Nächster Baumarkt-Bond soll bis 400 Mill. Euro bringen
– Herr Pelka, Hornbach könnte sich größere Akquisitionen dank der Finanzkraft ohne Weiteres leisten. Doch Ihr Unternehmen zeigt sich in dieser Hinsicht grundsätzlich sehr zurückhaltend beziehungsweise wählerisch. Warum?Das entspringt einer Grundhaltung unseres Unternehmens beziehungsweise des Hauptaktionärs, der Familie Hornbach, organischem Wachstum den Vorzug gegenüber nichtorganischem zu geben. Wir haben mit den wenigen Übernahmen, die wir getätigt haben – unter anderem sechs ehemalige Praktiker-/Max-Bahr-Standorte -, insgesamt keine guten Erfahrungen gemacht. Unsere Stärke ist die Eröffnung neuer Märkte auf der grünen Wiese, wo wir unser Konzept voll umsetzen können.- Die deutsche Baumarktbranche gilt – auch nach der Insolvenz von Praktiker – verglichen mit anderen europäischen Flächenstaaten als zersplittert. Rechnen Sie mit einer Konsolidierung?Was den Baumarktsektor angeht, sind zum Beispiel Großbritannien und Frankreich oligopolistische Märkte. In Deutschland gibt es dagegen eine Vielzahl von Anbietern. Wenn man neben den Bau- und Gartenmärkten auch die Baustoffhändler und den Fachhandel betrachtet, wird es noch kleinteiliger. Gerade ausländische Investoren und Analysten sprechen mich deshalb seit Jahren auf das Thema Konsolidierung an, doch sie findet hierzulande nicht wirklich statt. Und ich erwarte da auch nicht mehr viel. Die Marktverhältnisse, die wir heute haben, werden wir auch noch in fünf Jahren haben.- Wo rangiert Hornbach in Deutschland beziehungsweise Europa im Vergleich zu den Wettbewerbern?In Deutschland an dritter Stelle hinter Obi und Bauhaus. In Europa sind wir Nummer 5 hinter der französischen Groupe Adeo mit ihrer Baumarktkette Leroy Merlin, der Kingfisher-Gruppe und den zwei deutschen Konkurrenten.- Hornbach wächst seit geraumer Zeit stärker als der Branchendurchschnitt. Warum?Wir haben ein homogenes Filialnetz mit großflächigen Märkten. Damit erzielen wir – trotz der großen Verkaufsfläche – die höchsten Quadratmeter-Umsätze in der Branche; das heißt, wir haben die höchste Produktivität aufzuweisen. Zudem sind wir sehr konsequent in der Umsetzung unserer Strategie, etwa unserer Dauerniedrigpreis-Strategie. Es gibt und gab nie Rabatte oder Lockvogelangebote. Die Stärke von Hornbach sind Breite und Tiefe des Sortiments. Hinzu kommt die Beratungskompetenz unserer Mitarbeiter. Das hat über die Jahre zu einem Vertrauensvorschuss bei den Kunden geführt.- Wie würden Sie die Profitabilität von Hornbach einschätzen?Hornbach ist eines der profitabelsten Unternehmen in der deutschen Baumarktbranche, vielleicht sogar das profitabelste. Genau kann man das nicht wissen, da nur Hornbach börsennotiert ist und hohe Transparenzanforderungen erfüllen muss.- Welche Trends gibt es in der deutschen Baumarktlandschaft?Zum einen entstehen groß- und kleinflächige Baumärkte. Mittelgroße Märkte verschwinden. Zum anderen spielt das Online-Geschäft eine zunehmend wichtige Rolle. In diesen Kontext gehört der Trend zum Interconnected Retail, also die Verzahnung von Offline- und Online-Geschäft.- Die Frage, die Sie wohl öfter als jede andere gehört haben: Wieso vereinfacht die Hornbach-Gruppe nicht ihre nur schwer durchschaubare Struktur (siehe Grafik)?2015 wurde durch die Umstellung der Holding von der AG auf eine KGaA bereits eine wichtige Weichenstellung vorgenommen. Damit sind ja die Holding-Vorzüge weggefallen. Die Familie Hornbach hat seither zwar nur einen Minderheitsanteil von 37,5 % am Kapital der Holding, aber sie sichert sich ihren herrschenden Einfluss durch die persönlich haftende Gesellschafterin, denn die KGaA hat selbst keinen Vorstand. Die Geschäftsführung hat die Hornbach Management AG inne, die sich vollständig im Besitz der Hornbach Familien Treuhand GmbH befindet.- Wie viele Mitglieder der Familie sind heute an der Hornbach-Gruppe beteiligt?Mittlerweile gibt es mehr als 40 Familienmitglieder, deren Anteile in allerdings unterschiedlicher Höhe in der Hornbach Familien Treuhandhand GmbH gebündelt werden. Trotz wachsender Zahl der Gesellschafter in den nachfolgenden Generationen darf man davon ausgehen, dass die Familie auch in Zukunft dank einer eigenen Corporate Governance an einem Strang ziehen wird.- Gibt es Handlungsoptionen für eine Vereinfachung der Konzernstruktur?Mit dem Rechtsformwechsel hat man einen wichtigen Schritt in die Zukunft getan, der es durchaus ermöglichen würde, in Zukunft von der doppelstöckigen Konstruktion – die Holding als Mutterkonzern der darunter angesiedelten Baumarkt-Tochter – wegzukommen und weiterhin die unternehmerische Kontrolle zu behalten. Eine Option wäre das Delisting der Baumarkt AG. Dafür müsste die Holding den Minderheitsaktionären, die 23,6 % am Teilkonzern Baumarkt halten, ein Abfindungsangebot machen. Diese Vollübernahme müsste die Holding natürlich finanzieren. Dafür müsste sie eine Kapitalerhöhung vornehmen. Selbst wenn durch eine Kapitalerhöhung die Familienanteile etwas verwässert würden, läge die unternehmerische Kontrolle immer noch bei der Familie Hornbach. Aber das sind nur Gedankenspiele; konkrete Pläne für eine Vereinfachung der Konzernstruktur gibt es nicht.- Wäre ein Abbau der Holding-Anteile am Teilkonzern Baumarkt nicht auch eine Kapitalbeschaffungsmöglichkeit?Im Moment haben wir keinerlei Bedarf, aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Man könnte etwa eine Kapitalerhöhung auf der Baumarkt-Ebene durchführen, und die Holding könnte hinterher immer noch die Mehrheit mit vielleicht 50 % plus eine Aktie halten.- Würde sich eine Konjunkturschwäche auf das Baumarktgeschäft auswirken?Das tangiert uns relativ wenig. Denn wieso geht jemand in einen Baumarkt? Entweder ist es eine Notwendigkeit, weil zum Beispiel etwas zu reparieren ist und man sich die Handwerkerkosten sparen will, oder Leidenschaft, weil man etwa Spaß an der Gartenarbeit hat. Es gibt also fast immer einen Grund, im Baumarkt einzukaufen. Die gesamtwirtschaftliche Lage spielt da nur eine kleine Rolle. Deshalb ist die Baumarktbranche letztlich fast konjunkturunabhängig.- Nach der ersten Hälfte des Geschäftsjahres lag das bereinigte Betriebsergebnis der Holding mit 161 Mill. Euro um 7,7 % unter dem Vorjahreswert, was Hornbach mit den phasenweise extremen Wetterbedingungen – Frost im März und ein ungewöhnlich heißer Sommer – erklärte, die sich auf das Geschäft des wichtigsten Teilkonzerns, der Hornbach Baumarkt AG, auswirkten. Warum haben Sie bei Vorlage der Halbjahreszahlen Ende September die Prognosen für das Gesamtjahr 2018/19 dennoch bestätigt?Weil der Vorstand damit rechnet, dass der Ertragsrückstand des ersten Quartals in der zweiten Jahreshälfte nahezu wettgemacht wird. Daher gehen wir weiter davon aus, dass das um nichtoperative Ergebniseffekte bereinigte Betriebsergebnis (das Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit; die Red.) der Hornbach-Gruppe 2018/19 in etwa auf dem Niveau des vorherigen Geschäftsjahres liegen wird, also bei 165,6 Mill. Euro. Beim Umsatz erwarten wir einen Anstieg im mittleren einstelligen Prozentbereich. Hier sind wir nach sechs Monaten mit einem Plus von 3,5 % auf 2,39 Mrd. Euro auf einem guten Weg.- Da darf aber nichts mehr schieflaufen, oder?Das ist richtig. Es ist schon eine Herausforderung, im zweiten Geschäftshalbjahr, das am 28. Februar nächsten Jahres endet, den Rückstand aus dem ersten Halbjahr aufzuholen. Das ist uns klar. Wir sind im Vorstand aber zu der Überzeugung gelangt, dass diese Aufholjagd durchaus erfolgreich sein kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir unsere Jahresziele noch erreichen, ist größer als die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie verfehlen. Ein milder Winter würde uns die Prognoseeinhaltung erleichtern, ein strenger Winter würde sie weiter erschweren. Aber das Wetter kann keiner vorhersehen. Wir müssen auf Basis der Parameter entscheiden, die uns vorliegen und die wir beeinflussen können. Und so wie wir aufgestellt sind, können wir durchaus zuversichtlich sein, dass wir unsere Ziele erreichen.- Noch mal zum Wetter. Hohe Temperaturen sind doch nicht nur nachteilig – sie treiben doch auch die Nachfrage nach bestimmten Produkten an.Natürlich schlägt sich ein heißer Sommer wie dieses Jahr im Geschäft nieder: Klimageräte waren ausverkauft, Sonnenschirme wurden stark nachgefragt, ebenso Produkte zur Gartenbewässerung, Pools oder Grills. Was bei hohen Temperaturen aber von den Kunden zurückgestellt wird, sind Bau- und Renovierungsarbeiten. Wer möchte schon gern bei 35 Grad im Schatten eine Baugrube ausheben und einen Teich anlegen? Da Baustoffe und -elemente ein wichtiger Warenbereich sind, trifft uns eine solche Verschiebung von Bauprojekten.- Gibt es ein Top-Quartal im Baumarktgeschäft beziehungsweise eines, in dem es regelmäßig schwach läuft?Das wichtigste Quartal ist für uns immer das Frühjahrsquartal von März bis Ende Mai. Wenn da etwas schiefläuft – wie in diesem Jahr durch die anhaltend frostigen Temperaturen im März – ist es schwer, die daraus entstandenen Umsatzeinbußen in den Folgemonaten und -quartalen noch aufzuholen. Es folgen von der Bedeutung her das Sommer-, Herbst- und Winterquartal. Allerdings entscheidet sich zwischen Dezember und Ende Februar immer das Jahresergebnis, denn wir verdienen neun Monate im Geschäftsjahr Geld und machen dann im letzten Quartal Verlust. Das macht für uns Prognosen natürlich schwierig, da das Schlussquartal auch von Einflussgrößen geprägt ist, die wir nicht steuern können; das Wetter gehört da natürlich auch dazu.- Hornbach weist inzwischen auch ein bereinigtes Betriebsergebnis aus. Warum?Bei der Bereinigung des Ebit geht es vor allem um nichtoperative Aufwendungen, die sich überwiegend aus Impairment-Tests ergeben, und Erträgen, die beispielsweise aus dem Verkauf von nicht mehr benötigten Gebäuden und Grundstücken resultieren. Diese Aufwendungen und Erträge können großen Einfluss auf das Betriebsergebnis haben und sind nur schwer oder gar nicht prognostizierbar. Durch die Bereinigung zeichnen wir also nicht nur ein klareres Bild unserer operativen Entwicklung, sondern erhöhen auch unsere Prognosesicherheit.- Zur Fremdkapitalfinanzierung: Hornbach hat im September einen Schuldschein emittiert.Über 95 Mill. Euro. Das Instrument des Schuldscheins beherrschen wir recht gut und nutzen es schon seit Jahren. Wichtig ist für mich aber, dass wir bei der Fremdfinanzierung breit aufgestellt sind. Vom klassischen Hypothekenkredit über den Schuldschein bis hin zur börsennotierten Anleihe nutzen wir da viele Instrumente.- Im Februar 2020 wird die 250-Mill.-Euro-Anleihe der Baumarkt-Tochter fällig. Werden Sie sie refinanzieren? Und wenn ja – in gleicher Höhe?Ich gehe davon aus, dass wir abermals einen börsennotierten Bond zur Refinanzierung emittieren werden. Die Vorbereitungen hierfür beginnen im zweiten Halbjahr 2019. Dann wird sich, worauf Signale wie die zurückgehenden Anleihekäufe hindeuten, die EZB von ihrer Niedrigzinspolitik verabschieden, so dass wir auch deswegen nicht zu lange mit der Emission warten werden. Da wir seit der Ausgabe der Anleihe 2013 gewachsen sind, könnte das Volumen des neuen Bonds auf 350 bis 400 Mill. Euro steigen. Alternativ wären die Ausgabe von weiteren Schuldscheinen oder bilaterale Kredite in etwa der gleichen Größenordnung möglich; diese haben den Vorteil, nicht so aufwendig zu sein, die Dokumentation ist wesentlich einfacher. Auf der anderen Seite begibt man sich damit in eine gewisse Abhängigkeit von Banken.- Seit der Insolvenz von Praktiker ist Hornbach der einzige börsennotierte deutsche Baumarktbetreiber. Last oder Lust?Ein Listing an der Börse ist zeitaufwendig und verursacht Kosten. Und die Berichterstattungspflicht, insbesondere die quartalsweise, ist nicht immer eine Freude. Aber auf der Finanzierungsseite – ich habe es eben angedeutet – hat man durch die Börsennotierung ganz andere Möglichkeiten als ein privat gehaltenes Unternehmen. Kein anderer deutscher Baumarktbetreiber hat einen klassischen Bond aufgelegt. Als wir 2004 unsere erste Anleihe über 250 Mill. Euro mit einem öffentlichen Rating von Standard & Poor’s und Moody’s emittiert haben, waren wir damit Vorreiter für den gesamten Einzelhandelssektor. Nur die Metro hatte vorher einen Bond ausgegeben.- Hornbach gilt als einer der Vorreiter in Sachen Digitalisierung in der Baumarktbranche. Das hat aber seinen Preis. Wie hoch ist dieser?Zunächst eine Klarstellung, weil das vielfach falsch verstanden wird: Die Aufwendungen für die Digitalisierung bilanzieren wir überwiegend nicht als Investitionen, sondern sie gehen zu Lasten der Gewinn-und-Verlust-Rechnung, mindern also sofort das Ergebnis. Im Geschäftsjahr 2017/18 waren das 61 Mill. Euro nach 54 Mill. Euro im Jahr zuvor. In der laufenden Berichtsperiode soll dieser Wert nach unseren Planungen auf 70 bis 75 Mill. Euro anwachsen.- Und im nächsten Geschäftsjahr?Das ist noch offen, weil wir unsere Planungen für 2019/20 erst im letzten Quartal der Vorperiode abschließen. Ich denke aber nicht, dass es weniger als die bis zu 75 Mill. Euro in 2018/19 sein werden. Im Gegenteil: Die Aufwendungen dürften noch steigen, schon weil die Personalstärke in den betroffenen Abteilungen zunimmt.- Wie hoch ist der Anteil des Online-Umsatzes am Gesamtumsatz der Hornbach-Baumärkte?In Deutschland erreichen wir inzwischen 10 %, wobei dazu jeder Online-Kontakt zählt, der zu einem Umsatz führt – also zu Hause bestellen und nach Hause liefern lassen, zu Hause bestellen oder reservieren lassen und im Markt abholen beziehungsweise im Markt an den Kunden-PCs bestellen und nach Hause liefern lassen. Unser Marktanteil im Online-Handel in Deutschland ist übrigens dreimal höher als mit unseren stationären Märkten, der bei 11 % liegt. International sind wir mit dem Online-Anteil am Umsatz auf dem Weg zur 10-Prozent-Marke.- Wohin könnte die Reise mit dem Online-Geschäft gehen?In den USA liegen die Anteile des Online-Geschäfts am Gesamtumsatz der beiden Branchenführer Home Depot und Lowe’s bei 8 bis 10 %. Seit einiger Zeit wachsen diese Anteile aber kaum noch. Studien kommen, was Umsatzanteile des Online-Geschäfts auf mittlere bis lange Sicht angeht, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Eine 2014 vorgelegte Studie von Roland Berger nannte für 2030 einen Zielwert von 25 % für das Baumarktgeschäft in Deutschland. Ich habe da Zweifel, mir erscheint die Quote zu hoch. Aber technisch wären wir darauf vorbereitet.- Wie hoch ist der Anteil der von Hornbach genutzten Grundstücke und Gebäude, die dem Unternehmen gehören? Und lassen sich die darin schlummernden stillen Reserven beziffern?Aus Sicht der Holding befinden sich etwa 60 % der Immobilien, die die Hornbach-Gruppe als Einzelhandelsfläche nutzt, auch in unserem Eigentum. Auf der darunter liegenden Ebene teilt sich das etwa hälftig auf die Baumarkt AG und die Hornbach Immobilien AG auf. Auf Basis unserer Wertannahmen, die ich als ziemlich konservativ bezeichnen würde, hatten wir zuletzt im Geschäftsbericht für 2017/18 stille Reserven von 681 Mill. Euro ausgewiesen – nur für die zum Einzelhandel genutzten Flächen. Und das ist ja noch nicht alles: Zudem gehören der Gruppe die drei größten Logistikzentren sowie fast alle Baustoffhandelsniederlassungen und einige Bürogebäude. Unser Immobilienbesitz geht also weit über das hinaus, was wir an Einzelhandelsflächen haben.- Zum Stichtag 31. August hat Hornbach ein Sachanlagevermögen zu fortgeführten Anschaffungskosten von knapp 1,8 Mrd. Euro ausgewiesen; der größte Teil davon Immobilien. Von Analysten ist der Vorwurf zu hören, das wäre zu viel an gebundenem Kapital, was zu Lasten der Flexibilität gehe.Tatsächlich habe ich schon die Frage gehört: Was wollt ihr eigentlich sein, ein Einzelhandels- oder ein Immobilienunternehmen? Na gut, wir sind halt beides. Bei einem familiengeführten Unternehmen muss man auf Substanz, Sicherheit und Stabilität achten – da macht man nicht jede Mode mit, nur weil sie am Kapitalmarkt en vogue ist. Inzwischen werden wir von Analysten für unser Immobilienportfolio sogar gelobt.—-Das Interview führte Martin Dunzendorfer.