend Konzerne schon heute besonders gut positioniert, um davon zu profitieren. Zu diesen Unternehmen zählen die Investmentbanker von Morgan Stanley unter anderem den Amsterdamer Nutzfahrzeughersteller CNH International mit seinem Investment beim Wasserstoff-Lastwagenhersteller Nikola sowie den US-Dieselmotorenhersteller Cummins mit dem Brennstoffzellenentwickler Hydrogenics oder den Eisenbahnkonzern Alstom mit seinen Wasserstoffzügen. Für Schwerlaster und IndustrieDas Bundeswirtschaftsministerium will im Zuge des Kampfes gegen den Klimawandel den Wasserstoff-Einsatz unter anderem für Schwerlaster und in der Industrie ausbauen. Dabei solle rund ein Fünftel des benötigten Wasserstoffes im Jahr 2030 mit Strom aus Wind, Wasser und Sonne erzeugt werden, heißt es in dem Strategiepapier.Um dem Wasserstoff im Verkehr zum Durchbruch zu verhelfen, ist zudem eine verschärfte Quote für CO2-freie Kraftstoffe vorgesehen. Diese soll bis 2030 bei 20 % liegen und somit höher als von der EU vorgesehen. Unbestimmt bleibt das Konzept allerdings beim Knackpunkt für die Wasserstofferzeugung aus Strom, die noch als zu teuer gilt: Man wolle prüfen, ob man staatliche Abgaben hier reformieren könne.Nach Berechnung von Morgan Stanley müssten zur Einhaltung des Pariser Vertrags bis 2050 rund 20 Bill. Dollar in Wasserstoff investiert werden. Damit könnten 6 Gigatonnen an Emissionen vermieden werden. Das Problem: Derzeit ist sauberer Wasserstoff so teuer in der Erzeugung, dass er keine bezahlbare Option zur CO2-Vermeidung ist.Grünem Wasserstoff komme eine “zentrale Rolle” bei der Energiewende zu, heißt es im Strategiepapier. Die Rahmenbedingungen für die Erzeugung und Verwendung von Wasserstoff sollen verbessert, die notwendigen Versorgungsstrukturen aufgebaut und Forschung und Innovationen vorangebracht werden.Der seit längerem erwartete Wasserstoff-Entwurf ist nun in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Deutsche Unternehmen seien weltweit führend bei Wasserstofftechnologien, heißt es darin. “Um diese Potenziale zu heben, werden wir jetzt die Weichen dafür stellen, dass Deutschland bei Wasserstofftechnologien seine globale Vorreiterposition sichert.”Bei der Erzeugung von “grünem” Wasserstoff ist es das Ziel, die bisher hohen Herstellungskosten zu senken. Dazu ist eine Förderung der Industrie vorgesehen. Im Verkehr sollen wasserstoffbasierte Antriebe und der Ausbau einer Zulieferindus-trie rund um die Brennstoffzelle unterstützt werden. Ein besonderer Fokus müsse auf den Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes und auf die Versorgung der Industrie gelegt werden, heißt es im Strategiepapier. Speicher für ÖkostromAn Tagen, an denen die Sonne hell scheint und der Wind kräftig weht, produzieren Windräder und Solaranlagen mehr grünen Strom, als ins Netz eingespeist werden kann. Dieser Überschuss könnte künftig eingesetzt werden, um mit dem Strom Wasserstoff zu erzeugen, der wiederum fossile Energieträger in vielen Verwendungen ersetzen könnte. Wasserstoff kann zum Beispiel in Brennstoffzellen Wasserstoffautos oder -Lkw antreiben, als Basis für synthetische Kraft- und Brennstoffe genutzt werden oder zum Heizen.Wasserstoff ist ein wesentlicher Baustein der Sektorkopplung – der Vernetzung von Energiewirtschaft und Industrie mit dem Zweck, fossile Energieträger durch Erneuerbare zu ersetzen. Dort wo Strom aus erneuerbaren Energien nicht direkt eingesetzt werden kann, sind grüner Wasserstoff und seine Folgeprodukte (Power-to-X) eine Option.Bei zahlreichen chemischen Prozessen ist Wasserstoff unabdingbar. Als Grundstoff wird er in der Herstellung von Ammoniak benötigt oder kann künftig als Kohleersatz in der Stahlerzeugung genutzt werden.Bestimmte industrielle Kohlendioxid-Quellen, zum Beispiel in der Zementindustrie, lassen sich langfristig nur mit Hilfe von Wasserstoff dekarbonisieren. So lassen sich abgefangene industrielle CO2-Emissionen mit Wasserstoff in verwertbare Chemikalien umwandeln (CCU). So werden auch neue Wertschöpfungsketten für die Grundstoffindustrie erschlossen. “Damit Wasserstoff ein zentraler Bestandteil unserer Dekarbonisierungsstrategie werden kann, muss die gesamte Wertschöpfungskette (Technologien, Komponenten, Erzeugung, Speicherung) in den Blick genommen werden.”