Neue Wege für teure Netze

Passive Telekommunikationsinfrastruktur als Assetklasse - Finanzierung für die Bandbreiten von morgen

Neue Wege für teure Netze

hei Frankfurt – Der rasant wachsende Datenverkehr in den Telekommunikationsnetzen erfordert in Europa ein Investitionsvolumen im dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich, wenn der Bedarf an Bandbreite gedeckt und insbesondere den Zielen der “Digitalen Agenda” der EU bis 2020 genüge tun soll. Dabei wird immer mehr deutlich, dass die klassischen Netzbetreiber dieses Kapital insgesamt nicht aufbringen können.Telekommunikations- und Kabelgesellschaften sind nicht in der Lage, hohe Investitionen allein in Infrastruktur zu stecken, sondern gezwungen, verstärkt in Content zu investieren, da dies für die Generierung Cash-flows unumgänglich ist. Überdies stehen die contentbasierten Cash-flows im scharfen Wettbewerb unter Druck. Auf Basis dieser – keineswegs neuen – Erkenntnisse hat der niederländische Fonds Bouwfonds Investment, ein Vehikel der Rabobank, neue Finanzierungsmodelle für die Netze der Zukunft entwickelt, bei der die “passive Telekommunikationsinfrastruktur” als neue Assetklasse für institutionelle Anleger empfohlen wird. Langlebige GüterLaut Peter Selgert, Director Asset Management bei Bouwfonds, eignen sich diese Anlagen wie Kabelnetze, Sendemasten, Datenzentren etc “hervorragend” für die Erwirtschaftung von langfristig sicheren Erträgen aus Sachwerten. Sie böten bei richtiger Ausgestaltung Schutz vor Inflation und eigneten sich zudem zur Risikostreuung im Gesamtportfolio. Denn die genannten Assets sind im Gegensatz zur “aktiven Infrastruktur” (Übertragungstechniken wie GSM, UMTS, LTE oder auch Docsis u.a.) sowie der Service-Ebene (TV, Telefonie, Internetdienste aller Art) äußerst langlebige Güter mit einer Lebensdauer von 15 Jahren und mehr. Dagegen ist die aktive Infrastruktur in der Regel nach 3 bis 5 Jahren überholt, die Services sind noch kurzlebiger. Zugleich entfallen 70 bis 80 % der Netzwerkkosten auf die passive Infrastruktur.Deshalb bieten sich zur Finanzierung laut Selgert bewährte Modelle aus der Immobilienwirtschaft wie das Sale- and-Lease-back-Verfahren gerade zu an. Telekommunikations- und Kabelgesellschaften aber auch andere große Netzeigentümer wie insbesondere Wohnungesellschaften könnten ihre Netze an Bouwfonds verkaufen – auf diese Weise erhebliche Mittel freisetzen – und zurückmieten. In einem Betreibermodell mit einer offenen Systemarchitektur könnten dann mehrere Anbieter ihre Dienste anbieten. Die Endkunden profitieren von einem breiteren Angebot auf einer hochwertigen Infrastruktur, was die monatlichen Durchschnittserlöse (ARPU) steigern sollte, so Selgert.Nach seinen Worten ist Bouwfonds, die in Deutschland just an den Start gehen, in den Niederlanden bereits erfolgreich unterwegs. Dem Infrastrukturfonds CIF I gehören demnach 27 % der holländischen Mobilfunktürme, beim Glasfasernanteil liegt der Fonds mit 8 % Marktanteil auf Platz 3 hinter den Kabelgesellschaften und KPN. Die Telekom-Investments von Bouwfonds umfassen inszwischen rund 650 Mill. Euro. Insgesamt verwaltet der Asset-Manager 5,9 Mrd. Euro.Das Finanzierungsmodell entkoppelt die Wertschöpfungskette im zuletzt immer stärker verzahnten TMT-Sektor. Netzbetreiber werden auf ein Asset-light-Geschäftsmodell reduziert, bei dem sie sich auf das Kerngeschäft der Plattformen für Telekommunikations- und Medienservices konzentrieren. Die hohen Kosten für Abschreibungen und Investitionen in Netze entfallen, allerdings ist noch unklar, wie sich die Cashflowströme tatsächlich entwickeln. Die Endkunden müssen mit ihren ARPU sowohl die Leasinggebühr für die Infrastruktur als auch die Kosten für die Services und sonstige Betriebskosten erwirtschaften. In welchem Umfang dies gelingt, ist offen.