Neue Zulassungsregel führt europaweit zur Autoflaute

Versäumnisse bei WLTP-Umsetzung belasten sämtliche Marken - Chinesischer Markt im dritten Monat rückläufig

Neue Zulassungsregel führt europaweit zur Autoflaute

igo Stuttgart – Die seit Anfang September geltenden Zertifizierungsregeln für Pkw-Neuzulassungen in Europa haben für einen Einbruch der Verkäufe gesorgt. In Westeuropa rauschten die Neuzulassungen dem Branchenverband Acea zufolge um 23,1 % auf gut 1 Million Autos nach unten. In den EU-Ländern lag das Minus bei 23,5 % auf knapp 1,1 Millionen Pkw.Seit dem 1. September dürfen in Europa nur noch Fahrzeuge verkauft werden, die nach der Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP) zugelassen wurden. Fast alle Hersteller hatten in den Sommermonaten Modelle, die noch nach dem alten Prüfzyklus NEFZ zertifiziert waren, mit Rabatten in den Markt gedrückt oder als Eigenzulassungen bei ihren Händlern geparkt. Weil die Konzerne teilweise zu spät mit der Umstellung begonnen haben, sind derzeit nicht alle Modelle zu erhalten. Wie stark diese Effekte auf die Absatzzahlen der Hersteller durchschlagen, hatte sich bereits mit der Veröffentlichung der Neuzulassungen in Deutschland im September gezeigt (vgl. BZ vom 3. Oktober).WLTP gilt jedoch in ganz Europa, so dass die Effekte auch auf dieser Ebene die sonst übliche Rangfolge der Hersteller bei der Zahl der neu zugelassenen Pkw – normalerweise mit Volkswagen an der Spitze – durcheinanderwirbeln. Beim VW-Konzern halbierten sich die Verkäufe über alle Pkw-Marken hinweg auf 155 185 Fahrzeuge. Audi verzeichnete einen Einbruch um 60 % und ist zudem die einzige Konzernmarke, die in Europa auch seit Jahresbeginn knapp 6 % unter dem Vorjahreszeitraum liegt. BMW war im September mit einem Rückgang um gut 7 % die meistzugelassene Marke. Inklusive Mini lag das Minus bei 8,6 %. Bei Daimler ging es bei Mercedes und Smart um jeweils rund 12 % nach unten. Auf Jahressicht liegen BMW (-1,2 %) und Daimler (-5,1 %) ebenfalls unter dem Vorjahr. Kia, Volvo und Jaguar waren die einzigen Automarken, die im September in Europa ein Plus verzeichneten.Peter Fuß, Partner beim Prüf- und Beratungsunternehmen EY, geht von weiteren schwierigen Monaten für die Hersteller in Europa aus. “Die Flaute wird voraussichtlich auch im Oktober noch anhalten, denn neben vorgezogenen Käufen dürfte auch das stark eingeschränkte Angebot eine Rolle spielen: Einige Modelle sind noch nicht nach dem neuen Prüfstandard zertifiziert und daher nicht verfügbar”, so Fuß. Er setzt auf eine Normalisierung bis Dezember.Die Hersteller setzen auf Jahressicht dagegen vor allem auf den chinesischen Markt. Der schwächelt allerdings auch und lag im September zum dritten Mal in Folge im Minus. Mit gut 2 Millionen Pkw sank das Marktvolumen um 12 % und liegt seit Januar mit 1,1 % nur knapp im Plus. Die USA verzeichneten im September 2019 einen Verkaufstag weniger als im Vorjahr. Die Neuzulassungen sanken in Folge um 6 % auf 1,4 Millionen Pkw und leichte Trucks. Der Verkauf von Transportern legte dabei um 2 % zu.Diesel-Fahrzeuge waren von der Entwicklung im September besonders stark betroffen. In den fünf größten Märkten Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien lag das Minus bei insgesamt 40 %. Der Rückgang war damit noch deutlicher als im Gesamtmarkt. In den vergangenen Monaten hatte sich der Anteil der Antriebstechnologie an den gesamten Neuzulassungen bei rund 37 % stabilisiert. Nun ging es hinab auf 33,6 %.Weil Benziner mehr CO2 ausstoßen als Diesel-Pkw ist Fuß zufolge “ein massiver Anstieg der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen” notwendig, damit die Hersteller die CO2-Ziele der EU noch erreichen können. Ab 2020 dürfen neu zugelassene Pkw im Schnitt nur noch 95 Gramm pro Kilometer ausstoßen und jeder Verstoß kostet Bußgeld. Im dritten Quartal hat die Wachstumsdynamik bei Elektroautos jedoch nachgelassen. Im ersten Halbjahr waren die Neuzulassungen von E-Autos und Hybriden in den europäischen Top-5-Märkten um 33 % gestiegen, im dritten Quartal um 21 %. Der Marktanteil von E-Autos lag im September bei 1 %, bei Hybriden waren es 5,9 %.