Misstrauen gegen Nissan wächst
Der stellvertretende Generaldirektor Thierry Bolloré könnte zusammen mit Verwaltungsratsmitglied Philippe Lagayette übergangsweise die Leitung des Automobilkonzerns Renault übernehmen. Die anfängliche Fassungslosigkeit über die Verhaftung von Carlos Ghosn weicht in Frankreich zunehmend Misstrauen gegenüber dem japanischen Allianzpartner Nissan. wü Paris – Frankreich und Japan haben sich nach der Verhaftung von Renault-Chef Carlos Ghosn demonstrativ hinter die Allianz von Renault und Nissan gestellt. Die beiden Autobauer würden den weltweit führenden Hersteller bilden und das Bündnis, dem auch Mitsubishi angehört, sei damit “eines der größten Symbole der industriellen Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Japan”, teilten Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und sein japanischer Amtskollege Hiroshige Seko Dienstag nach einem Telefongespräch mit. Es solle beibehalten werden.In Frankreich weicht die anfängliche Fassungslosigkeit über die Verhaftung des bekannten Managers jedoch inzwischen einem zunehmenden Misstrauen gegenüber Nissan. “Ich hoffe, dass die Verhaftung von Ghosn kein Manöver von Japan ist, um die Scheidung zwischen Renault und Nissan zu organisieren”, schrieb der Abgeordnete Jean-Christophe Lagarde von der Zentrumspartei UDI (Union des démocrates indépendants) auf Twitter. Er forderte Premierminister Edouard Philippe und Präsident Emmanuel Macron auf, bei diesem strategisch wichtigen Thema wachsam zu bleiben. Der französische Staat hält 15 % an Renault.Andere französische Politiker fordern Beweise, dass der Verdacht gegen Ghosn tatsächlich begründet ist, bevor sie ihn endgültig verurteilen. Wirtschaftsminister Le Maire forderte zwar nicht den Rücktritt des 64-Jährigen, pochte jedoch darauf, übergangsweise eine Geschäftsführung als Ersatz einzusetzen. “Weil Herr Ghosn heute verhindert ist, das Unternehmen zu leiten”, sagte er dem Radiosender Franceinfo.Der Verwaltungsrat von Renault sollte Dienstagabend tagen. Er könnte Thierry Bolloré die Interimsleitung anvertrauen, laut AFP zusammen mit dem Verwaltungsratsmitglied Philippe Lagayette. Bolloré ist seit Februar stellvertretender Generaldirektor des Automobilkonzerns und leitet seitdem ohnehin die operativen Geschäfte. Er wird deshalb nicht erst seit der Verhaftung von Ghosn als dessen möglicher Nachfolger gehandelt.Der seit der erfolgreichen Sanierung von Nissan als “Cost Killer” bekannte Manager ist wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Börsenauflagen verhaftet worden. Er befand sich Dienstag noch immer in Untersuchungshaft. Laut internen Ermittlungen des japanischen Autobauers sollen Ghosn und ein weiterer Manager ihre Geldbezüge in offiziellen Berichten an die japanische Börse falsch dargestellt und in Ghosns Fall zu niedrig beziffert haben. Medien berichteten, der in Brasilien geborene Ghosn habe seit 2011 über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 5 Mrd. Yen (rund 40 Mill. Euro) Einkommen zu wenig angegeben. Er soll auch Firmenvermögen privat für sich genutzt haben, um einen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Die Ermittlungen in Japan sind laut Informationen von Reuters nun auch auf die Finanzierung der Allianz der beiden Autobauer ausgeweitet worden. Nissan habe den Verwaltungsrat von Renault bereits über Hinweise auf mögliches Fehlverhalten bei dem Gemeinschaftsunternehmen Renault-Nissan BV in den Niederlanden informiert, zitiert die Nachrichtenagentur drei Insider.Die Aktie von Renault gab Dienstag an der Börse von Paris um 1,2 % auf 58,36 Euro nach und damit ebenso stark wie der CAC 40, der mit einem Minus von 1,2 % schloss.