Modelloffensive beschleunigt Elektromobilität

Ladeinfrastruktur im Fokus von Politik und Autoindustrie - Zellproduktion bleibt ein Streitpunkt

Modelloffensive beschleunigt Elektromobilität

igo Stuttgart – Der Analysedienstleister Bloomberg New Energy Finance geht davon aus, dass sich der Wandel zur emissionsfreien Mobilität in den kommenden Jahren schnell vollzieht. Der Anteil batterieelektrischer Autos an den europäischen Neuzulassungen werde bis 2021 von derzeit 2 % auf knapp 5 % steigen, sagte Bloomberg-Analyst Colin McKerracher am Montag zum Auftakt des Electric Vehicle Symposium in Stuttgart. Er rechnet damit, dass sich das Wachstum anschließend stark beschleunigt. In Norwegen, das E-Autos und Plug-in-Hybride stark subventioniert, habe es mehr als fünf Jahre gedauert, bis der E-Auto-Anteil 2013 bei 6 % des Neuwagenabsatzes gelegen habe. Der Anstieg auf die derzeitigen 33 % sei dann in nur vier Jahren erfolgt.Trotz dieser Wachstumsgeschwindigkeit dürfte es für Autohersteller schwer werden, die künftigen, strengeren Emissionsvorschriften für CO2 einzuhalten. Um bis 2025 ein Emissionsziel von 78 Gramm je Kilometer zu erreichen, müssen 10 % bis 15 % der Herstellerproduktion elektrisch sein. Der Zielwert ist dabei das obere Ende der diskutierten Spanne für die künftigen Grenzwerte. Die neuen Emissionsstandards sollen laut dem für die Energieunion zuständigen EU-Kommissar Maros Sefcovic Anfang 2018 gesetzt werden.Zwei Gründe für das Wachstum in den nächsten Jahren sind McKerracher zufolge die immer weiter sinkenden Batteriekosten sowie die zunehmende Modellvielfalt. Die Batteriekosten seien seit 2010 von damals 1 000 Dollar je Kilowattstunde auf 273 Dollar per 2016 gesunken. Zudem hätten Kunden eine immer größere Auswahl an E-Autos. Bis 2025 werde die Modellzahl von derzeit rund 100 auf 250 steigen. Dabei seien nur jene Autos bedacht, die bereits einen Namen und ein Erscheinungsdatum haben, so McKerracher. Ein Großteil der beispielsweise von Volkswagen oder Daimler jüngst angekündigten Wagen kommt demnach noch dazu.Damit das prognostizierte Wachstum eintreten kann, ist Politik und Industrie zufolge ein schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur dringend notwendig. Die EU-Kommission wolle im November ein Maßnahmenpaket vorstellen, um den Ausbau zu beschleunigen, so Sefcovic. Europaweit müsse das Netz von derzeit rund 200 000 Ladepunkten bis 2020 auf 800 000 ausgebaut werden. “Wir analysieren Marktbarrieren, um das Wachstum der Infrastruktur zu beschleunigen”, so Sefcovic, der zudem die entsprechenden Initiativen von Autoherstellern, Zulieferern und Energiekonzernen betonte.Uneinig sind sich Hersteller und Politiker beim Thema Zellproduktion. McKerracher zufolge liegt die Produktionskapazität für derzeit genutzte Lithium-Ionen-Batterien 2017 bei 116 Gigawattstunden. Bis 2021 sollen es 289 Gigawattstunden werden, wobei der Ausbau vor allem in China stattfindet, das künftig für 75 % der Produktion steht. Hersteller wie Daimler scheuen eine Zellproduktion nach derzeitigem Technologiestand. Der Konzern erwägt einen Einstieg, wenn, wie Forschungsvorstand Ola Källenius schätzte, Festkörper- oder Lithium-Schwefel-Zellen ab 2025 marktfähig sein sollten. Nur dann könnte die Produktion in Europa wirtschaftlich sein. Sefcovic dagegen plädierte erneut für eine möglichst schnelle industrieübergreifende europaweite Zellproduktion.