Lebensmittelkonzern

Nestlé reduziert Wachstums- und Gewinnerwartung

Nestlé hat die Prognosen für das organische Wachstum und den Gewinn je Aktie gesenkt. Bei Investoren kam das gar nicht gut an. Die Zurückhaltung bei Preiserhöhungen führte im zweiten Quartal zu einem enttäuschenden organischen Wachstum.

Nestlé reduziert Wachstums- und Gewinnerwartung

Nestlé reduziert Wachstums- und Gewinnerwartung

Volumenzuwachs gleicht Effekt moderaterer Preiserhöhungen nicht aus – Starker Franken belastet – Kurs sinkt um 5 Prozent

md Frankfurt

Der Lebensmittelkonzern Nestlé rechnet für 2024 nun mit einem etwas geringeren organischen Wachstum als zuvor. „Bei den Preisanpassungen haben wir eine schnellere Verlangsamung beobachtet als erwartet“, wird CEO Mark Schneider in der Mitteilung zitiert. „Daher halten wir es für angemessen, unseren Ausblick für das Gesamtjahr anzupassen.“ Bislang hatte Nestlé ein organisches Umsatzwachstum von „rund 4%“ in Aussicht gestellt; nun werden „mindestens 3%“ angepeilt.

Mark Schneider, seit Januar 2017 CEO von Nestlé. Foto: Nestlé

Im ersten Halbjahr wurden den Angaben zufolge 45,0 Mrd. sfr (47,1 Mrd. Euro) umgesetzt und damit 2,7% weniger als vor einem Jahr. Dabei drückten negative Wechselkurseffekte die Erlöse um 4,4%. Organisch – also bereinigt um Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe, die mit minus 0,4% zu Buche schlugen – wuchs Nestle um 2,1%. Damit hat das Unternehmen die Erwartungen der Analysten verfehlt; diese hatten im Schnitt mit einem Plus von 2,4% gerechnet.

Grund für das geringere Wachstum waren moderatere Preiserhöhungen. Nestlé hob die Preise im ersten Halbjahr durchschnittlich um 2,0% an. Im ersten Quartal hatten die Preiserhöhungen noch 3,4% betragen. Auch im Gesamtjahr würden die Verteuerungen weniger stark ausfallen als bislang erwartet, teilte Nestlé mit.

Eine Wende zum Besseren gab es hingegen beim Mengenwachstum – von Nestlé internes Realwachstum (RIG) genannt. Es lag im zweiten Quartal nach Unternehmensangaben bei 2,2%, nach minus 2,0% im ersten Jahresviertel. Das Volumenwachstum war damit so hoch wie seit dem Startquartal 2022 nicht mehr. Aufs erste Halbjahr gesehen war die Mengenentwicklung stabil (+0,1%).

Schneider sagte zur Entwicklung der Verkaufsmenge: „Wir sind zu positivem internem Realwachstum zurückgekehrt und haben dieses im zweiten Quartal konzernweit beschleunigt. (...) Mit Blick auf den Rest des Jahres werden wir unser internes Realwachstum weiter vorantreiben, indem wir innovative Produkte einführen, Konsumtrends aufgreifen und unsere umsatzstarken Spitzenmarken stärken.“

Zuversicht schürte der CEO in Bezug auf Nestlé Health Science. Das Verkaufsvolumen des Segments war im ersten Quartal von Lieferengpässen belastet worden, die wegen eines internen IT-Problems zutage traten. Vor drei Monaten hatte Nestlé versichert, dass die IT-Probleme bis Ende des ersten Halbjahres behoben sein werden. Waren die Verkäufe bei Health Science im ersten Quartal noch um 3,6% zurückgegangen, so lag das Minus nach dem ersten Halbjahr nur noch bei 0,2% Dazu Schneider: „Nestlé Health Science erzielt wie geplant gute Fortschritte und steht vor einem starken zweiten Halbjahr."

Renditen klettern

Die Ergebnisse von Nestlé sind im ersten Halbjahr maßgeblich durch den starken Franken belastet worden. Der Betriebsgewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) ging laut Nestlé im ersten Semester auf 7,84 (i.V. 7,9) Mrd. sfr zurück; das entsprach der Konsensschätzung. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge als Maß für die Profitabilität kletterte derweil um 30 Basispunkte auf 17,4%; zu konstanten Wechselkursen lag die Verbesserung bei 40 Basispunkten. Das operative Ergebnis (Ebit, bereinigt um Sondereffekte) stieg leicht auf 7,40 (7,35) Mrd. sfr. Die entsprechende Marge zog um 50 Basispunkte auf 16,4% an.

Nestlé
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. sfr1. Halbjahr 20241. Halbjahr 2023
Umsatz45.04546.293
Operatives Ergebnis (ber. Ebit)*7.3987.351
Operative Marge (%)16,415,9
Reingewinn5.6445.649
Operativer Cashflow8.1157.093
Freier Cashflow3.9783.422
Nettoverschuldung59.52655.605
Flüssige Mittel (30.06.)4.8653.679
Quelle: Nestlé, Halbjahresbericht

Unterm Strich erzielte Nestle wie in der Vorjahreszeit einen Reingewinn von rund 5,6 Mrd. sfr. Der zugrunde liegende Gewinn je Aktie stieg zu konstanten Wechselkursen gemäß den Angaben um 3,3% (minus 1,0% auf publizierter Basis auf 2,40 sfr). Der publizierte Gewinn je Aktie nahm um 1,8% auf 2,16 sfr zu. Nestlé senkte den Ausblick auch in Bezug auf den bereinigten Gewinn pro Aktie. Dieser soll nun 2024 „im mittleren einstelligen Bereich“ steigen. Zuvor hatte das Unternehmen mit einer Steigerung zwischen 6% und 10% gerechnet. Die Erwartung für die zugrunde liegende operative Marge bleibt bei einer „moderaten“ Steigerung; 2023 hatte diese bei 17,3% gelegen.

An der Schweizer Börse gab der Kurs im Handelsverlauf zeitweise 5,7% auf 88,26 sfr nach. Der Schlusskurs von 88,82 sfr – ein Minus von 5,1% – entsprach einem Marktwertverlust von umgerechnet knapp 13 Mrd. Euro. Dennoch gehört Nestle mit einer Kapitalisierung von 228 Mrd. sfr (238,5 Mrd. Euro) zu den schwersten Unternehmen Europas. Die Schweizer Gruppe liegt aber nur noch knapp vor SAP (knapp 228 Mrd. Euro), dem wertvollsten deutschen Konzern.

Stellenstreichungen in Deutschland

In einem Pressegespräch unterstrich Alexander von Maillot, Vorstandschef von Nestlé Deutschland, die Wende in der Volumenentwicklung: „Wir wachsen wieder in der verkauften Menge – weltweit, in Europa und in Deutschland. Das liegt vor allem daran, dass wir in unsere starken Marken und unsere Standorte investiert haben.“ Da die deutschen Verbraucher sehr preissensibel sind und auch hierzulande die Akzeptanz der Preiserhöhungen an Grenzen stößt, steht laut von Maillot bei Nestlé Deutschland die Kosteneffizienz im Fokus. Im November war ein Abbau im Außendienst von knapp 90 Stellen angekündigt worden. Nun sollen in der Zentrale in Frankfurt 119 Jobs gestrichen werden.

Alexander von Maillot, seit März 2023 Vorstandschef der Nestlé Deutschland AG; Foto: Nestlé

Von Maillot räumte ein, dass Nestlé in Europa „immer noch unter dem Prä-Covid-Niveau“ liegt. Der ausgewiesene Umsatz für den Kontinent liegt bei 9,28 (9,47) Mrd. sfr. Das organische Wachstum von 4,5% nährte sich den Angaben zufolge aus Preiserhöhungen von 3,1% und einem Volumenwachstum von 1,3%. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge habe in Europa im ersten Halbjahr bei 17,7 (16,6)% gelegen. Zu den Zahlen für Deutschland machte Von Maillot keine konkreten Angaben, sprach jedoch davon, dass sie in der Tendenz „ähnlich“ seien.

Der Deutschland-Chef von Nestlé wies auch auf die erhöhten Werbeausgaben hin. Sie seien hierzulande prozentual zweistellig und in absoluten Zahlen um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag gestiegen. Dies sei notwendig, um die Verkäufe zu steigern.

Nestlé hat die Prognosen für das organische Wachstum und den Gewinn je Aktie gesenkt. Bei Investoren kam das gar nicht gut an: Der Kurs der Börsenschwergewichtes sank um rund 5% auf 88,82 sfr. Die Zurückhaltung bei Preiserhöhungen führte im zweiten Quartal zu einem enttäuschenden organischen Wachstum.

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