Nemetschek greift nach Wettbewerber
sck München – Der Münchner Softwareentwickler Nemetschek wagt mit der relativ teueren Übernahme eines deutlich kleineren US-Wettbewerbers einen Expansionsschritt in Nordamerika. Das im TecDax gelistete Unternehmen teilte ad hoc mit, die Bluebeam Software Inc. aus Kalifornien für rund 100 Mill. Dollar komplett übernehmen zu wollen.Trotz des hohen Kaufpreises reagierten die Anleger auf die Nachricht positiv. Die Nemetschek-Aktie, deren Wert sich seit Anfang 2013 verdoppelt hat, gewann in der Spitze fast 5 % und beendete den Xetra-Handel schließlich mit 79,20 Euro (+ 3,2 %). Nemetschek bringt es damit auf eine Marktkapitalisierung von nunmehr 762 Mill. Euro. Die Investoren überzeugten offensichtlich die Wachstumsperspektiven, die sich aus Sicht von Nemetschek mit diesem Zukauf ergäben.Nemetschek finanziert die umgerechnet 78 Mill. Euro teure Übernahme überwiegend aus Fremdmitteln, den kleineren Teil mit Eigenmitteln. Dazu nahm das Unternehmen einen Kredit bei der Commerzbank über 60 Mill. Euro auf. Die Frankfurter Großbank gehört zu den Hausbanken von Nemetschek. Die restlichen 18 Mill. Euro stemmt sie aus eigenen Barmittelbeständen. Nemetschek verfügte Ende Juni über liquide Mittel von 59 Mill. Euro. Der Kaufpreis entspricht fast dem 5-Fachen des Jahresumsatzes von Bluebeam (2013: 22 Mill. Dollar) oder einem Ebit-Multiple von 31. Letzteres bezieht sich aber auf ein erwirtschaftetes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) des ersten Halbjahres 2014 von 3,2 Mill. Dollar. “Perfekte Ergänzung”Der Kaufpreis enthält Sonderklauseln, wie z. B. Earn-out-Komponenten, die an die Steigerung des Umsatzes und der Profitabilität von 2014 bis 2016 gekoppelt sind. Nach Schätzung von Nemetschek macht dies gut 3,5 Mill. Dollar aus.Die 150 Mitarbeiter umfassende Bluebeam gehört zu den wachstumsstarken Unternehmen der Branche. Im vergangenen Jahr steigerte die Firma ihre Erlöse um die Hälfte. Dennoch ist Bluebeam deutlich kleiner als Nemetschek mit ihren rund 1 400 Beschäftigten. Die Bayern brachten es im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 186 Mill. Euro (250 Mill. Dollar).Zudem ist Nemetschek etwas profitabler als Bluebeam. Während die Firma im ersten Halbjahr eine operative Umsatzrendite (bezogen auf das Ebit) von 20,9 % erzielte, kam Bluebeam im gleichen Zeitraum auf 19,4 %. Die Zahlen basieren allerdings auf unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards.Für Vorstandssprecher Patrik Heider ist der Erwerb ein Sprung nach vorn. Die Marktposition werde damit gestärkt, erklärte er. Bluebeam sei eine “perfekte Ergänzung”. Nemetschek strebte seit Monaten einen Zukauf in den USA an. Beide Unternehmen sind stark ausgerichtet auf Softwarelösungen für die Baubranche.Nemetschek will die Übernahme bis Ende Oktober in trockenen Tüchern haben. Die Aktionäre von Bluebeam müssen der Transaktion bis dahin noch zustimmen. Nemetschek beabsichtigt, die US-Tochter als eigenständige Markengesellschaft weiterzuführen. Das derzeitige Bluebeam-Management soll bestehen bleiben.