IM GESPRÄCH: HEINO ERDMANN, SAGE DEUTSCHLAND

Mit der Digitalisierung steigt der Stellenwert des Finanzvorstands

Sparringspartner des CEO - "Künstliche Intelligenz und datengestützte Analysen" helfen bei der Steuerung von Unternehmensprozessen in Echtzeit

Mit der Digitalisierung steigt der Stellenwert des Finanzvorstands

Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Digitalisierung, die von Softwareunternehmen seit Jahren vorangetrieben wird, wälzt nicht nur Geschäftsmodelle um, sondern sorgt auch innerhalb der Unternehmen für veränderte Rollen. Heino Erdmann, Finanzchef von Sage Deutschland, nimmt auch bei seiner Tätigkeit stetige Veränderungen wahr. “Klassische Tätigkeiten wie Rechnungswesen, Accounting oder Controlling werden zunehmend automatisiert und durch neue Technologien ersetzt. Im Zuge dieser digitalen Transformation wandelt sich die Rolle des CFO: Er gestaltet als rechte Hand des Geschäftsführers den digitalen Wandel des Gesamtunternehmens mit”, erzählt Erdmann. Dabei liefere er Erkenntnisse aus seiner Perspektive gebe damit “zusätzlichen Input für die Bewertung aktueller Herausforderungen.” Er werde damit zum “Sparringspartner” des CEO. Das gelte sowohl für die Digitalisierung und Automatisierung des Unternehmens insgesamt als auch des eigenen Bereichs. “Aus meiner Sicht hat der CFO damit heute schon einen ganz anderen Stellenwert bekommen.”Für Erdmann zeigen sich die Vorteile von Digitalisierung und Automatisierung nicht nur in einer Reduktion der Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. “Wir erhalten dadurch auch wesentlich detailliertere Information in spürbar kürzerer Zeit”, sagt der Sage-Manager. “Durch ünstliche Intelligenz und datengestützte Analysen können heute schon tagesaktuell und in Echtzeit Unternehmensprozesse gesteuert werden.”Erdmann führt auf diese verbesserte Transparenz auch zurück, dass Unternehmen Prognoseanpassungen zunehmend zeitnah nach einem Zwischenbericht vornehmen können. “Früher war der CFO-Job viel vergangenheitsorientierter. Mich interessiert inzwischen eigentlich nur noch der Blick nach vorn. Voll digitalisierte Prozesse helfen dabei – beispielsweise durch die Nutzung von Analysetools zur Erstellung verlässlicher Prognosen. Dadurch werden wir in die Lage versetzt, tagesaktuelle Vorschauen zu geben”, erklärt Erdmann.Die Digitalisierung biete dabei Unterstützung beim kurzfristigen wie auch langfristigen Blick in die Zukunft. “Den Mitarbeiter kann die Digitalisierung nicht ersetzen. Sie kann ihm aber helfen, Entscheidungen stärker auf Basis valider Daten als aufgrund von persönlichen Eindrücken zu treffen – und das gilt aus meiner Sicht für den kurzfristigen wie auch langfristigen Bereich.” Zwar werde es auch künftig noch eine subjektive Einschätzung durch den CFO und andere Manager geben, die in den Ausblick mit einfließe. Diese verlieren laut Erdmann aber zunehmend an Bedeutung zugunsten von Datenanalysen. Erdmann ist überzeugt, dass künftig 95 % der Rechnungslegungsthemen voll digitalisiert und durch künstliche Intelligenz geleistet werden können. “Ein entsprechendes System ist einfach besser in der Lage, große Mengen an Daten auszuwerten und daraus Vorhersagen abzuleiten.” KI sei letztlich schneller, verlässlicher und am Ende des Tages auch billiger. Harmonisierung als BasisKernvoraussetzung ist laut Erdmann zunächst eine Harmonisierung der Datenbasis im Unternehmen. “Das ist eine Grundvoraussetzung für die Digitalisierung von Betriebsabläufen.” Noch immer gebe es in zahlreichen Unternehmen zu viele Insellösungen in der IT-Infrastruktur, also voneinander isolierte Systeme mit unterschiedlichen Datenbanken, die darüber hinaus weder miteinander kommunizieren noch relevante Daten automatisch austauschen.Das Thema Digitalisierung bestimme auch in zunehmendem Maße das Arbeitsfeld eines Finanzchefs. “CFOs müssen auch die Digitalisierung ihrer eigenen Verantwortungsbereiche wie Accounting und Controlling vorantreiben.” Die manuelle Abwicklung der klassischen Rechnungslegung – also die Buchhaltung – trete in diesem Zusammenhang zunehmend in den Hintergrund. “Nicht aufgrund ihrer Bedeutung, sondern weil die entsprechenden Abläufe zunehmend automatisiert werden und damit weniger Aufmerksamkeit beanspruchen”, so Erdmann. Der Trend gehe hier klar zu Robotics, so dass die geteilten Servicezentren, die man errichtet hatte, um die lokale Buchhaltung zu ersetzen, auch immer weniger Mitarbeiter benötigten. Allerdings würden die Jobs nicht zwingend wegfallen, sondern oft an anderer Stelle gebraucht.Ein Thema, das dagegen mehr Aufmerksamkeit beanspruche als früher, seien die wachsenden Regulierungs- und Compliance-Anforderungen. Umweltregulatorische Themen spielten in diesem Zusammenhang allerdings noch eine untergeordnete Rolle. “Dies betrifft eher interne Abläufe. So tragen wir diesen Themen etwa im Rahmen unserer Firmenwagenpolitik Rechnung.”Wesentlichen Einfluss auf seine Rolle als Finanzchef habe die Umstellung des Geschäfts von Lizenzsoftware auf Cloud-basierte Subskriptionsmodelle gehabt. “Ein entscheidender Vorteil, den dieser Wandel in unserem Geschäftsmodell mit sich bringt, ist, dass dadurch kontinuierliche und regelmäßige Cash-flows entstehen”, sagt Erdmann. Gleichwohl bringe die Umstellung auch Herausforderungen mit sich. “Hier stehen wir vor der Aufgabe, völlig neue Key-Performance-Indikatoren zu entwickeln, um den Erfolg unserer Arbeit zu messen. Darüber hinaus hat dies auch Auswirkungen auf die Rechnungsstellung. Auch der Vertrieb wird neue Wege bei der Incentivierung seiner Angebote gehen.” Aufgaben, bei denen dem Finanzchef eine aktive Rolle zukomme.