MTU Aero Engines zollt der Luftfahrtkrise Tribut
Nach einem Umsatz- und Gewinneinbruch im Jahr 2020 haben die Folgen der Corona-Pandemie bei MTU Aero Engines auch zum Jahresauftakt 2021 ins Kontor geschlagen. Deutschlands größter Flugzeugtriebwerkhersteller musste der durch die Seuche ausgelösten Luftfahrtkrise im ersten Quartal abermals Tribut zollen. Von Januar bis März schwächten sich die Konzernerlöse um 22% auf 989 Mill. Euro ab. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sackte überproportional um mehr als die Hälfte auf 86 Mill. Euro ab. Unter dem Strich blieb ein Überschuss (bereinigt) von 58 (i.V. 128) Mill. Euro hängen – ein Minus von 55%.
Trotz dieses empfindlichen Dämpfers verdient das Münchner Dax-Unternehmen noch ausreichend Geld. MTU lag mit ihrem Zahlenwerk im Rahmen der Analystenschätzungen (vgl. BZ vom 23. April). Insofern reagierten die Anleger auf den Zwischenbericht milde. Nach Gewinnmitnahmen in den Tagen zuvor machte die Aktie von MTU am Freitag in der Spitze 7,1% auf 214,30 Euro an Boden gut. Das entspricht einer Marktkapitalisierung von 11,4 Mrd. Euro. „Wir arbeiten auch in der schwersten Krise unserer Branche weiterhin profitabel und sind zuversichtlich, dass wir die Ziele erreichen, die wir uns für das Gesamtjahr gesteckt haben“, ließ sich Vorstandschef Reiner Winkler zitieren. Beim Vergleich zum Vorjahresquartal legt der CEO Wert auf die Feststellung, dass der erste Dreimonatsabschnitt 2020 „sehr stark“ gewesen sei. Seinerzeit habe die Pandemie noch keine Auswirkungen auf die Geschäftszahlen gehabt. Covid-19 brach weltweit Mitte März 2020 aus.
Winkler bekräftigte seinen Ausblick für das laufende Jahr. Die Konzernspitze rechnet mit einem Umsatzplus in einer Bandbreite zwischen 4,2 Mrd. und 4,6 (4) Mrd. Euro. Die Ebit-Marge (bereinigt) dürfte bestenfalls mit 10,5% konstant bleiben. Auf Basis dieser Kennzahlen steuert MTU 2021 ein um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis von maximal 483 (416) Mill. Euro an. Das wäre ein Plus von 16%. Im ungünstigsten Fall wären es 442 Mill. Euro – ein Zuwachs von 6%. Im vergangenen Jahr brach das Ebit um 45% ein.
Den Umsatzrückgang zum Jahresauftakt führt das Unternehmen vor allem auf das zivile Triebwerksgeschäft zurück. Der Einbruch von 37% auf 250 Mill. Euro fiel in diesem Konzernbereich besonders hoch aus. „Die Fluggesellschaften setzen in der Krise vor allem auf moderne Narrow-Body-Flugzeuge“, kommentierte der CEO diese Entwicklung.
Winkler setzt auf eine schnellere Erholung des Geschäfts mit Triebwerken für Kurz- und Mittelstreckenmaschinen als im Segment der Langstreckenflugzeuge. Das deckt sich mit der Einschätzung von Airbus. Der europäische Flugzeughersteller will die Fertigung seiner Baureihe A320 nach den Einbrüchen 2020 schrittweise wieder erhöhen. Derzeit liegt die Produktionsrate bei durchschnittlich 40 Flugzeugen dieser Serie im Monat. Vor Ausbruch der Coronakrise waren es 60 gewesen.
Trotz des Abbaus von Fertigungskapazitäten und Stellenstreichungen ist Winkler nach eigenen Aussagen zuversichtlich, dass MTU auf sukzessives Hochlaufen der Triebwerksfertigung für die A320-Baureihe vorbereitet ist. „Dafür sind wir gut präpariert“, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Finanzvorstand Peter Kameritsch zufolge sorgte insbesondere der Rückgang im Bereich Instandhaltung für Verkehrsflugzeuge für den überproportionalen Dämpfer beim operativen Gewinn. Reisebeschränkungen und Kontaktbegrenzungen schlagen bei den Airlines ins Kontor. Derweil haben MTU und ihr französischer Partner Safran ihre Kooperation für die gemeinsame Entwicklung eines Triebwerks für ein neues europäisches Kampfflugzeug ausgeweitet. Beide Unternehmen teilten mit, dass der spanische Triebwerksfertiger ITP Aero „Hauptabnehmer“ des zuvor von der deutschen und der französischen Seite eigens dafür gegründeten Gemeinschaftsunternehmens werde. Dadurch teilt sich der Arbeitsanteil für die Entwicklung auf die drei Länder zu je einem Drittel auf.
„Wir haben eine verlässliche Grundlage geschaffen für pragmatische und zielgerichtete Entscheidungen der Partner über den gesamten Lebenszyklus des Triebwerks hinweg“, erklärte dazu Programm-Vorstand Michael Schreyögg. Winkler betonte, dass ein Einstieg der spanischen Seite bei dem Joint Venture damit nicht verbunden sei. Das Gemeinschaftsunternehmen werde weiterhin ausschließlich von MTU und Safran betrieben.
Im Dezember 2019 hatten sich beide Konzerne auf eine „gleichberechtigte“ Partnerschaft im Triebwerksbau für den geplanten deutsch-französischen Militärjet geeinigt (vgl. BZ vom 4.12.2019). Dem ging ein Streit um die Führungsrolle in der Kooperation voraus.