Neue hausgemachte Probleme im dritten Quartal

Siemens bezahlt Qualitätsprobleme bei Windrädern in den USA mit hohem zweistelligem Millionenbetrag

Neue hausgemachte Probleme im dritten Quartal

Von Michael Flämig, MünchenSiemens hat nicht nur mit der Konjunkturschwäche, sondern weiterhin mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Im abgelaufenen dritten Quartal (30. Juni) schlägt erneut eine Sonderlast ins Kontor. Qualitätsmängel an Windrädern in den USA kosten den Konzern einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Damit konkretisieren sich entsprechende Hinweise, die Konzernchef Peter Löscher und Finanzvorstand Joe Kaeser auf Investorenkonferenzen Mitte Juni gegeben hatten. Siemens legt die Zahlen am 1. August vor.Siemens musste schon im ersten Halbjahr Sonderlasten in dreistelliger Millionenhöhe verdauen. Allein die Verzögerungen bei den Hochgeschwindigkeitszügen Velaro Deutschland und Velaro Eurostar schlagen mit 277 Mill. Euro zu Buche. Löscher erwartet im dritten Quartal keine weiteren Belastungen. Die Schließung aus dem Solargeschäft wird bis zu 300 Mill. Euro kosten. Die Rechnung für die missglückte Netzanbindung von Offshore-Windparks beträgt aktuell 112 Mill. Euro. Zudem kostete das Sparprogramm “Siemens 2014” im ersten Halbjahr 154 Mill. Euro. Hinzu kommen jeweils zweistellige Millionenbeträge in mehreren Divisionen.Die jüngste Belastung in der Division Wind Power resultiert aus einem Qualitätsproblem bei einem Zulieferer. Schon im Mai löste sich in Kalifornien ein Rotorblatt des Typs B53 von einem – mit drei Blättern ausgerüsteten – Windrad und krachte zu Boden. Ebenso wie bei einem ähnlichen Unfall zuvor in Iowa wurde niemand verletzt. Siemens forderte jedoch alle Windenergie-Produzenten auf, ähnliche Anlagen nur mit gedrosselter Leistung zu betreiben. Betroffen waren rund 700 Turbinen. 100 Turbinen im BlickDie Analyse ergab schon Ende Mai, dass die rund 100 Rotorblätter umfassende Lieferung eines Zulieferers fehlerhaft war: Weil die Oberfläche nicht rau genug war, verband sich das Material an der Wurzel des Rotorblatts beim Verschweißen nicht richtig mit der Narbe. Damit mussten bei rund 30 Turbinen die Wurzeln verstärkt oder Rotorblätter ausgetauscht werden. Mittlerweile seien fast alle Anlagen wieder in Betrieb, erklärte ein Sprecher von Siemens Energy.Die Sonderlasten speisen sich aus drei Quellen. Erstens fiel zusätzlicher Serviceaufwand an, weil die Windräder vor Ort untersucht werden mussten. Zweitens kostete die Reparatur der Anlagen Geld. Drittens erhalten die Betreiber Ersatz für nicht verkauften Strom. Das Belangen des Zulieferers dürfte angesichts der Finanzausstattung, die in dieser Branche üblich ist, aussichtslos sein.Kaeser hatte im Juni erklärt, die Belastung sei zwar nicht materiell für den Gesamtkonzern, aber für die Division Wind Power. Die Einheit weist extrem volatile Ergebnisse auf, in den vergangenen sechs Quartalen schwankten sie zwischen – 26 Mill. Euro und 134 Mill. Euro (siehe Grafik). Im dritten Quartal ist trotz der Sonderkosten mit einem positiven Divisionsergebnis zu rechnen. Der Grund: Im Sommerquartal dürften die höhermargigen Gewinne aus dem Offshore-Geschäft angefallen sein.Im Management hat Siemens bereits Anfang Juli die Konsequenz aus der Fehlentwicklung gezogen. Der 53-jährige Felix Ferlemann, der im Jahr 2011 vom Autozulieferer Benteler an die Spitze der Division wechselte, musste seinen Hut nehmen. Markus Tacke aus der Division Öl & Gas übernahm seinen Posten. Seine vordringliche Aufgabe wird sein, das interne Qualitätsmanagement zu verbessern. Schließlich ist in der jungen Branche, wie der Fall zeigt, auf die Prozesse bei den Zulieferern nicht ausreichend Verlass.