md – In Bezug auf die Entwicklung von Chinas Wirtschaft ist Ulrich Leuchtmann zuversichtlich. Vor Journalisten sprach der Leiter des Devisen- und Emerging-Market-Research der Commerzbank von einem “stabilen Rückgang” bzw. einer “Normalisierung” der Wachstumsraten. Die Zeit zweistelliger Zuwächse sei zwar vorbei, aber das sei “kein Desaster”. Selbst ein Abgleiten des Bruttoinlandsprodukt(BIP)-Wachstums unter die Marke von 6,5 % im nächsten Jahr sei kein Grund zur Sorge; ebenso wenig die abnehmende Wachstumsdifferenz zu den Industrieländern, die 2010 noch gut 12 %, 2017 aber nur knapp 5 % betragen habe. China habe etwa beim Pro-Kopf-BIP im Verhältnis zu den Industrieländern “immense Fortschritte in sehr kurzer Zeit” gemacht, betont Leuchtmann. Bis Ende der neunziger Jahre habe die Quote bei unter 10 % gelegen; 2017 habe sie rund 32 % betragen. Mittel- bis langfristig dürfte China das Niveau Russlands von etwa 50 % erreichen, sagte der Volkswirt. Das Schuldenproblem im Reich der Mitte hält Leuchtmann für überschätzt. In einer noch weitgehend geschlossenen Wirtschaft wie der Chinas entsprächen die Schulden der einen dem angesparten Vermögen der anderen Nichtbanken. Schwerwiegender seien die Folgen der seit 2017 spürbar verschärften Kapitalabflussrestriktionen. Die zuvor beobachtbare Kapitalflucht hatte das Devisenamt “Safe” bewogen, Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung von Devisen- und Kapitaltransfers ins Ausland zu ergreifen. Bei ausländischen Investoren führte das zu Unsicherheit und Furcht vor stärkeren Kapitalverkehrsbeschränkungen. Leuchtmann erwartet eine Umsetzung der von Peking angekündigten schrittweisen Liberalisierung des Kapitalverkehrs, da China langfristig Kapitalexporte brauche – doch Tempo und Ausmaß seien kaum abschätzbar.