Moody‘s beurteilt Aussichten europäischer Airlines pessimistischer
wü Paris
Moody’s ist wegen der dritten Covid-Welle und den geringen Fortschritten der Impfkampagnen inzwischen hinsichtlich der erhofften Erholung europäischer Fluggesellschaften pessimistischer als Ende letzten Jahres. Die Situation im europäischen Flugreisesektor dürfte sich bis Mitte August nicht wesentlich verbessern, urteilt die Ratingagentur, die Mittwoch eine neue Studie zu europäischen Airlines veröffentlichte. „Wir haben unsere Erwartungen für eine Erholung des Flugreiseverkehrs in Europa nach unten korrigiert, da das Passagieraufkommen bei den europäischen Fluggesellschaften hinter unserem globalen Szenario von November 2020 zurückbleibt“, erklärt Stanislas Duquesnoy, einer der Koautoren.
Deshalb werden die von der Ratingagentur bewerteten Fluggesellschaften weiterhin Barmittel in beträchtlicher Größenordnung verbrennen und bis Ende des zweiten Halbjahres ihre Nettoverschuldung erhöhen. Das wiederum dürfte dazu führen, dass ihre Bilanzen schwächer ausfallen werden als bisher angenommen. „Wir erwarten, dass geratete europäische Airlines 2023 insgesamt rund 5 Mrd. Dollar mehr an Nettoverschuldung als in unserem bisherigen Basis-Szenario haben werden“, heißt es in der Studie. Dabei dürfte die Nettoverschuldung in diesem Jahr und in der ersten Jahreshälfte 2022 ansteigen, so dass sich ohne eine zügige Erholung der Betriebsleistung und der Generierung von Free Cash-flow der Druck erhöhen dürfte, Ausgleichsmaßnahmen wie Kapitalerhöhungen und den Verkauf von Aktivitäten durchzuführen.
Die meisten europäischen Fluggesellschaften mit einem Rating, wie Easyjet, Wizz Air, Deutsche Lufthansa und die British-Airways-Mutter IAG haben laut Moody‘s bei den aktuellen Cashburn-Raten Liquiditäten für 450 bis 650 Tage zur Verfügung, um eine länger anhaltende Phase mit geringerem Passagieraufkommens auffangen zu können. Das sollte ausreichen, um die Zeit bis zu einer erneuten Generierung von Bargeldmittelzuflüssen überbrücken zu können, urteilt die Ratingagentur. Sie geht davon aus, dass die Low-Cost-Carrier besser abschneiden werden, da sie auf Kurzstrecken spezialisiert und nicht wie klassische Fluggesellschaften vom Langstreckengeschäft und Geschäftskunden abhängig sind.