New York Times verklagt OpenAI und Microsoft
New York Times verklagt OpenAI und Microsoft
Verlag wirft Softwarefirmen Urheberrechtsverletzung vor – KI-Technologie soll Schäden in Milliardenhöhe verursacht haben – Vorherige Gespräche gescheitert
Dem ChatGPT-Entwickler OpenAI und seinem Großinvestor Microsoft ist erstmals eine Klage von einem großen US-Medienunternehmen ins Haus geflattert. Die New York Times wirft den Firmen durch die unerlaubte Nutzung ihrer Artikel Urheberrechtsverletzung vor und sieht in ihnen Trittbrettfahrer des Journalismus.
Bloomberg/kro Frankfurt
Die New York Times hat als erstes großes US-Medienunternehmen OpenAI und ihren Hauptinvestor Microsoft wegen des KI-Chatbots ChatGPT verklagt. Das Blatt wirft den Firmen vor, dass sie unerlaubt Wissen aus Millionen Artikeln benutzt haben, um ihre Sprachmodelle zu trainieren und damit auf Kosten der New York Times ein Geschäft aufbauen.
Die Macher von ChatGPT würden versuchen, von den "massiven Investitionen der Times in ihren Journalismus" zu profitieren, hieß es in der Klageschrift der 1851 gegründeten Zeitung. Dadurch würden ihr nach eigener Schätzung Schäden in Milliardenhöhe entstehen.
Zur Untermauerung der Vorwürfe hat das Unternehmen Beispiele angeführt, bei denen die Chatbots von OpenAI und Microsoft nahezu wortgleiche Auszüge von früheren Artikeln der Times generiert haben. Diese Artikel seien eigentlich nur mit einem Bezahlabo zugänglich, erklärte die Zeitung. Gleichzeitig weist sie auf Fälle hin, bei denen die Chatbots Inhalte generiert haben, die fälschlicherweise der Times zugeschrieben wurden. Dazu gehört ein Suchergebnis, in dem es um die "15 besten Lebensmittel für Herzgesundheit" geht. 12 davon seien von der Zeitung in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnt worden. In einem anderen Fall habe ChatGPT Empfehlungen für Bürostühle von Wirecutter wiedergegeben und dabei zwei Empfehlungen hinzugedichtet. Wirecutter ist eine Website der New York Times für Produktempfehlungen.
Gespräche über einen Deal gescheitert
Im April sei die Times nach eigenen Angaben auf OpenAI zugegangen, um ihre Bedenken hinsichtlich der Nutzung ihres geistigen Eigentums zum Ausdruck zu bringen und eine einvernehmliche Lösung für beide Seiten zu finden, die auch eine kommerzielle Vereinbarung hätte beinhalten können. Die Gespräche hätten jedoch zu keinem Ergebnis geführt. OpenAI erklärte in einer Stellungnahme, "die Rechte von Content-Erstellern und -Eigentümern zu respektieren und sich dafür einzusetzen, dass diese von der KI-Technologie und neuen Umsatzmodellen profitieren". Des Weiteren wurde verlautbart: "Unsere laufenden Gespräche mit der New York Times waren produktiv und konstruktiv, daher sind wir überrascht und enttäuscht über diese Entwicklung."
Microsoft wollte sich zu der Angelegenheit nicht äußern. Berichten zufolge summieren sich die Investitionen des Softwarekonzerns in das mit 90 Mrd. Dollar bewertete KI-Start-up mittlerweile auf 13 Mrd. Dollar. Der Aktienkurs hat seit dem Start von ChatGPT im November vergangenen Jahres um 55% zugelegt.
Nächstes Funding wird verhandelt
Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte in der vergangenen Woche berichtet, dass OpenAI derzeit Gespräche mit Investoren über eine weitere Finanzierungsrunde führt, die dem Unternehmen eine Bewertung von 100 Mrd. Dollar einbringen könnte. In den USA liegt bislang nur das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk darüber.
Es ist nicht die erste Klage, mit der sich Entwickler von generativer künstlicher Intelligenz (GKI) auseinandersetzen müssen. Im September hatte eine Gruppe von 17 US-amerikanischen Schriftstellern, darunter prominente Vertreter wie John Grisham ("Die Jury"), Jodi Picoult ("Nineteen Minutes") und George R.R. Martin ("Game of Thrones") Klage gegen OpenAI eingereicht und dem Unternehmen "systematischen Diebstahl im großen Stil" vorgeworfen. Auch Anbieter von Bildgeneratoren, darunter das britische Start-up Stability AI, sind in diesem Jahr schon von Künstlern und von der US-Fotoagentur Getty Images wegen angeblicher Verletzung geistigen Eigentums verklagt worden.
GKI-Anbieter nutzen die Inhalte von Millionen von Webseiten, um ihre Sprachmodelle zu trainieren, und berufen sich dabei vor allem auf die sogenannte "Fair-Use-Doktrin". Diese sieht nach US-amerikanischem Recht die legale Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material in bestimmten Fällen vor. Ziel dieses Prinzips ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und denen der Öffentlichkeit zu schaffen.
Erste Deals geschlossen
OpenAI ist seinerseits im laufenden Jahr schon diverse Kooperationen mit Medienunternehmen eingegangen, um deren Inhalte rechtmäßig zum Training der Sprachmodelle nutzen zu können. So hatte das Start-up im Juli eine Vereinbarung mit der US-Nachrichtenagentur Associated Press getroffen, um Zugang zu ausgewählten Archivmaterialien zu bekommen. Im Dezember hatte es zudem eine dreijährige Partnerschaft mit Axel Springer vereinbart, in deren Rahmen OpenAI auf Inhalte verschiedener Marken des Berliner Konzerns zugreifen kann. Berichten zufolge erhält Springer dafür pro Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag.
Die New York Times hat OpenAI in ihrer Klageschrift nun dazu aufgefordert, jene Chatbot-Modelle und Trainingsdatensätze zu löschen, die mit dem Material des Unternehmens arbeiten. Dabei hat sie den Wert von generativer künstlicher Intelligenz auch allgemein in Frage gestellt: "Es ist nichts 'Transformatives' daran, wenn Inhalte der Times ohne Bezahlung genutzt werden, um damit Produkte zu entwickeln, die die Times ersetzen und ihr die Leserschaft wegnehmen."