MOBILFUNKMESSE IN BARCELONA

Netzwerkausrüster suchen neue Umsatzquellen

5. Mobilfunkgeneration lässt auf sich warten - Telekommunikationsgesellschaften setzen auf "Zwischenlösung" - M & A-Welle rollt heran

Netzwerkausrüster suchen neue Umsatzquellen

Weil die Standardisierung der 5. Mobilfunkgeneration (5 G) stockt, setzt die Branche auf eine “Zwischenlösung”, die die Einführung von 5 G beschleunigen soll. Dennoch verlängert sich für die Telekomausrüster die Hängepartie, so dass Ericsson und Nokia nach neuen Umsatzquellen, auch mit neuen Kunden, Ausschau halten.hei Barcelona – Die Einführung der 5. Mobilfunkgeneration (5 G) zieht sich hin. Weil der Standardisierungsprozess nur langsam vorankommt, hat sich eine Reihe von Branchenschwergewichten zusammengeschlossen, um mit einer “Zwischenlösung” erste kommerzielle Netze von 2019 an zu ermöglichen. Zuvor war von Ende 2020 die Rede gewesen. Zu den Initiatoren gehören neben Ericsson, Huawei und ZTE auch Deutsche Telekom, Vodafone, BT Group und andere. Nokia arbeitet dagegen zusammen mit Verizon und Samsung an deren Projekt “5 G First”. Erste Testnetze sollen noch in diesem Jahr kommen.Unterdessen sind die Telekomausrüster gezwungen, nach neuen Umsatzquellen Ausschau zu halten. Dabei will der neue Ericsson-Chef Börje Ekholm den Kundenfokus schärfen, wie er in der Pressekonferenz auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona ankündigte. Die Telekomnetzbetreiber als klassische Kunden treten indes im Tagesgeschäft bei neuer Netztechnik noch auf die Bremse, wie die Ericsson-Kunden T-Mobile US und Telstra deutlich machten. Von T-Mobile US war zu hören, dass man bemüht ist, den Wildwuchs der Netztechnik, der erhebliche Kosten verursacht, einzudämmen. Konkret: 2 G oder 3 G sollen abgeschaltet werden, bevor man zu 5 G voranschreite. Auch Telstra-CEO Andy Penn unterstrich auf der Ericsson-Bühne, dass “wir noch viele Möglichkeiten der Innovation im LTE-Standard sehen”. Talsohle nicht durchschrittenEricsson-Chef Ekholm setzt auf neues Geschäft mit ICT-Lösungen, etwa verbesserte Netzperformance für Video-Datenübertragung. Video-streaming ist die Hauptursache für die Datenexplosion auf mobilen Netzen. Zugleich sollen mit verbesserter Performance die Kosten für die Telekomnetzbetreiber sinken. Wachstumsimpulse erwartet Ekholm auch von der erweiterten Connected-Car-Lösung, wo Ericsson mit Scania am Aufbau eines Ökosystems arbeitet.Da viele dieser Innovationen in der Regel Software-Upgrades sind, ist daraus allerdings kein Umsatzschub für die Ausrüster zu erwarten. Die Talsohle, speziell bei Ericsson, ist daher noch nicht durchschritten. Ekholm wollte sich nicht auf eine Erholung im laufenden Jahr festlegen.Unterdessen ist Rivale Nokia nach der Integration von Alcatel-Lucent deutlich besser gerüstet, um von Marktchancen jenseits des “traditionellen Carrier-Business” zu profitieren, wie Konzernchef Rajeev Suri auf der Presse- und Analystenkonferenz des Unternehmens in Barcelona sagte. Nokia, die noch 2015 mehr als 90 % ihres Umsatzes im Kerngeschäft mit breitbandigen Mobilfunknetzen erwirtschaftete, konnte dank des komplementären Portfolios von Alcatel-Lucent das Gewicht dieses Bereich im vergangenen Jahr auf 56 % senken und u.a. die Geschäfte mit optischen Netzen, IP-Routing und Softwarelösungen ausbauen. Der Nokia-Chef bezifferte den Gesamtumsatz mit originären Softwarelösungen auf 1 Mrd. Euro.Suri rechnet auch im laufenden Jahr mit einem insgesamt weiter rückläufigen Kernmarkt für Netzinfrastruktur, für den ein Minus von 2 % vorhergesagt wird. Allerdings dürfte sich die Nachfrage in “angrenzenden Geschäftsfeldern” wie netzbasierte Softwarelösungen für öffentliche Verkehre, im Gesundheitssektor und Clouddienste deutlich besser entwickeln. Hier rechnen Analysten mit einem Wachstum von 14 %. Dies sei für Nokia nicht zu erreichen, denn “wir sind in diesen Themen noch ganz klein”, so der Konzernchef. Allerdings wollen sich die Finnen ein gutes Stück vom Kuchen abschneiden. Suri prognostizierte, dass die großen Internetplayer ihre Netzkapazitäten zweifach so stark ausweiten werden wie die Telekomnetzbetreiber.Für Nokia gehe es daher im Netzwerkgeschäft darum, “selektiv zu vertikalisieren”. Es gelte die Nachfrage von Amazon, Google & Co. nach Datacenter-Management, Cloud-Netzkapazitäten und IP-Networking zu bedienen. Die Ausrichtung auf diese neue Kundengruppe ist für die Telekomausrüster nicht zuletzt deshalb wichtig, weil zahlreiche Marktkenner – so auch Suri – dieses Jahr mit einer M & A-Welle im Telekomsektor rechnen. Ausgangspunkt dürften die USA sein, aber auch in anderen Regionen werden Zusammenschlüsse erwartet. Dies erhöht den Druck auf das Kerngeschäft der Ausrüster, weil Netzsynergien bei Fusionen in der Telekombranche regelmäßig an erster Stelle stehen.