RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: BERND KELLER

Neue Berichtspflichten für Kapitalgesellschaften

Detaillierte Angaben über Risiken und Umweltthemen gefordert

Neue Berichtspflichten für Kapitalgesellschaften

– Herr Dr. Keller, nach dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSR-Richtlinie der EU müssen große Unternehmen und Banken künftig ihre Risiken darstellen, die im Hinblick auf Sozial- und Umweltbelange, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung bestehen. Wie ist der Kreis der Betroffenen eingegrenzt?Von den neuen Berichtspflichten sind bestimmte große, insbesondere kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern betroffen. Sie müssen künftig im Lage- beziehungsweise Konzernlagebericht oder in einem gesonderten nichtfinanziellen Bericht Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen sowie zu den Themen Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung machen. Die Beschränkung auf große, kapitalmarktorientierte Unternehmen ist angemessen, da die Berichtsadressaten kleiner und mittlerer Unternehmen meist einen geringeren Informationsbedarf haben. Das könnte sich zukünftig allerdings ändern.- Wie umfangreich hat man sich die Darstellung dieser nichtfinanziellen Themen vorzustellen?Die betroffenen Unternehmen sind verpflichtet, für jeden Aspekt die verfolgten Konzepte, Due-Diligence-Prozesse und wesentliche Risiken für die eigene Geschäftstätigkeit darzustellen, sofern für das Verständnis erforderlich. Zudem müssen sie die damit verbundenen Geschäftsbeziehungen, Produkte und Dienstleistungen abbilden und auf die bedeutsamsten Leistungsindikatoren eingehen. Je nach Größe und Komplexität des Unternehmens kann der Bericht daher sehr umfangreich werden. Im Konzernverbund lässt sich Doppelberichterstattung vermeiden, indem eine nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung mit entsprechender Befreiung der einzelnen Tochterunternehmen erstellt wird.- Wie tief ins Detail müssen die Firmen gehen?Die dargestellten Aspekte und strukturellen Aussagen geben den Rahmen vor. Der Gesetzgeber liefert aber auch Beispiele zur Tiefe der Berichterstattung. So wird für die Umweltbelange auf Informationen zu Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch oder Luftverschmutzung abgestellt, für die Arbeitnehmerbelange auf Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung, Arbeitsplatzsicherheit und die Achtung der gewerkschaftlichen Rechte. Insofern wird die Berichterstattung oft sehr detailliert ausfallen. Da es sich aber nicht um zwingende Mindestangaben handelt, hängt der Umfang stark von der grundlegenden Kommunikationsstrategie der Unternehmen in Bezug auf CSR-Themen ab. Anerkannte nationale, europäische oder internationale Rahmenwerke, zum Beispiel GRI oder Integrated Reporting, können als Orientierungshilfen für die Ausgestaltung der Berichterstattung dienen, sind aber in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich und heterogen.- Sind die gesetzlichen Vorgaben so, dass für den externen Betrachter Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen hergestellt wird?Es besteht große Flexibilität bei der Ausgestaltung und Detailtiefe der Berichterstattung. Auch kann die nichtfinanzielle Erklärung Teil des Lageberichts sein oder gesondert als nichtfinanzieller Bericht zusammen mit dem Lagebericht oder auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht werden. Erst wenn sich ein Berichtsformat langfristig durchsetzt und sich einige wenige Rahmenwerke als Grundlage in der operativen Umsetzung herauskristallisieren, wird eine Vergleichbarkeit der Berichte auch EU-weit im Ansatz gegeben sein. Allerdings dürfte das dann auch nur für Unternehmen einer Branche gelten. Branchenübergreifend werden die Berichte kaum vergleichbar sein.- Wie werden Verstöße gegen die neuen Berichtspflichten sanktioniert?Die bestehenden Straf- und Bußgeldvorschriften werden mit den neuen Berichtspflichten erweitert und der maximale Bußgeldrahmen spürbar angehoben. Dabei rücken neben zeitlichen Aspekten der Offenlegung auch inhaltliche Themen in den Fokus. Zudem werden die Neuregelungen schon erstmals für im Jahr 2017 beginnende Geschäftsjahre der Unternehmen wirksam. Es ist also die direkte Auseinandersetzung mit den neuen Berichtspflichten und individuellen Auswirkungen geboten.—-*) Dr. Bernd Keller ist Partner der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.