Milliardenübernahme von Isra Vision fast perfekt
cru Frankfurt – Der Milliardendeal zur Übernahme des Darmstädter Technologieunternehmens Isra Vision durch den schwedischen Industriekonzern Atlas Copco ist trotz der Wirtschaftskrise fast perfekt: Bis zum Ende der ersten Annahmefrist am 8. April wurde das öffentliche Angebot der Schweden vom 28. Februar über 50 Euro je Aktie, das Isra Vision mit 1,1 Mrd. Euro bewertet, für rund 13,7 Millionen Aktien und somit 62,6 % aller Aktien der Darmstädter angenommen, wie Atlas Copco mitteilt. Zusammen mit den am Markt eingesammelten 13,7 % kommt Atlas auf 76,3 %.Damit halten die Schweden nach Vollzug des Übernahmeangebots die Mehrheit der Aktien von Isra Vision und konsolidieren das Darmstädter Unternehmen künftig in ihrer Bilanz. Isra-Vision-Aktionäre, die ihre Aktien noch nicht angedient haben, können das Angebot während der weiteren Annahmefrist noch annehmen, die von heute an bis zum 29. April läuft. Das Angebot steht noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die berüchtigte US-Superbehörde CFIUS zur Kontrolle ausländischer Investitionen in den USA. Der Kurs der Isra-Vision-Aktie stand am Mittwoch nahezu unverändert bei 49,88 Euro. Damit hat sich der Börsenwert des Unternehmens jedoch binnen drei Jahren verdoppelt auf 1,1 Mrd. Euro – das 33-Fache des Gewinns vor Zinsen und Steuern. Haupteigentümer ist mit 25 % der Gründer und Vorstandschef Enis Ersü.Atlas Copco will Isra Vision nach der Übernahme nach Möglichkeit von der Börse nehmen, aber nicht um jeden Preis und vorerst ohne einen Beherrschungsvertrag anzustreben. Es werde keinesfalls ein Preis oberhalb der öffentlich gebotenen 50 Euro gezahlt, hieß es. Mit dieser Ankündigung sollen offenbar Hedgefonds von einem Einstieg und der Spekulation auf eine erhöhte Abfindung abgehalten werden. Keine ÜberschneidungenMit dem Zukauf wollen die Schweden ihr Geschäft mit der Digitalisierung und Automatisierung der Industrieproduktion stärken. Die beiden Unternehmen ergänzen sich gut, Überschneidungen oder geplante Kostensenkungen gibt es jedoch nicht – also voraussichtlich auch keinen Personalabbau. Mit den “sehenden Systemen” – hochauflösenden Kameras – von Isra Vision lassen sich Roboter steuern und Oberflächen von Metallen prüfen, etwa zur Qualitätskontrolle. Der 66 Jahre alte Gründer und Vorstandschef Ersü sieht den Verkauf als Lösung für die Suche nach einem Nachfolger. Der Vereinbarung vom Februar zufolge soll innerhalb eines Jahres ein neuer Isra-Vorstandschef gefunden werden.Isra spürt nach eigenen Angaben bereits “erste Auswirkungen” des Coronavirus im Auftragseingang, wie es im Bericht zu Zahlen fürs erste Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 hieß, das die Monate Oktober bis Dezember 2019 umfasst. “Trotz positiven Starts in das zweite Quartal und guter Auftragspipeline sind erste Auswirkungen des Coronavirus bei der Auftragseingangsdynamik zu spüren”, schrieb das im SDax notierte Technologieunternehmen. Die bislang erwartete Erholung sei wegen der Seuche “nun offen” und eine Jahresprognose aufgrund der eingeschränkten Sichtweite “nur begrenzt möglich”.Atlas ist mit rund 40 000 Beschäftigten, rund 10 Mrd. Euro Umsatz (rund 100 Mrd. skr) und rund 300 Mrd. skr Börsenwert deutlich größer als Isra mit weniger als 1 000 Beschäftigten, 154 Mill. Euro Umsatz und 1 Mrd. Euro Börsenwert. Haupteigentümer von Atlas Copco ist mit 23 % Investor AB, das Anlagevehikel der Wallenberg-Familie. Schlüssel zur DigitalisierungIsra Vision stellt unter anderem Geräte zur Oberflächenprüfung und Präzisionsmesstechnik für die Industrie her und verwendet dabei die Technik des maschinellen Sehens. “Machine Vision” gilt als wichtiger Bestandteil von automatisierten Produktionsstraßen und wird von Atlas als Schlüsseltechnik für die digitale Transformation angesehen: “Isra-Produkte machen die Atlas-Produkte intelligenter”, fasst Isra-Chef Ersü das Kalkül zusammen. – Wertberichtigt Seite 8