Wirtschaftsministerium

Neue Runde milliardenschwerer Mikroelektronik-Förderung startet

In Berlin wurde am Montag eine neue Runde milliardenschwerer Förderung für den Hochlauf der Mikroelektronik-Industrie eingeläutet. Insgesamt 4 Mrd. Euro wollen Bund und Länder an 31 Projekte verteilen.

Neue Runde milliardenschwerer Mikroelektronik-Förderung startet

Neue Runde milliardenschwerer Mikroelektronik-Förderung startet

Bund und Länder verteilen 4 Mrd. Euro an 31 Projekte – Habeck: Branche ist "Schlüssel zur Transformation" – Auch BDI unterstützt Subventionen

ahe Berlin

Nach den Subventionen für die geplanten Investitionen des US-Konzerns Intel in Magdeburg sowie des taiwanischen Chipherstellers TSMC in Dresden startet jetzt eine neue Runde milliardenschwerer Förderung für den Hochlauf der Mikroelektronik-Industrie in Deutschland. Insgesamt 4 Mrd. Euro wollen der Bund und die Länder an insgesamt 31 Projekte geben, die über elf Bundesländer verteilt sind. Die EU-Kommission hatte Beihilfen für diese sogenannten IPCEI-Projekte (Important Project of Common European Interest) bereits im Juni im Grundsatz genehmigt. Mittlerweile sind die Projekte nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums auch bereit für die nationale Genehmigung: "Erste Förderbescheide können in Kürze überreicht werden."

Wirtschaftsminister Robert Habeck betonte am Montag auf einer Konferenz in Berlin, auf der die geförderten Unternehmen ihre Vorhaben genauer vorstellen konnten, die Mikroelektronik sei "der Schlüssel zur grünen und digitalen Transformation der Wirtschaft". Der Grünen-Politiker verwies darauf, dass die in der EU benötigten Chips aktuell noch zu 90% importiert werden müssten. Deutschland produziere derzeit lediglich 3% der benötigten Chips selber. "Das ändern wir jetzt", betonte Habeck. Es sei ein politisches Gebot der Stunde, jetzt etwas gegen die hohen Abhängigkeiten zu unternehmen.

Über 10 Mrd. Euro Investitionen

Zu den nun geförderten Mikroelektronik-Investitionen gehören Vorhaben von großen Konzernen wie Bosch und Infineon, die jeweils mit zwei Projekten dabei sind, von Wacker Chemie in Bayern, Wolfspeed im Saarland oder auch Carl Zeiss in Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg. Auf der Liste der 31 Unternehmen stehen aber auch Mittelständler und ein Start-up. Zu den versprochenen Subventionen kommen nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Investitionen seitens der Unternehmen von mehr als 10 Mrd. Euro für Anlagen, Fertigungsstätten und die Entwicklung von neuartigen Halbleiterchips. Die Politik hofft darauf, dass so mehr als 4.000 direkte neue Arbeitsplätze geschaffen werden sowie sogar das Fünffache dieser Zahl an neuen Jobs in Unternehmen im lokalen Umfeld sowie in der Wertschöpfungskette und bei Lieferanten entsteht.

Erste Erfahrungen mit der Mikroelektronik-Förderung über die von Brüssel unterstützten wichtigen gemeinsamen europäischen Projekte gibt es bereits: Ende 2018 wurde von der EU-Kommission das erste IPCEI für die Branche aufgelegt. In diesem Rahmen erhielten 18 deutsche Unternehmen Subventionen von etwa 1 Mrd. Euro, was zusätzliche gut 2,6 Mrd. Euro an privaten Investitionen nach sich zog und für rund 2.400 neue Arbeitsplätze in der deutschen Mikroelektronik-Branche sorgte. Sowohl Brüssel als auch Berlin verweisen zudem auf weitere positive Spillover-Effekte, etwa im Bereich der Zulieferung oder auch für Forschungseinrichtungen. Die Projekte wurden alle Ende 2022 abgeschlossen. Letzte Fördergelder fließen allerdings noch in diesem Jahr.

Während das erste IPCEI noch sehr breit auf alle Bereiche der Wertschöpfungskette zielte, konzentriert sich das zweite, das jetzt startet, vor allem darauf, in den Bereichen Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien dort aufzuholen, wo die EU technologisch besonders abhängig von Drittstaaten geworden ist. Die 31 deutschen Projekte reihen sich dabei in insgesamt 100 Vorhaben aus insgesamt 20 EU-Mitgliedstaaten ein, für die Brüssel im Juni beihilferechtlich grünes Licht gegeben hat. Beim ersten IPCEI von 2018 waren nur 32 Investitionen aus lediglich fünf Mitgliedstaaten beteiligt.

Mehr Tempo gefordert

Die Dringlichkeit der Investitionen zeigt sich auch im Europäischen Chips Act, den die EU-Kommission im Februar 2022 vorgeschlagen hat und der nach dem Durchlauf durch die europäische Gesetzgebung voraussichtlich noch in diesem Monat in Kraft treten wird. Hier wird das Ziel formuliert, die europäischen Produktionskapazitäten im Bereich der Mikroelektronik, die in den 90er Jahren noch bei über 40% der weltweiten gelegen hatten und heute auf unter 10% abgesackt sind, wieder auf 20% mehr als zu verdoppeln. "Wir holen jetzt mit Subventionen wieder den Markt zurück nach Deutschland und Europa", betonte Minister Habeck am Montag und zeigte sich sicher, dass die Förderung auch Früchte tragen wird.

Unterstützung für die nun anstehenden Milliarden-Subventionen kam auch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Präsident Siegfried Russwurm sprach in Berlin unter Verweis auf die unverzichtbare Bedeutung der Mikroelektronik für die Wirtschaft von "gut investiertem Steuergeld". Es gehe auch um die stärkere europäische Souveränität und die Nichterpressbarkeit. Dem könne man auch nicht Rechnungen wie Subventionen je Arbeitsplatz gegenhalten.

Ebenso wie Vertreter der Bundesländer, die immerhin 30% der 4 Mrd. Euro Fördersumme tragen, forderte aber auch Russwurm schnellere Genehmigungsverfahren für die IPCEI-Projekte. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, dass die Projekte auch mittelstandsfreundlicher ausgestaltet werden müssten. Sein Amtskollege aus Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), verwies darauf, dass sein Land sich trotz knapper Kassen an der Förderung beteilige, zeige die Bedeutung der Mikroelektronik-Branche. Die Ausgaben forderten und belasteten allerdings auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, weil das Geld anderweitig fehle.

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