Neues Kapitel im Krimi um Rhön-Klinikum
Die spannungsgeladene Hauptversammlung des Rhön-Klinikums hat ein rechtliches Nachspiel. Gegen den Beschluss, die Übernahmehürde in der Satzung zu kippen, sind Anfechtungs klagen angekündigt worden. Wie der Klinikkonzern bestätigte, wurden Stimmrechte des Widersachers B.Braun in der Abstimmung wegen mutmaßlicher Formfehler nicht berücksichtigt.swa Frankfurt – Der Kampf um das Rhön-Klinikum spitzt sich zu. Nach dem überraschenden Votum der Hauptversammlung für die Abschaffung der Sperrminorität zeichnen sich harte rechtliche Auseinandersetzungen ab. Der Medizintechnikkonzern B. Braun, der mit Rhön im Clinch liegt, hat gemeinsam mit anderen Aktionären Anfechtungsklagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung angekündigt. Dies teilte Rhön gestern mit, B. Braun lehnte eine Stellungnahme ab. Anfechtungsklagen können innerhalb von vier Wochen nach dem Aktionärstreffen eingereicht werden.Strittig ist vor allem, ob ein Teil der Stimmrechte wegen mutmaßlicher Formfehler rechtmäßig nicht zur Abstimmung zugelassen wurde. Wie Rhön-Aufsichtsratschef Eugen Münch bestätigte, handelt es sich dabei um von B. Braun gehaltene Aktien. Der Lieferant von Krankenhausbedarf gilt als Gegner der Fusionspläne von Rhön mit Fresenius und hatte gemeinsam mit dem Klinikkonzern Asklepios den Zusammenschluss im vergangenen Jahr torpediert. Legitimation strittig”Im Hinblick auf die Legitimation des Stimmrechtsvertreters für die Stimmrechte von B. Braun” habe sich herausgestellt, so Münch, “dass dieser nicht ordnungsgemäß legitimiert war und die Legitimation auch nicht bis zum Beginn der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte von ihm beigebracht werden konnte. Mir als Versammlungsleiter blieb daher nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes keine andere Wahl, als den entsprechenden Stimmrechtsanteil bei der Abstimmung nicht zu berücksichtigen”, heißt es in dem Statement von Münch. Der angekündigten Anfechtungsklage sehe er “sehr gelassen entgegen”. Die Beweispflicht für eine ordnungsgemäße Legitimation der Stimmrechtsvertreter sieht er nicht bei Rhön, sondern bei B. Braun.Der Aufsichtsratschef ließ sich auf der Hauptversammlung rechtlich von der Kanzlei Bub, Gauweiler beraten, Latham & Watkins sowie Seufert unterstützten die Gesellschaft. Auf Seiten von B. Braun stand dem Vernehmen nach Flick Gocke Schaumburg.Der Vorschlag, wonach wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse nicht mehr mit mindestens 90 % des vertretenen Kapitals gefasst werden müssen, erhielt 90,54 % Zustimmung – erforderlich waren mindestens 90 %. Die Präsenz lag bei 64,12 %, an gültigen Stimmen waren für den strittigen Tagesordnungspunkt 57,99 % des Grundkapitals gezählt worden. Die Generaldebatte hatte sich auf wiederholtes Nachfragen eines Aktionärs schon über weite Strecken darum gedreht, ob Paketaktionäre ihren Meldepflichten nachgekommen sind und Rhön dies geprüft habe.B. Braun hatte im vergangenen Jahr ein Aktienpaket von 5 % an Rhön gemeldet. Gemeinsam mit Asklepios, die einen Kapitalanteil zwischen 5 und 10 % halten dürfte, wären genug Stimmen zusammengekommen, um den von einem Pensionsfonds initiierten Vorstoß zur Satzungsänderung abzuschmettern. Deshalb waren dem Tagesordnungspunkt im Markt wenig Erfolgschancen eingeräumt worden.Im Rhön-Aktionärskreis konnten sich die im Zusammenhang mit dem Übernahmeversuch von Fresenius eingestiegenen Wettbewerber aufgrund der engen Sperrminorität gegenseitig blockieren. Wenn das Votum zur Abschaffung dieses Passus Bestand hat, würde Rhön-Klinikum wieder handlungsfähig für gesellschaftsrechtliche Transaktionen.Asklepios, die gestern eine Refinanzierung über einen Konsortialkredit im Volumen von 325 Mill. Euro bekannt gab, wollte sich zu der neuen Entwicklung bei dem Wettbewerber nicht äußern. Der Krankenhausbetreiber hatte vom Kartellamt grünes Licht für eine Aufstockung bei Rhön auf 10,1 % erhalten. Als Auflage muss sich Asklepios von einer Klinik in Goslar trennen. Über den Verkauf dieses Hauses sei noch keine Entscheidung gefallen, sagte ein Unternehmenssprecher.Das Management des Rhön-Klinikums begrüßte am Tag nach dem Aktionärstreffen das Abstimmungsergebnis. “Vorsorglich” weise der Vorstand darauf hin, dass “Beschlüsse der Hauptversammlung bekanntermaßen erst durch Eintragung in das Handelsregister wirksam werden”. Aufgrund der angekündigten Anfechtungsklagen habe der Vorstand die Satzungsänderung noch nicht zum Handelsregister angemeldet, “um die Situation näher zu prüfen”. Kein AutomatismusZu weiteren Plänen und einer möglichen Neuauflage des Zusammenschlusses mit Fresenius hält sich Rhön bedeckt. Auch Fresenius äußert sich nicht. Von der beschlossenen Satzungsänderung könne nicht “auf die Automatik oder die wiederbelebte Dynamik eines erneuten Übernahmeversuchs – speziell durch Fresenius – geschlossen werden”, teilte Rhön mit und möchte dies insbesondere als “Botschaft” an die Mitarbeiter verstanden wissen.An der Börse sorgte der überraschende Ausgang der Hauptversammlung für einen Kurssprung der Rhön-Aktie. Die im MDax geführten Titel hatten im späten Handel nach dem Ende des Aktionärstreffens am Mittwoch um mehr als 10 % zugelegt. In Xetra kletterten die Aktien gestern in schwachem Umfeld um 5,4 % auf 17,73 Euro. Fresenius hatte im vergangenen Jahr 22,50 Euro je Titel geboten.