RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: BERND EGBERS

Mit Covenant Lite funktionieren Frühwarnsysteme nur noch bedingt

Hohe Verfügbarkeit von Fremdkapital lässt Kreditbedingungen laxer werden

Mit Covenant Lite funktionieren Frühwarnsysteme nur noch bedingt

– Herr Egberts, Finanzierungen von Private-Equity-Übernahmen kommen immer stärker mit laxen Kreditauflagen aus. Sind sämtliche Spielarten dieser Covenants in allen Leveraged-Finanzierungen zu finden?Es gilt noch immer der Grundsatz, dass aggressivere Finanzierungsstrukturen eher bei größeren Finanzierungen zu finden sind. Allerdings lassen sich entsprechende Tendenzen auch im Mid Market feststellen. Konservative Leveraged-Finanzierungen sehen wie bisher die üblichen Maintenance Covenants vor, das heißt Verschuldungsgrad (Leverage), Zinsdeckungsgrad (Interest Cover) und Schuldendienstdeckungsgrad (Cash-flow Cover). Im aktuellen Finanzierungsumfeld ist ein deutlicher Trend in Richtung Covenant Lite zu erkennen.- Das heißt?Die wenigsten Dokumentationen enthalten noch Interest Cover. Der Cash-flow Cover taucht ebenfalls seltener auf, so dass häufig der Leverage als einzige echte Kennzahl übrig bleibt. Aggressivere Strukturen sehen den Leverage Covenant lediglich als Incurrence Covenant vor: Er wird nur getestet, sobald ein besonderes Ereignis eintritt, wie die Aufnahme weiteren Fremdkapitals. Verschärft werden diese Strukturen durch vereinfachte Heilungsmöglichkeiten (Cure-Rechte).- Was passiert beim Verstoß?Häufig ist für die Heilung kein Einschuss frischen Eigenkapitals mehr notwendig. Vielmehr sehen die Dokumentationen Deemed-Cure-Konzepte vor: Wird der Covenant in der nächsten Periode gehalten, so gilt der vorhergehende Verstoß als geheilt oder aber ein einmaliger Verstoß ist erlaubt.- Was sind Ursachen für die Laxheit?Der aktuelle Leveraged-Finance-Markt zeichnet sich durch hohe Verfügbarkeit von Fremdkapital aus. Die Niedrigzinsphase steigert den Bedarf an auskömmlichen Kapitalinvestitionen. Hinzu kommen immer neue Finanzierungsquellen, wie Debt-Fonds, so dass eine breite Palette an Fremdkapital von Senior-Darlehen einschließlich Term Loan B, Mezzanine, Bonds und Hybridkapital zur Verfügung steht.- Wie zahlt sich dieser Trend für Fonds und Portfoliofirmen aus?Sponsoren und Portfoliounternehmen profitieren von solchen Strukturen. Es gibt ihnen die Möglichkeit, einen hohen Leverage zu erreichen. Im Tagesgeschäft und über die Laufzeit verschaffen erleichterte Regelungen mehr Flexibilität. Der verringerte Verwaltungsaufwand setzt Kapazitäten für das operative Geschäft frei. Zudem kann es sich positiv auf die Kosten auswirken.- Wie steht es um die Gläubiger, wie sichern sie sich ab?Covenant-Lite-Strukturen führen dazu, dass das Frühwarnsystem nur noch bedingt funktioniert. Hinzu kommt regelmäßig ein vermindertes Informationspaket; weniger Covenants bedeuten auch weniger Tests und damit auch einen geringeren Bedarf an den zugrundeliegenden Informationen. Allerdings folgen die meisten Strukturen noch Mustern, die neben Covenants ein Paket an Zusicherungen, Verhaltenspflichten und Kündigungsgründen zum Schutz der Gläubiger vorsehen.- Haben die Akteure aus der Zeit nach dem Kredit-Hype nichts gelernt?Der Markt bestimmt die Strukturen, und da aktuell viel Geld verfügbar ist und alle Akteure ihren Anteil am Markt beanspruchen, entwickeln sich die Strukturen wie beschrieben. Dies ist aber nicht zwingend nachteilig für die Entwicklung der Portfoliounternehmen beziehungsweise Finanzierungen und Gläubiger. Zum einen beinhalten Dokumentationen weiter Vorschriften, die Gläubiger schützen, und zum anderen bedeutet größere Flexibilität für das Unternehmen nicht zwangsläufig eine negative Unternehmensentwicklung.- Was wird Cov Lite für Restrukturierungen bedeuten?Gerade in solchen Situationen kann sich die erleichterte Regelungsdichte positiv auszahlen. Sponsoren und Portfoliounternehmen müssen sich nicht schon bei Vorliegen eines Verstoßes mit den verschiedenen Gläubigergruppen über Standstill- und Restrukturierungsschritte einigen. Es bleibt mehr Zeit und Kapazität für Analyse und Aufarbeitung der operativen und strukturellen Probleme. Zudem bleibt es unbenommen, jederzeit die Gläubiger an den Tisch zu holen. Auch die Finanzierungsparteien haben Ansatzpunkte in der Dokumentation, um ein Gespräch oder die Aufklärung von Sachverhalten zu bitten, auch wenn nicht gleich mit der Kündigung des gesamten Engagements gedroht werden kann.—-Dr. Bernd Egbers ist Rechtsanwalt und Partner bei Ashurst. Die Fragen stellte Walther Becker.