Nicht alle reden vom Wetter

Gewinnwarnungen nehmen sprunghaft zu - Üblicherweise kommt im vierten Quartal das dicke Ende

Nicht alle reden vom Wetter

Von Walther Becker, FrankfurtOb Südzucker, Ceconomy oder Fielmann, Tele Columbus, Hapag-Lloyd oder K+S und Gea – sie haben eines gemeinsam: Die Unternehmen mussten zuletzt vor dem nicht Einhalten ihrer Ergebnisannahmen warnen. Für einige Emittenten wie Zalando oder Börsenneuling Home24, die Gaststättenkette Vapiano sowie die Textilanbieter Tom Tailor und Gerry Weber und den Reiseveranstalter Thomas Cook trägt das Wetter, also der heiße Sommer, die Schuld. Für andere wie die Post sind es hausgemachte Probleme. K+S nannte erst gar keine Begründung, Südzucker verwies auf den Wegfall der EU-Zuckerordnung. Die (nicht notierte) Deutsche Bahn musste nach der sich abzeichnenden dritten Gewinnwarnung dieses Jahr voll bremsen – es wurde der Ausgabenstopp verhängt.Diente Daimler der Handelskrieg, den US-Präsident Donald Trump gegen China angezettelt hat, als Begründung, so verweist BMW auf die Folgen der neuen Abgasnorm. Mittlerweile dämpfen die Probleme der Autoindustrie mit der Umstellung auf den strengeren Messzyklus die Produktion hierzulande insgesamt spürbar – insofern senken jetzt auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute offenbar ihre Konjunkturprognosen für Deutschland. Kolportiert werden 1,7 statt bisher 2,2 %. Der von der Familie Quandt dominierte weißblaue Autobauer stößt in eine Gesellschaft, zu der im Dax Continental – mit gleich zwei Hiobsbotschaften 2018 -, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche Post und Henkel zählen.Trotz der positiven Konjunkturentwicklung mussten im ersten Halbjahr deutlich mehr Unternehmen ihre Prognosen nach unten korrigieren als in der Vorjahreszeit. Die Zahl der Umsatz- oder Gewinnwarnungen stieg von 29 auf 42 und damit auf den höchsten Stand in einer ersten Halbzeit seit 2011, als die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY dies erstmals analysierte. Jedes achte Unternehmen gab eine solche Warnung bis Ende Juni heraus. Mittlerweile häuft sich das Zurückrudern und üblicherweise kommen die meisten Alarmsignale im vierten Quartal.Die durchschnittliche negative Überraschung bedeutete in den ersten sechs Monaten eine Senkung der Guidance für das operative Ergebnis (Ebit) von 39 %. Angegebene Gründe sind zu 36 % Konjunktur und Markt, gefolgt von “Sondereffekten” (14 %), Kosten für Personal und Rohstoffe, Effizienzmaßnahmen und Umsatzverschiebungen sowie Währungseffekte gewesen. Dass die Breite der Unternehmen erwischt wird, verunsichert – es sind nicht mehr nur Probleme einzelner Branchen oder Gesellschaften. Positiv wegkommen noch Software, Immobilien und Telekommunikation. Der Markt bewegt sich am oberen Rand des Konjunkturzyklus und es mehren sich die Anzeichen für eine Abkühlung. Besonders stark sind die Kursausschläge laut EY zuletzt bei Unternehmen gewesen, die ihren Ausblick senkten. Im Schnitt knickten sie am Tag der Gewinnwarnung um 7 % ein und konnten sich auch in der Folgewoche nicht wieder erholen – im Gegenteil: Eine Woche nach Bekanntgabe lag die Aktie im Schnitt um 9 % niedriger als vor der Ad-hoc-Meldung.