Nafta 2.0 rettet Mexiko-Investments
In letzter Minute haben sich die Handelspolitiker aus den USA und Kanada verständigt und damit ein Nachfolge-Freihandelsabkommen für Nafta vereinbart. Für die Automobilindustrie ist das ein erster wichtiger Erfolg in den globalen Handelsstreitigkeiten. Allerdings profitieren nicht alle Hersteller gleichermaßen. Von Sebastian Schmid, FrankfurtNicht nur Präsident Donald Trump hat Grund das neue Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) zu feiern. Auch die Autoindustrie, die sich auf einen freien Warenverkehr in Nordamerika ausgerichtet hat, dürfte zumindest erleichtert sein, dass es nicht zur Aufkündigung des Nafta-Abkommens ohne eine Nachfolgeversion Nafta 2.0 gekommen ist. Doch wie wirkt sich das neue Handelsabkommen auf die Branche aus, dem der US-Kongress noch zustimmen muss? Kostspielige Zölle beim Import von Autos aus Mexiko oder Kanada in die USA bleiben der Branche zumindest erspart. Das dürfte von den deutschen Herstellern vor allem Volkswagen erfreuen, die seit 1964 in dem Land vertreten ist und sich für den US-Absatz wesentlich auf Mexiko verlässt. Der Wolfsburger Autobauer beschäftigt dort mittlerweile eine gut fünfstellige Mitarbeiterzahl in zwei Pkw-Werken sowie einem Motorenwerk. Allerdings können auch Daimler und BMW zufrieden sein. Der Stuttgarter Hersteller hat in diesen Wochen im mexikanischen Gemeinschaftswerk mit Renault-Nissan begonnen, die A-Klasse in der neuen Stufenheck-Variante für den US-Markt zu fertigen. Der Münchener Rivale will mit der Produktion der aktuell während der Pariser Automesse gezeigten 3er-Reihe in Mexiko 2019 beginnen. Die neue Nafta-Regelung sichert beiden Premiumanbietern somit milliardenschwere Investitionen ab. Die mexikanische Produktion dient ihnen als Schutz vor möglichen Importzöllen. Diese könnten mit 25 % sehr kostspielig werden, sollten die USA und die EU ihre Handelsstreitigkeiten nicht beilegen können.Allerdings wird mit der neuen Drei-Länder-Vereinbarung auch festgeschrieben, dass künftig mit 75 % ein um 12,5 Prozentpunkte höherer Produktionsanteil je Fahrzeug aus Nordamerika kommen soll. Naturgemäß hilft dies vor allem den US-Autobauern Fiat Chrysler (FCA), Ford und General Motors. Die Big Three produzieren jeweils mehr als 90 % ihrer in den USA verkauften Fahrzeuge in Kanada, Mexiko oder den Vereinigten Staaten. Neben Tesla, die für den US-Markt zu 100 % in Kalifornien produziert, kommt sonst nur Honda auf einen ähnlich hohen Wert (siehe Grafik). Entsprechend zufrieden zeigten sich GM, Ford und FCA mit dem Handelsabkommen. “Dieses Abkommen ist lebenswichtig für die nordamerikanische Autoindustrie”, teilte GM mit. Die Anleger zeigten sich indes kaum überzeugt. Leichte Zugewinne vom Montag wurden am Dienstag wieder abgegeben.Ein Grund für die Zurückhaltung der Anleger dürfte sein, dass viele Details zunächst noch unklar erscheinen. Die Branchengewerkschaft United Auto Workers wollte sich in ihrer Beurteilung des Abkommens zunächst noch zurückhalten. Allerdings befand UAW-Präsident Gary Jones, dass es durchaus das Potenzial habe, amerikanischen Arbeiterfamilien Unterstützung zu geben.Die Unsicherheit um das nordamerikanische Freihandelsabkommen hat laut Experten in den vergangenen Monaten in der US-Autoindustrie zu Investitionszurückhaltung geführt, die nun vorbei sein könnte. Mit den kommenden Details wisse die Branche nun, woran sie sei und könne sich auf die neuen Regeln einstellen, sagte Jeff Schuster, der die Marktforschungsgesellschaft LMC Automotive leitet. 2017 waren insgesamt 4,1 Millionen Autos und leichte Nutzfahrzeuge aus Mexiko und Kanada in den USA eingeführt worden. Im Rahmen von USMCA dürfen es künftig 5,2 Millionen sein. Für Kanada gilt es als unwahrscheinlich, dass das Limit von 2,6 Millionen Stück zeitnah erreicht wird. In Mexiko, wo zahlreiche Autobauer ihre Produktion weiter hochfahren, könnte es indes anders aussehen. Kalt lassen kann dies nur Tesla, die ihre US-Produktion unbeirrt weiter hochfährt. Im jüngsten Vierteljahr rollten erstmals mehr als 80 000 Autos vom Band. Das entsprach in etwa der Produktionsmenge, auf die die Kalifornier 2016 im gesamten Jahr gekommen waren.