Moody‘s stimmt auf weitere Downgrades im Wohnungssektor ein
Wohnungssektor unter Ratingdruck
Moody’s: Steigende Zinsen verteuern Verschuldung und verschlechtern Kreditqualität – Dealflaute erschwert Schuldenabbau
hek Frankfurt
Deutschen Wohnimmobilienkonzernen drohen weitere Herabstufungen in der Kreditwürdigkeit. Das geht aus einer Sektoranalyse der Ratingagentur Moody’s hervor. Die Kreditqualität könne sich in den nächsten zwölf bis 18 Monaten weiter verschlechtern, warnen die Analysten. Höhere Mieteinnahmen könnten die steigenden Grenzkosten der Verschuldung nicht voll kompensieren, sofern es den Unternehmen nicht gelinge, den Verschuldungsgrad zu senken.
Zuletzt hatte Moody’s das Rating von LEG Immobilien, die dem MDax angehört, um eine Stufe auf „Baa2“ gesenkt. Peach Property Group aus Zürich, deren Wohnungen ganz überwiegend in Deutschland liegen, wurde von „Ba3“ auf „B1“ herabgesetzt. Die im SDax vertretene Grand City Properties konnte ihr Rating von „Baa1“ verteidigen, doch der Ausblick wurde von stabil auf negativ gesenkt.
Dealflaute erschwert Schuldenabbau
Marktführer Vonovia blieb ebenso wie die Tochtergesellschaft Deutsche Wohnen auf „Baa1“ mit stabilem Ausblick. Moody’s hatte ihr Vonovia-Rating im November 2022 auf diese Stufe gesenkt von zuvor „A3“ und damit dem Niveau von S&P („BBB“) angepasst. Die Hamburger TAG steht seit einem Jahr auf „Ba1“, Ausblick stabil. „Baa1“ und „Baa2“ gehören zum unteren Investment Grade, der bis „Baa3“ reicht. Darunter, also ab „Ba1“, bewegt man sich im Non Investment Grade.
Neben den rapide gestiegenen Zinsen machen den Vermietern fallende Bestandsbewertungen und der schwache Transaktionsmarkt zu schaffen. „Der Schuldenabbau durch Veräußerungen wird schwieriger sein und länger dauen“, warnen die Analysten.
Laut Moody’s könnten die Bewertungen zwischen dem zweiten Halbjahr 2023 und der ersten Hälfte 2024 weiter um 5 bis 8% schrumpfen. Damit beliefen sich die Wertverluste auf bis zu 20% im Vergleich zum Top in der ersten Jahreshälfte 2022. Die Transaktionsmärkte erholten sich langsam, aber die Volumina würden deutlich unter dem Mittelwert von jährlich rund 16 Mrd. Euro der vergangenen zehn Jahre bleiben.
Marktrenditen weit höher als Finanzierungskosten
Dank der lange extrem tiefen Zinsen sind die Finanzierungskosten trotz der Zinswende noch immer niedrig. Sie bewegen sich im Schnitt zwischen 1,4 und 2,3%, werden aber mit den Jahren stetig Richtung Marktniveau steigen. Die Effektivrenditen der Anleihen sind längst weit höher, was die Ausgabe neuer Bonds stark verteuert. Die durchschnittliche Rendite bis zur Fälligkeit der Anleihen liegt laut Moody’s zwischen 4 und 7%.
Den unmittelbaren Refinanzierungsbedarf deckten die Sektorunternehmen derzeit durch besicherte Kredite. Zudem hätten die Firmen ihre Liquidität durch Ausgabenkürzungen oder Dividendenkürzungen geschützt. Seit der zweiten Hälfte 2022 hätten deutsche Wohnungsvermieter rund 2,5 Mrd. Euro neue besicherte Kredite sowie 1,2 Mrd. Euro neue unbesicherte Schulden aufgenommen und es geschafft, mehr als 5 Mrd. Euro anstehende Kreditfälligkeiten zu verlängern oder zu tilgen. Allerdings könnten nicht alle Anleihen, die künftig auslaufen, mit besicherten Darlehn zurückgezahlt werden. Denn die Bondsfälligkeiten stiegen und die Unternehmen müssten die Ausgaben für energetische Sanierungen wieder erhöhen, um die Energieeffizienz ihrer Immobilien zu verbessern und die staatlichen Zielvorgaben zu erreichen.
Refinanzierungswelle
Nach Angaben von Moody’s müssen wichtige Branchenplayer zwischen dem vierten Quartal 2023 und Ende 2025 ein Fünftel ihrer Gesamtschulden refinanzieren. Auch die Ratingagentur Scope hat unlängst auf die anstehende Refinanzierungswelle hingewiesen. Demnach müssen europäische Immobilienkonzerne in den kommenden drei Jahren mehr als 120 Mrd. Euro refinanzieren. Allein in den Jahren 2025 und 2026 stehen 44 Mrd. bzw. 45 Mrd. Euro zur Rückzahlung an – jeweils knapp doppelt so viel wie 2022 mit 24 Mrd. Euro.
Früher sei die Veräußerung von Assets der effektivste Weg zur Schuldensenkung gewesen, schreibt Moody’s. Allerdings klaffen derzeit die Preisvorstellungen von potenziellen Käufern und Verkäufern auseinander. Daher kommen nur wenige Deals zustande. In den ersten neun Monaten 2023 sei das Transaktionsvolumen für Wohnimmobilien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 58% auf 4,5 Mrd. Euro gesunken, so Moody’s. Das zweite Quartal sei das zweitschwächste seit 2011 gewesen.
Die Ratingagentur Moody’s befürchtet eine weitere Verschlechterung der Kreditqualität deutscher Wohnimmobilienkonzerne. Denn die stark gestiegenen Zinsen treiben die Finanzierungskosten sukzessive nach oben. Der Verkauf von Assets, früher der effektivste Weg zur Schuldensenkung, stößt auf Hürden.