Minderheitsaktionäre büßen peu à peu ihre Rechte ein

Anlegerschützer: Information über Nachbesserungsansprüche bleibt aus - Heftige Kritik an Bundesrichtern

Minderheitsaktionäre büßen peu à peu ihre Rechte ein

md Frankfurt – Die Rechte von Minderheitsaktionären werden zunehmend beschnitten. Diese Ansicht vertritt die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in ihrem “Schwarzbuch Börse” und macht dafür vor allem Lobbyisten verantwortlich. Jüngster Vorstoß sei eine Initiative des Deutschen Anwaltvereins gewesen, das Spruchverfahren auf eine Instanz – das Oberlandesgericht – zu verkürzen. Dies zeigt nach Ansicht der SdK die Notwendigkeit für alle Aktionärsvertreter, “in Zukunft noch wachsamer zu sein”.Auch die Möglichkeit, gerichtlich bestätigte Nachbesserungsansprüche infolge von Squeeze-outs, Delistings oder dem Abschluss von Beherrschungsverträgen durchzusetzen, entwickle sich zu einem Streitpunkt. Hier ist der Abfindende verpflichtet, den Gerichtsbeschluss im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Die Depotbanken werden über die Clearingstelle angewiesen, die Nachbesserung direkt an die anspruchsberechtigten Aktionäre auszubezahlen. Laut SdK versperrt sich aber eine wachsende Zahl von Großaktionären diesem Automatismus und veröffentlicht den Gerichtsbeschluss nicht mehr im Bundesanzeiger. Damit falle die automatische Gutschrift weg und Anleger können mangels Informationen aufgrund drohender Fristverjährung leer ausgehen.In den vergangenen zwei Jahren wechselte eine steigende Zahl von Unternehmen vom Prime Standard und dem Geregelten Markt in den Entry Standard oder den Freiverkehr, stellt die SdK weiter fest. Als Hauptargument werden Kostenersparnisse genannt. Vertreter von Minderheitsaktionären wie die SdK haben wiederholt auf die Gefahr eines “gestuften Delisting” hingewiesen: Unternehmen werde es durch den Wechsel in ein Freiverkehrssegment erleichtert, dieses später ohne Abgabe eines Barabfindungsangebots zu verlassen. Alarmierend sei, dass die jüngsten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.11.2002 zu Eigentumsrechten der Aktionäre (die sogenannte Macrotron-Entscheidung) aushebelten und der BGH seine Entscheidung selbst kassiere. 2002 wurde die Verkehrsfähigkeit von Aktien als Bestandteil der Eigentumsrechte von Aktionären gemäß Artikel 14 des Grundgesetzes angesehen. Das heißt, eine Zustimmung durch die Hauptversammlung sowie die Abgabe eines Barabfindungsangebotes an die Minderheitsaktionäre waren Voraussetzung für den Rückzug einer Gesellschaft aus dem Amtlichen Handel und dem Regulierten Markt in Form eines regulären Delisting.Davon könne inzwischen keine Rede mehr sein, behauptet die SdK. In einem Beschluss vom Juli 2012 entschied das BVerfG, dass die Börsennotiz einer Aktie nicht dem Eigentumsschutz von Artikel 14 GG unterliegt. Der BGH habe die “anlegerfeindliche Rechtsprechung” mit seinem Beschluss vom 8. Oktober 2013 auf die Spitze getrieben, indem er entschied, dass Beschlüsse auf der Hauptversammlung und ein gerichtlich nachprüfbares Abfindungsangebot weder beim Wechsel aus dem Geregelten Markt in den Entry Standard nötige Voraussetzungen sind noch bei einem regulären Delisting.