RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MATTHIAS TERLAU

Neuer Weg für Restrukturierungen

Umwandlung von Anleihen in Optionen ohne Prospektpflicht

Neuer Weg für Restrukturierungen

– Herr Dr. Terlau, Sie haben jüngst die DF Deutsche Forfait AG bei der ordentlichen Hauptversammlung begleitet, die der Ausgabe von Optionen für die bestehende Anleihe 2013/2020 zustimmte. Die Gesellschaft legte damit die Basis für eine umfassende Restrukturierung. Was ist das Besondere an dieser Kapitalmaßnahme?Im Rahmen der Restrukturierung des Eigen- und Fremdkapitals von börsennotierten Gesellschaften ist es in der Regel erforderlich, früher begebene Anleihen einzubeziehen – oft mit dem Ziel, deren Gläubiger zu einem Verzicht auf Zinsen und vielleicht sogar einen Teil ihrer Hauptforderung zu bewegen. Sollen die Gläubiger nicht ohne Gegenleistung verzichten, können die Gläubiger nach dem Schuldverschreibungsgesetz von 2009 mit qualifizierter Mehrheit auch die Umwandlung oder den Umtausch in Gesellschaftsanteile, andere Wertpapiere oder andere Leistungsversprechen beschließen. Die DF AG hat nun erstmals vorgeschlagen, eine Anleihe in eine Optionsanleihe umzuwandeln.- Waren die üblichen Maßnahmen keine Alternative?Der Debt-to-Equity-Swap, also die Einbringung bestehender Anleihen als Sacheinlagen gegen Gewährung von Aktien, unterliegt in der Regel Prospektpflichten. Es ist ungeklärt, ob nicht schon die Einladung zur Gläubigerversammlung ein öffentliches Angebot der neuen Aktien an die Anleihegläubiger darstellt. Dann müsste ein von der BaFin gebilligter Prospekt bereits vor der Einladung veröffentlicht sein. Das ist ein großes Hindernis für die Praxis.- Und die anderen Varianten?Der Debt-to-Debt-Swap oder Debt-to-Mezzanine-Swap durch Tausch der bestehenden Anleihe gegen eine neue Anleihe, gegebenenfalls mit Wandlungs- oder Optionsrechten, könnte zwar grundsätzlich nach dem Schuldverschreibungsgesetz mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Aber auch hiermit würde die Gesellschaft neue Wertpapiere anbieten und deshalb der Prospektpflicht unterfallen. Zwar gibt es erwägenswerte Gründe, diese Prospektpflicht abzulehnen, aber auch die aktuellen Verlautbarungen der BaFin sprechen eher für die Prospektpflicht. Angesichts der Haftung des Emittenten und des Anbieters bei fehlendem Prospekt wäre die Durchführung des Umtauschs ohne vorherige Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts sehr risikoreich.- Was spricht gegen einen Prospekt? Der könnte doch sogar neues Vertrauen schaffen.Es geht nicht um die Vermeidung der Prospektpflicht überhaupt, sondern um den sehr ungünstigen Zeitpunkt, namentlich vor der Einladung zur Gläubigerbeschlussfassung. Das stellt in der Restrukturierungssituation eine Herausforderung dar, weil die Verhandlungen mit Gläubigern, Aktionären und Neuinvestoren eine schnelle Durchführung der erforderlichen Beschlussfassungen erfordern.- Warum entfällt die Pflicht bei der Umwandlung in eine Optionsanleihe?Hier wird eine bestehende Anleihe geändert. Ihr wird nur eine Option in Form eines unverbrieften und nicht getrennt verbriefbaren Optionsrechts hinzugefügt. Es entsteht kein neues Wertpapier. Ein Angebot von neuen Wertpapieren, nämlich Aktien der Gesellschaft, würde dann erstmalig bei Ausübbarkeit der Optionen stattfinden. Nach den Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden zu Aktienoptionen dürfte aber auch dann ein Wertpapierprospekt nicht erforderlich sein.- Warten die Hürden in anderen Bereichen?Das Aktienrecht sieht eine Beschlussfassung der Hauptversammlung hierfür bisher nicht vor. Es gibt hierzu kaum Stellungnahmen und keine Urteile, die sich mit dieser Frage befassen. Andererseits lässt sich aus den bestehenden Vorschriften des Aktienrechts zu Wandelanleihen der Schluss ziehen, dass auch eine “Hinzufügung von Optionen” auf Aktien der Gesellschaft der vorherigen Beschlussfassung der HV bedarf. Die Gerichte haben durch das neue Schuldverschreibungsgesetz einen “Auftrag” zur Gesetzesinterpretation insbesondere für Sanierungssituationen erhalten – den dürften sie hier in entsprechender Weise nutzen.—-Dr. Matthias Terlau ist Partner im Kölner Büro von Osborne Clarke und Leiter der deutschen Praxisgruppe Bank- und Kapitalmarktrecht. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.