Neue Zutaten für gehaltvolle Unternehmensberichte

Umsetzung der Corporate-Social-Responsibility-Richtlinie erfordert Angaben zu Umweltbelastung und Menschenrechten

Neue Zutaten für gehaltvolle Unternehmensberichte

Von Sabine Wadewitz, FrankfurtMit einiger Verzögerung hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Corporate-Social-Responsibility-Richtlinie (CSR-Richtlinie) verabschiedet. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen mit Umsetzung dieser EU-Regulierung künftig nichtfinanzielle Informationen in einer eigenen Erklärung offenlegen.Die betroffenen Unternehmen sollen wesentliche Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen machen sowie zu Menschenrechten und zur Korruptionsbekämpfung. Es wird verlangt, dass wesentliche Risiken aufzuzeigen sind, die im Hinblick auf die eigene Geschäftstätigkeit und die Lieferkette bestehen und sich auf nichtfinanzielle Aspekte auswirken würden.Hierzulande fließen die neuen Regeln in das Handelsgesetzbuch und das Aktienrecht ein. Der Gesetzgeber gibt keine Checkliste vor, aber eine Orientierung für die Berichterstattung. Es sollen Angaben sein, die wesentlich sind für das Verständnis der Kapitalgesellschaft.Die Verpflichtung beginnt rückwirkend zum 1. Januar mit dem Geschäftsjahr 2017. Vorgelegt werden müssen die neuen Erklärungen spätestens Ende April 2018 – diese Frist hat der Gesetzgeber um zwei Monate verkürzt, wie Nicole Richter, Partnerin der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, im Gespräch erläutert.Zahlreiche große Unternehmen sind mit diesen Anforderungen schon vertraut, sie geben bereits Informationen über Energieverbrauch, Arbeitsunfälle und andere ökologische und soziale Aspekte in ihren Geschäftsberichten bekannt. Viele Dax-Konzerne veröffentlichen eigene Nachhaltigkeitsberichte oder haben auf Integrated Reporting umgestellt. Manche Gesellschaft außerhalb dieses Kreises dürfte die Erstanwendung gleichwohl vor Herausforderungen stellen, meint die EY-Beraterin. Auch wenn in Unternehmen bereits Informationen über Mitarbeiterbelange oder Umweltaspekte gesammelt würden, heiße es noch nicht, dass sie entsprechend für die neuen Berichtspflichten aufbereitet seien. Aufsichtsrat in neuer RolleDie Expertin hebt hervor, dass der Aufsichtsrat eine neue Rolle bekommt, denn er hat die Angaben inhaltlich zu prüfen, während der Abschlussprüfer nur darauf zu achten hat, dass die nichtfinanzielle Erklärung vorliegt. “Die Aufsichtsräte müssen klären, wie weit sich ihre Prüfungspflicht erstreckt und wie tief sie in die Themen einsteigen müssen”, mahnt Richter. Das Gremium müsse sich “wie bei der Beurteilung von Abschluss und Lagebericht vergewissern, ob die nichtfinanziellen Angaben ordnungsgemäß, zweckmäßig und rechtmäßig sind”.Der Knackpunkt werde sein, wie weit man das Gesetz auslegt und wie weit man in die Lieferkette geht. Es wird unternehmensspezifisch Unterschiede geben, wie intensiv Lieferanten und Vorlieferanten zu begutachten sind – eine Fertigung in Bangladesch wird mit Blick auf Menschenrechte genauer zu betrachten sein als ein Werk in Deutschland. Immer vor dem Hintergrund, wie diese Zusammenhänge den Geschäftsverlauf beeinflussen und welche Ziele das Unternehmen verfolgt.Die Firmen müssen sich zu allen Aspekten äußern, unabhängig davon, wie wesentlich die Themen sind. Wenn das Gesetz sehr eng ausgelegt wird, kann die Erklärung kurz und knapp ausfallen, meint Richter. Allerdings fordern auch Investoren zunehmend Nachhaltigkeitsinformationen ein, um das Geschäftsmodell langfristig einschätzen zu können. Wenn ein Unternehmen in seiner Auskunftsbereitschaft hinter Wettbewerbern zurückbleibt, dürfte das bei Anlegern für Fragezeichen sorgen.Problematisch ist, dass soziale und ökologische Belange oft schwer messbar und überprüfbar sind. Das erschwert wiederum eine Standardisierung und den Vergleich zwischen Konzernen. Aus Anlegersicht ist es aber nicht das Ziel, Daten zu sammeln, sondern zusätzliche Informationen für die Bewertung von Geschäftsmodellen zu erhalten. Hohe SchwelleEY-Partnerin Richter weist darauf hin, dass die Wesentlichkeitsschwelle für die Angaben von Risiken in Bezug auf nichtfinanzielle Aspekte im Gesetz sehr hoch ist. Doch viele werden die Gunst der Stunde nutzen. “Ich vermute, dass viele Unternehmen sich bemühen werden, Nutzen aus den Vorgaben zu ziehen. Sie werden bestrebt sein, den Investoren und Stakeholdern die Verknüpfung der nichtfinanziellen Aspekte mit der Geschäftstätigkeit und mit den finanziellen Folgen darzustellen”, sagt Richter. Das könne auch in der internen Steuerung des Unternehmens unterstützen.