Nestlé erobert die Schwellenländer

Erfolg mit Produkten für Niedrigverdiener - Halbjahresbilanz übertrifft Markterwartungen - Aktienkurs steigt auf Allzeithoch

Nestlé erobert die Schwellenländer

Nestlé hat den Status als einer der schwersten Werte in Europa gefestigt. Dank einer Halbjahresbilanz, die in weiten Teilen die Analystenerwartungen übertraf, stieg der Kurs des weltgrößten Lebensmittelkonzerns auf ein Rekordhoch. Treiber für Umsatz und Gewinn war vor allem das florierende Geschäft in Schwellenländern, doch auch in entwickelten Märkten ging es leicht bergauf.md Frankfurt – Nestlé hat die Marktakteure mit einem unerwartet positiven Halbjahr esergebnis überrascht. Wie in den Vorperioden war es vor allem das Geschäft in Schwellenländern, das für starkes Wachstum sorgte. Das breite Sortiment, das von Mineralwasser und Kaffee über Süßwaren und Kindernahrung bis hin zu Tierfutter reicht, sorgte dafür, dass selbst in konjunkturschwachen Märkten Wachstum erzielt werden konnte, etwa in Griechenland, Italien und – nach einer Zeit schwieriger Bedingungen – in Russland.In verhältnismäßig armen oder rezessionsgeplagten Volkswirtschaften spielen die “Popularly Positioned Products” (PPR) eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um günstige Angebote für einkommensschwache Haushalte, die in kleinen Portionen etwa über Kioske, Nachbarschaftsläden und auf Straßenmärkten verkauft werden. Im Berichtssemester sei der Erlös dieser Produktgruppe sowohl in ärmeren Ländern Europas als auch in Südamerika, Afrika und Asien um insgesamt 12 % geklettert.In der ersten Jahreshälfte betrug das organische Wachstum im Konzern den Angaben zufolge 6,6 %; Analysten hatten im Schnitt nur mit 6,3 % gerechnet. Der Wert setzt sich aus einem internen Realwachstum (Mengenzuwachs) von 2,9 % und Preisanpassungen von 3,7 % zusammen. Selbst Beobachter, die mit Nestlé bestens vertraut sind, unterschätzen notorisch die Wachstumsstärke. So war das zweite Jahresviertel das fünfte Quartal hintereinander, in dem in der Gruppe ein positiver Preiseffekt von mehr als 3 % erzielt wurde. Im Markt lag die Konsensschätzung bei 2,5 %, heraus kamen 3,1 %. Wechselkursveränderungen verringerten den Umsatzausweis in Franken um 1,8 %, heißt es. Ein positiver Saldo aus Veräußerungen und Akquisitionen habe 2,7 % zum Erlös beigetragen. Der Gesamtumsatz der Gruppe stieg um 7,5 % auf 44,1 Mrd. sfr (36,7 Mrd. Euro).In der Zone Asien/Ozeanien/Afrika (AOA) stieg der Erlös organisch um 12,6 %, in Nord- und Südamerika um 6,4 % und in Europa um 2,6 %. Mit einem Halbjahresumsatz von 13,4 Mrd. sfr ist die “Zone Americas” die erlösträchtigste Region im Konzern vor AOA (9,2 Mrd. sfr) und Europa (7,4 Mrd. sfr). Insgesamt legte der Umsatz in den entwickelten Märkten organisch mit 2,6 % viel verhaltener zu als in den Schwellenländern mit 12,9 %. Auf Kostenbremse getretenDas operative Ergebnis zog im Vorjahresvergleich um 6,3 % auf 6,6 Mrd. sfr an, woraus sich eine Marge von 15,0 (i. V. 15,1) % ergibt. Auch hier lagen die Konsensschätzungen leicht niedriger. Unter dem Strich legte der Gewinn um 8,9 % auf 5,12 Mrd. sfr (4,26 Mrd. Euro) zu, was zu einer fast unveränderten Rendite von 11,6 % führt. Dass die Margen gehalten wurden, ist etlichen Anpassungen als Reaktion auf gestiegene Rohstoffkosten (+ 50 Basispunkte) zuzuschreiben. Durch Senkung der Vertriebskosten um 30 BP sowie des Aufwands für Marketing und Verwaltung um 20 BP steuerte Nestlé gegen. Für die nähere Zukunft rechnet die Konzernführung mit nachlassendem Kostendruck bei Rohstoffen, so dass die Prognose für das Gesamtjahr, die ein organisches Wachstum von 5 bis 6 % sowie Margenverbesserungen vorsieht, bekräftigt wurde.Angesichts der Halbjahresbilanz wäre auch eine Anhebung der Ziele vertretbar gewesen, doch die stets vorsichtig agierenden Schweizer dürften sich zu so einem Schritt frühestens im Herbst durchringen – wenn überhaupt, denn Nestle-Chef Paul Bulcke rechnet nicht damit, dass sich die Lage in der westlichen Welt schnell verbessert: “Wir erwarten auch in der zweiten Jahreshälfte ein schwieriges Handelsumfeld, besonders in den Industrieländern.”Die Nestlé-Aktie kletterte an der Schweizer Börse im Verlauf auf das Rekordhoch von 61,80 sfr. Bei Handelsschluss kostete das Papier 61,05 Euro (+ 2,4 %). Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 197 Mrd. sfr (164 Mrd. Euro) ist Nestlé einer der schwersten Werte in Europa.—– Wertberichtigt Seite 8