Nagelprobe für den neuen Infineon-Chef
Von Stefan Kroneck, MünchenWenn Reinhard Ploss am Montag die Nachfolge des aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig ausgeschiedenen Peter Bauer an der Spitze von Infineon antritt, steht ihm ein umfangreiches Arbeitspensum bevor. Deutschlands größter Halbleiterhersteller befindet sich im Abschwung. Die weltweite Konjunkturabkühlung schlägt voll auf den Dax-Konzern durch, wie die zweite Gewinnwarnung in Folge vom Dienstag verdeutlichte. Ploss, der zuvor im Vorstand fünf Jahre lang für die Produktion verantwortlich war, steht angesichts des sich eintrübenden Geschäftsumfelds unter hohem Erfolgsdruck, muss er doch nun unter Beweis stellen, dass Infineon nach der erfolgreichen Sanierung tatsächlich krisenfester geworden ist.Der neue Vorstandsvorsitzende wird noch stärker auf die Kostenbremse treten, wie es Infineon in der jüngsten Ad-hoc-Meldung ankündigte. Bisher beschränkte sich das Management darauf, den Investitionsplan für das am Montag beginnende Geschäftsjahr 2013 (30. September) zusammenzustreichen, um gegenzusteuern. Der Konzern will für den laufenden Turnus nur noch 500 Mill. Euro bereitstellen – das sind rund 400 Mill. Euro weniger als im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr 2012. Unterhalb der ZielrenditeDies wird aber nicht ausreichen, um Infineon auf wieder ansehnliche Umsatzrenditen zu trimmen. Der Konzern hat sich zum Ziel gesetzt, über den Zyklus hinweg eine operative Umsatzrendite von mindestens 15 % zu erwirtschaften. Im Dreimonatsabschnitt April bis Juni lag Infineon mit 13 % bereits unter dieser Marke; auch in den drei Sommermonaten verfehlte der Konzern diese Schwelle mit knapp 12 %.Für die Herbstmonate Oktober bis Dezember sieht es noch trüber aus. Infineon rechnet für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2013 nur noch mit einer operativen Marge in einer Bandbreite von 5 bis 7 %. Vor allem das Automobil- und Industriegeschäft zollt der wirtschaftlichen Eintrübung Tribut.Die Dynamik des Abschwungs erfolgt rascher, als es das Management erwartet hat. So muss Infineon bei den Einsparungen nachbessern.Zwar will Ploss erst bei der Bilanzvorlage am 14. November seinen Sparkurs vor der Öffentlichkeit vorstellen, allerdings kristallisieren sich bereits weitere Möglichkeiten heraus, mit denen Infineon auf die sich verschärfende Branchenflaute reagieren könnte. So kündigte Bauer Ende Juli bei Vorlage des Zwischenberichts an, dass man nachjustiere, sollte sich die Lage verschlechtern. Als weitere Maßnahmen nannte er dabei Kürzungen bei den Forschungs- und Entwicklungskosten. Notfalls müsse auch Personal abgebaut werden. Infineon zählt weltweit über 26 000 Beschäftigte.Denkbar ist aber auch, dass Infineon nochmals den Rotstift bei den Investitionen ansetzt, da ein Großteil der Mittel für die Umstellung auf die modernere 300-Millimeter-Fertigung bereits im Geschäftsjahr 2012 ausgegeben wurde.Ploss steht eine Nagelprobe bevor, muss er doch die Anleger von seinem Konzept überzeugen. Am Tag der Gewinnwarnung brach die Infineon-Aktie um fast 8 % ein. Nach dem rasanten Kursanstieg in den vergangenen drei Jahren gehört das Papier mittlerweile zu den Dax-Underperformern. Seit April hat der Titel über ein Drittel eingebüßt, der deutsche Leitindex gewann 4 %. Retter des UnternehmensDerweil geht Bauer als Retter in die Geschichte des Unternehmens ein. Mit tiefen Einschnitten (Personalabbau, Verkauf von Tafelsilber) und einer geglückten Kapitalerhöhung hatte er vor drei Jahren die Wende geschafft. Rückenwind erhielt er seinerzeit von einer sich erholenden Chipindustrie, nachdem die Branche zuvor von einer tiefen Rezession schwer gebeutelt wurde.Nach der Insolvenz der börsennotierten Speicherchiptochter Qimonda galt Infineon als Pleitekandidat. Bauer riss das Ruder herum und trimmte Infineon in den vergangenen Jahren erfolgreich auf Rendite. Daran will Ploss anknüpfen. Aber die externen Bedingungen erschweren es, bei der Profitabilität wieder an das Infineon-Vorbild Texas Instruments heranzukommen.